In einer aktuellen Entscheidung der WIPO erhielt die Lidl Stiftung & Co. KG aus Neckarsulm in einem Alternative Dispute Resolution-Verfahren (ADR) den Zuschlag für die internationalisierten Domains lídl.eu (xn--ldl-rma.eu) und lìdl.eu (xn--ldl-nma.eu).
Die Lidl Stiftung sah ihre Rechte durch die Domain-Namen lídl.eu (xn--ldl-rma.eu) und lìdl.eu (xn--ldl-nma.eu) verletzt und startete ein ADR-Verfahren vor der WIPO, bei dem sie auf ihre zahlreichen Marken im europäischen Raum und die vielen von ihr registrierten Domains wie lidl.de, lidl.com, lidl.co.uk und andere verwies. Gegnerin war eine Carmelaa Dhino aus Brasov in Rumänien. Die hatte die internationalisierten Domains lídl.eu (xn--ldl-rma.eu) und lìdl.eu (xn--ldl-nma.eu) am 17. und 18. April 2018 registriert. Die erste der beiden Domains leitete unter anderem auf Dating-Seiten, betrügerische Seiten mit Gutscheinen für Konkurrenten der Beschwerdeführerin und betrügerische Smartphone-Angebote. Im ADR-Streit vor der WIPO reagierte die Gegnerin nicht auf die üblichen Vorwürfe der Beschwerdeführerin. Als Entscheiderin wurde die französische Rechtsanwältin Nathalie Dreyfus eingesetzt.
Dreyfus bestätigte die Beschwerde der Lidl Stiftung und entschied auf Übertragung der Domains lídl.eu und lìdl.eu (WIPO-Case No. DEU2018-0011). Die Identität von Marke und die im Streit stehenden Domains, die lediglich beim I-Punkt minimale Abweichungen von der Marke der Beschwerdeführerin aufwiesen, konnte Dreyfus schnell bestätigen. Was ein mögliches berechtigtes Interesses der Gegnerin an den Domains betraf, so stellte Dreyfus fest, dass jedenfalls während des Verfahrens beide Domains auf »Error«-Seiten leiteten. Dies begründe einen Anscheinsbeweis für die fehlende Legitimation zur Nutzung. Zudem ging Dreyfus davon aus, dass der Gegnerin bei Registrierung der Domains die Beschwerdeführerin und ihre Marken bekannt waren. Weiter schloss sie aus dem Umstand, dass die Gegnerin nicht auf Ansprachen durch einen Anwalt oder die Beschwerdeführerin selbst reagierte, dass sie nichts, was die Vorwürfe der Beschwerdeführerin abschwächen würde, zu entgegnen hat. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, die Domain lídl.eu wurde für betrügerische Aktionen genutzt, sprach nach Dreyfus‘ Einschätzung gegen jedes Recht oder jede legalen Interessen auf Seiten der Domain-Inhaberin. Damit war für Dreyfus das zweite Element der ADR erfüllt. Und im Hinblick auf eine vorliegende Bösgläubigkeit verwies sie genau auf diese Argumente, so dass sich für Dreyfus die Bösgläubigkeit ebenfalls bestätigte. Damit waren alle drei Elemente der ADR von Seiten der Beschwerdeführerin belegt, und Dreyfus gab der Beschwerde und der Übertragung der Domain-Namen lídl.eu (xn--ldl-rma.eu) und lìdl.eu (xn--ldl-nma.eu) auf diese statt.
Gerade solche minimalen Veränderungen von einzelnen Buchstaben in einer Domain aufgrund der Internationalisierung von Domains, wie hier im Beispiel mit lídl.eu und lìdl.eu, veranlasst EURid, die Verwaltung der Endung .eu, die Registrierungsbedingungen zumindest für kyrillische Zeichen zu verschärfen. Inwieweit über kurz oder lang auch andere Schriftsysteme davon betroffen sein werden, wird sich zeigen. Ein aktueller Report vom US-Sicherheitsunternehmen Farsight Security Inc., das einen Anstieg so genannter »homographischer Angriffe« feststellte, stützt diese Aktion. Bei »homographischen Angriffen« werden Zeichen wie das »i« durch eine internationalisierte Variante wie »í« ersetzt, die bei einer Verwendung in Domain-Namen wie lídl.eu auf den ersten Blick identisch erscheinen, technisch jedoch zu unterschiedlichen Webseiten verweisen und so missbraucht werden können.
Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.