WIPO und UDRP

Domain-Rechtsstreite transparent

Die Welt der WIPO- bzw. UDRP-Entscheidungen ist einem doch immer ein bisschen fremd, wenn man gelernt hat, sich in der eigenen Rechtsordnung zurecht zu finden. Um sich die Welt der UDRP-Entscheidungen näher zu bringen, lohnt ein Blick in die Diplomarbeit von Christian Stubenschrott »WIPO und die Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (UDRP): Kritische Analyse von Entscheidungen mit österreichischer Beteiligung«. Auf 104 Seiten gibt der Verfasser Einblick in die Entwicklung und Regeln der UDRP und die gängige Entscheidungspraxis der WIPO-Richter. Zugleich werden Schwächen und Vorteile, sowie ein Ausblick in die Zukunft der UDRP aufgezeigt.

Die Beschränkung auf Entscheidungen mit österreichischer Beteiligung führt keineswegs dazu, dass die Informationen einen provinziellen Einschlag hätten. Gerade das Ordnungsprinzip erweist sich als praktisch und flächendeckend, da anhand der gewählten Entscheidungen Grundprinzipien der Entscheidungspraxis exemplarisch dargestellt und verständlich werden.

Nach einem kurzen Überblick über den Gang der Untersuchung führt der Autor seine Leser in das Internet und Domain-Namen ein und erläutert die Geschichte der 1967 gegründeten und 1970 aufgrund multilateraler Verträge etablierten World Interllectual Property Organisation (WIPO), seine Wurzeln, völkerrechtliche Einordnung und Aufgaben (die der Verfasser jeweils kommentiert). Auf der so geschaffenen Grundlage geht er in medias res und widmet sich dem Domain Name Process.

So erfahren wir, dass die WIPO das Streitbeilegungsmodell UDRP entwickelt und ICANN es lediglich übernommen hat. Dabei sieht die WIPO das Verfahren nicht als ein Schiedsgericht im klassischen völkerrechtlichen Sinne, sondern als ergänzende, durch eine Vertragsklausel in der Domain-Registrierungsvereinbarung für jeden Domain-Inhaber verpflichtende Alternative zur ordentlichen Gerichtsbarkeit einer jeden Rechtsordnung. Ein Verfahren, dass im Grunde auch in staatlichen Rechtssystemen Einzug gehalten hat, wie etwa die Verpflichtung im deutschen Recht bei strafrechtlichen Privatklagen zunächst einen Schlichter aufzusuchen.

Alsdann beginnt die umfangreiche Darstellung nebst Anmerkungen von insgesamt 18 Entscheidungen. Insbesondere die Anmerkungen machen dem Laien das Verfahren und seinen Ablauf transparent und verdeutlichen die Umsetzung der UDRP durch die Panell.

Stubenschrott beginnt mit der Entscheidung libro.com, deren Hauptverdienst ist,

»den Anwendungsbereich des Streitbeilegungsverfahrens abgegrenzt und plausible Richtlinien zur Lösung des schwierigen Konflikts Gattungsbegriff versus Markenrecht vorgegeben zu haben.«
Weiter geht es mit attmexico.com/attlatinamerica.com, barbarella.com und weiterer 15 Entscheidungen. Bei seinen Anmerkungen nimmt der Verfasser immer auch zu verfahrenstechnischen Belangen Stellung, etwa die Frage, ob mehrere oder verspätete Stellungnahmen der Beteiligten sinnvoll noch zur Entscheidungsfindung beigezogen werden oder nicht. So rechnet er es der Verfahrensökonomie zu, wenn das Panell § 12 Rules („Further Statements“) mal weiter und mal enger auslegt.
»Während in der AT&T-Entscheidung […] zusätzliche Stellungnahmen abgelehnt wurden, weil bereits alle benötigten Informationen bekannt waren, schränkt das Panel«
bei der Entscheidung barbarella.com
»den festen UDRP-Grundsatz „nur eine einzige Stellungnahme pro Partei“ minimal ein – begrenzt auf konkrete Beweise für frühere Markenrechte.«
Und die Verfahrensökonomie ist das eigentliche Argument für UDRP-Verfahren, denn, man mag dem Verfahren viel entgegenhalten, eines kann man ihm nicht absprechen: es kommt zügig zu Ergebnissen. Und allen Kritikern, die die Regeln der UDRP verfeinern und differenzieren oder an andere Rechtsordnungen anbinden wollen, lässt sich entgegenhalten, dass dadurch gerade der eigentliche Vorteil des UDRP-Verfahrens zunichte würde, ein Verfahren, das in der Regel in deutlich unter 40 Tagen zu einer verbindlichen und günstigen Entscheidung kommt. Eine Entscheidung, die man vor den ordentlichen Gerichten überprüfen lassen kann, was aber selten der Fall ist.
»Ob das an der Angst vor langwierigen Verfahren in fremden Rechtssystemen und schlechter Kosten-Nutzen Relation liegt oder schlicht der Erkenntnis, dass der Domain-Inhaber tatsächlich ein schutzwürdiges Interesse an der Domain hat, bleibt reine Spekulation.«
So dass Stubenschrott zu dem Ergebnis kommt:
»Die im Rahmen der alternativen Streitbeilegung ergangene Entscheidung ist fast immer endgültig.«
Und er sieht (zu recht), dass das Experiment UDRP sich in der Praxis bisher bewährt hat, denn letztlich werden über dieses Verfahren einfache Rechtsfragen geklärt, komplexere Rechtsfragen werden in der Regel vor den ordentlichen Gerichten in Angriff genommen.

Die Diplomarbeit können Sie als .pdf-Datei bei rechtsprobleme.at herunterladen.

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