ADR-Verfahren

Ein Bankenkonsortium blamiert sich im Streit um die Domain wero.eu

In einem aktuellen ADR-Verfahren um die Domain wero.eu blamiert sich ein Bankenkonsortium mit Hilfe einer Lawfirm vor einem ADR-Panel, das sich nicht dazu durchringen konnte, Reverse Domain Name Hijacking festzustellen. Die auf Französisch verfasste ADR-Entscheidung wirft kein gutes Licht auf die Initiatoren und deren Pläne, ein einheitliches europäisches Zahlungsverfahren zu etablieren.

Die European Payments Initiative (EPI) ist ein Zusammenschluss europäischer Zahlungsdienstleister und Banken aus sieben Ländern mit Sitz in Brüssel. Die EPI will ein einheitliches europäisches Zahlungsverfahren für Kunden und Händler etablieren, das unter dem Namen »Wero« am 02. Juli 2024 gestartet ist. Es sieht seine Rechte durch die Domain wero.eu verletzt und startete ein ADR-Verfahren vor der WIPO. Dort trug es, vertreten durch eine Lawfirm, unter anderem vor, man sei Inhaberin einer EU-Marke »WERO«, angemeldet am 31. März 2023 und eingetragen am 15. August 2023. Mit dieser sei die Domain wero.eu identisch. Der Inhaber der Domain und Gegner im ADR-Verfahren habe kein Recht oder berechtigtes Interesse an der Domain und verlange für die Domain überzogene Preise zwischen EUR 250.000,– und über EUR 1 Mio. Der Gegner, Adrien Remacle (BUILDOG) aus Belgien, hielt entgegen, er sei seit über 15 Jahren im Bereich der Software-Entwicklung tätig. Die Domain wero.eu habe er am 12. Juli 2022 für EUR 3.999,– gekauft, bevor die Marke »WERO« angemeldet, eingetragen und bekannt wurde. »Wero« sei einerseits ein Begriff, der als Akronym geeignet sei, andererseits habe er einen detaillierten Businessplan und Entwicklungen für ein Softwareprojekt unter diesem Namen erstellt. Die Verzögerung dieses Projekts sei auf ernsthafte Gesundheitsprobleme seit Anfang 2023 zurückzuführen, die ihn gezwungen hätten, seine Aktivitäten bis Ende 2024 auszusetzen. Hinsichtlich der Preisverhandlungen erklärte er, es seien von der Beschwerdeführerin beauftragte Broker an ihn herangetreten, die beharrliche Anfragen stellten und ihn dann ungenaue Aussagen unterstellten. Der Gegner beantragte die Abweisung der Beschwerde und Feststellung eines Reverse Domain Name Hijacking (RDNH). Den Streit entschied ein Dreierpanel bestehend aus dem belgischen Rechtsanwalt und Professor Alain Strowel als Vorsitzendem und den Beisitzenden, dem belgischen Jurist Geert Glas und dem Brüsseler Rechtsanwalt Flip Jan Claude Petillion.

Das Dreierpanel wies die Beschwerde der EPI ab, stellte allerdings kein RDNH fest (WIPO ADR Litige No. DEU2025-0015). Zunächst bestätigte das Panel die Identität von Marke und Domain. Im Hinblick auf das fehlende Recht oder rechtliche Interesse des Gegners an der Domain stellte das Panel fest, dass die Beschwerdeführerin nicht genug Beweise vorgelegt habe. Aus dem Vortrag und den Unterlagen des Gegners ergäbe sich, dass der die Domain wero.eu am 12. Juli 2022 für EUR 3.999,– gekauft habe, seit langem im Bereich Software-Entwicklung tätig ist, Vorarbeiten zur Nutzung der Domain im Zusammenhang mit dem Projekt »WERO« (Waste & Recycling Optimization), das unter der Domain angezeigt wird, geleistet hat, und Anfang 2023 ernsthafte Gesundheitsprobleme hatte, die die Fortführung des Projekts behinderten. Davon abgesehen verleihe der Umstand, dass die Domain aus vier Buchstaben besteht, ihr einen eigenen Wert. Damit war die Beschwerde bereits gescheitert.

Das Panel prüfte allerdings auch noch die Bösgläubigkeit des Gegners. Die war nicht gegeben, weil der einerseits die Domain wero.eu vor Beantragung und Eintragung der Marke erworben hatte, weshalb er damit nicht auf die Beschwerdeführerin abgezielt haben konnte. Andererseits sei nicht nachgewiesen, dass der Gegner mit den Inhalten unter der Domain auf die Marke und Aktivitäten der Beschwerdeführerin im Bereich der digitalen Zahlungen ziele. Der Gegner habe hingegen seine ernsthaft betriebenen Vorbereitungen für das Projekt zur Optimierung der Abfallwirtschaft nachgewiesen. Weiter sei ersichtlich, dass die Kontaktaufnahme zur Übertragung der Domain von den von der Beschwerdeführerin beauftragten Brokern ausging. Im Verlauf der Verhandlungen habe der Gegner seine Preisposition gesenkt, insbesondere als er direkt von der Beschwerdeführerin angesprochen wurde; und zu einem bestimmten Zeitpunkt habe er sein Angebot unter den Wert gesenkt, den die Beschwerdeführerin während der Verhandlungen genannt hat. Das Panel geht davon aus, dass der Gegner nicht bösgläubig gehandelt habe.

Abschließend prüfte das Panel noch den Antrag zur Feststellung eines RDNH. Doch den wies es zurück. Aus deren Sicht habe die Beschwerdeführerin das ADR-Verfahren nicht missbräuchlich genutzt. Sie habe vertretbare Gründe gehabt, wie die Identität der Domain mit der eigenen Marke und die schnellen Preisänderungen, die vom Gegner ausgingen. Außerdem sei die Einreichung der Beschwerde nicht offensichtlich leichtsinnig gewesen. Damit schlossen sie ein RDNH aus.

Kommentar
Dieses ADR-Verfahren ist peinlich und unwürdig für alle Beteiligten, außer dem Gegner. Einerseits für die die Beschwerde führende EPI Company, ein Zusammenschluss europäischer Zahlungsdienstleister und Banken aus sieben Ländern, die – organisatorisch – nicht in der Lage war, sich die Domain für das Wero-Projekt frühzeitig zu sichern, ob vom ursprünglichen Inhaber oder vom Gegner des ADR-Verfahrens. Dann, dass diese Ansammlung von Geldinstituten nicht bereit war, für ihre angestrebte Projektdomain, die genau die Identität ihres europäischen Zahlungsinstruments wiedergibt, einen gebührenden Kaufpreis zu zahlen. Wir wissen natürlich nicht, welche Beratungsleistung die die Beschwerdeführerin vertretende Lawfirm geleistet hat, aber dass die Beschwerde aussichtslos war und die Beschwerdeführerin gleichwohl ihr »go« gegeben hat – beruht vielleicht auf einer gewissen Überheblichkeit, die mit dem Bankenstatus einhergeht. Zuletzt aber das aus drei UDRP und ADR erfahrenen Fachleuten bestehende Panel, das nicht in der Lage war, hier ein klares Reverse Domain Name Hijacking festzustellen, wo offensichtlich die Beschwerdeführerin unter fachkundiger Beratung mit flachen und fadenscheinigen Argumenten, insbesondere unter Bezug auf eine viel später angemeldete und registrierte Marke als vom Gegner erworbene Domain, versucht hat, diese ihm aus den Händen zu reißen.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.

Kommentar schreiben

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, oder weitergegeben.
Bitte füllen Sie die gekennzeichneten Felder aus.*

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Der Domain-Newsletter von domain-recht.de ist der deutschsprachige Newsletter rund um das Thema "Internet-Domains". Unser Redeaktionsteam informiert Sie regelmäßig donnerstags über Neuigkeiten aus den Bereichen Domain-Registrierung, Domain-Handel, Domain-Recht, Domain-Events und Internetpolitik.

Mit Bestellung des Domain-Recht Newsletter willigen Sie darin ein, dass wir Ihre Daten (Name und E-Mail-Adresse) zum Zweck des Newsletterversandes in unseren Account bei der Optimizly GmbH (vormals Episerver GmbH), Wallstraße 16, 10179 Berlin übertragen. Rechtsgrundlage dieser Übermittlung ist Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a) der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen, indem Sie am Ende jedes Domain-Recht Newsletters auf den entsprechenden Link unter "Newsletter abbestellen? Bitte einfach hier klicken:" klicken.

Top