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UDRP-Konkurrenz für die WIPO

Das Prager Schiedsgericht bei der Wirtschaftskammer und der Landwirtschaftskammer der Tschechischen Republik macht sich auf zu neuen Ufern: neben seiner Tätigkeit als .eu-Schiedsgericht hat sich die Schiedsstelle bei ICANN als UDRP-Provider beworben.

Domain-Namen und Markenrecht – schon früh zeichnete sich ab, dass zwei Welten aufeinanderprallen und in der Konfliktlösung jenseits der nationalen Gerichtsbarkeit neue Wege gegangen werden mussten. Im Jahr 1999 rief daher die Internet-Verwaltung ICANN nach vorheriger Konsultation unter anderem der UN-Organisation World Intellectual Property Organization (WIPO) die so genannte UDRP (Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy) ins Leben. Den Inhabern von Kennzeichnungsrechten wie eingetragenen Marken steht damit ein vergleichsweise kostengünstiges, rasches und unkompliziertes Verfahren gegen Rechtsverletzungen zur Verfügung. In seine Zuständigkeit fallen unter anderem Streitigkeiten um Domains mit Endungen wie .com, .net und .org; aber auch zahlreiche Länderendungen (nicht jedoch .de) haben gleiche oder vergleichbare Regelungen eingeführt oder sich der UDRP unterworfen. Mit dem Asian Domain Name Dispute Resolution Centre (ADNDRC), dem National Arbitration Forum (NAF) und der Genfer WIPO, dem mit Abstand bedeutendsten Schiedsgericht, stehen weltweit aktuell drei Stellen zur Verfügung, welche in UDRP-Streitigkeiten angerufen werden können; das New Yorker International Institute for Conflict Prevention and Resolution (RPR) sowie eResolution nehmen dagegen seit geraumer Zeit keine Fälle mehr an.

Als vierte Stelle hat sich nunmehr der Czech Arbitration Court (CAC), der bereits bei dotEU als Schiedsgericht fungiert, offiziell bei ICANN als UDRP-Schiedsgericht beworben. Gegründet im Jahr 1949, kann der CAC inzwischen auf eine lange Vergangenheit als Schiedsstelle für Streitigkeiten um geistiges Eigentum und technische Angelegenheiten zurückblicken. Allein im Falle dotEU hat das Gericht 450 Urteile gefällt, mehr als 700 waren bisher insgesamt anhängig. Bis auf die Landessprache von Malta verfügen die CAC-Mitarbeiter über Kenntnis von 19 der 20 EU-Sprachen, was man gegenüber anderen Stellen als mit die größte Stärke ins Spiel bringt; Zusammenfassungen in Englisch sollen jedoch die stets notwendige Transparenz und Einheitlichkeit gewährleisten. Darüber hinaus arbeitet das Gericht mit über 140 Schiedsrichtern zusammen, sämtlich ausgewiesene Experten im Bereich geistiges Eigentum. Auch beim CAC soll das Verfahren weitgehend online abgewickelt werden, wobei eine qualifizierte elektronische Signatur die bisher noch notwendige Einreichung von Schriftsätzen ablösen und für noch mehr Effizienz sorgen soll. Daneben sollen Detailverbesserungen wie ein Master-Account für Rechtsanwälte zur Vereinfachung oder ein Klageverbot für Parteien, die dreimal des „reverse domain name hijacking“ überführt wurden, beitragen. Bei den Kosten wird sich der CAC an den übrigen Stellen orientieren, also voraussichtlich beginnend ab US$ 1.500,– pro Domain.

ICANN hat die Bewerbung zunächst bis 25. Juni 2007 zur öffentlichen Stellungnahme ausgelegt. Erste Töne zwischen den Zeilen erwecken jedoch den Eindruck, CAC könne sich gute Chancen ausrechnen und schon bald der WIPO als bisher führendem UDRP-Provider Konkurrenz machen.

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