Der Streit um die Domain twic.garden zwischen einem österreichischen und einem Schweizer Unternehmen ging ins Leere. Der Panelist Steven A. Maier sah keinen Fall von Cybersquatting, aber einen von zerbrochener Geschäftsbeziehung, der vor ein ordentliches Zivilgericht gehört.
Die österreichische WIN.ROCKS GmbH, eine »performance marketing«-Agentur, die in der Entwicklung, Umsetzung und Durchführung von Online-Marketingprojekten für Websites tätig ist, sieht ihre Rechte durch die Domain twic.garden verletzt. Sie ist Inhaberin zweier Marken »TWIC.GARDEN« vom September 2023 in Österreich und einer EU-Marke vom Januar 2024. In einem UDRP-Verfahren vor der WIPO trägt sie vor, ursprünglich Inhaberin der im November 2021 registrierten Domain twic.garden gewesen zu sein. Sie nutzte die Domain für ein Online-Marketingkonzept, das sie im Dezember 2021 im Zusammenhang mit einem Immobilienprojekt namens »SixSense« der »Kitzbüheler Alps Projekt GmbH« (»KAPq) und ihrem Geschäftsführer, Herrn Staininger, und der WF International AG (WFI) und deren Geschäftsführer, Herrn Fischer, aus der Schweiz vorstellte. Zwischen Januar und Oktober 2022 präsentierte sie das Projekt auch anderen Interessenten, beendete es aber, als »SixSense« einen Interessenskonflikt mit der eigenen Marketingkampagne feststellte. In der Folge einigten sich die Beschwerdeführerin und weitere Beteiligte darüber, dass unter anderem alle digitalen Werte des Projekts der WFI, der Gegnerin des UDRP-Verfahrens, übertragen werden. Die digitalen Werte wurden in einem Anhang zur Vereinbarung verzeichnet, die streitbefangene Domain twic.garden war dort aber nicht gelistet. Deshalb, so die Beschwerdeführerin, sei sie auch nicht Bestandteil der Vereinbarung gewesen. Man habe sich allerdings über die Übertragung zweier anderer Domains an die KAP geeinigt. Die Beschwerdeführerin legte eMails vor, die Hinweise darauf geben, dass im Zusammenhang mit den beiden Domains auch die Domain twic.garden von Herrn Staininger (KAP) einvernehmlich mit der Gegnerin und unter Zusammenarbeit mit dem Domain-Registrar unberechtigterweise auf die Gegnerin transferiert wurde. Die Gegnerin nahm zur Sache nicht offiziell Stellung, wies in einer eMail aber darauf hin, dass sie die Beschwerde an Herrn Staininger weitergereicht habe, der seinerzeit im Zusammenhang mit seinem Projekt der Inhaber der Domain twic.garden war. Weder von der Gegnerin noch von Herrn Staininger gab es weiteren Vortrag.
Der als Panelist berufene britische Rechtsanwalt Steven A. Maier wies die Beschwerde der Beschwerdeführerin zurück, da aufgrund des Vortrags ein Sachverhalt vorliegt, der für das UDRP-Verfahren nicht geeignet ist (WIPO Case No. D2023-4860). Zuvor stellte Maier allerdings fest, dass das erste Element der UDRP erfüllt ist und die Beschwerdeführerin belegt hat, Inhaberin einer Marke »TWIC.GARDEN« zu sein und dass die Domain twic.garden mit dieser identisch ist. Das zweite und dritte Element der UDRP verhandelte er zusammen, weil er die Angelegenheit nicht für ein UDRP-Verfahren geeignet hielt. Das UDRP-Verfahren diene der Klärung von Cybersquatting-Fällen, also Fällen, bei denen jemand auf eine Marke zielt, um wirtschaftliche Vorteile zu erlangen oder aus anderen unangemessenen Motiven. Im Gegensatz dazu gehe es im vorliegenden Falle um die wirtschaftliche Auseinandersetzung hinsichtlich der Inhaberrechte an einer Domain, nachdem die Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien in die Brüche gegangen ist. Den vorliegenden Unterlagen sei nicht zu entnehmen, inwieweit der Gegner berechtigter Inhaber der Domain ist. Maier stellte fest, dass die beiden Domains, über deren Übertragung man übereingekommen war, ihrerseits – wie die streitbefangene twic.garden – nicht im Anhang zur Vergleichsvereinbarung enthalten sind, womit unklar bleibe, ob hier vielleicht doch eine Berechtigung zur Übertragung gegeben war. Auch wenn die Gegnerin nicht ordentlich in der Sache Stellung genommen hat, heiße das nicht automatisch, dass die Beschwerdeführerin obsiegt. Aus Maiers Sicht geht dieser Streitfall über die Zuständigkeit der UDRP hinaus und sollte stattdessen von einem zuständigen Gericht entschieden werden, das besser in der Lage ist, alle relevanten Beweise für den Streitfall einzuholen und zu bewerten. Damit wies er die Beschwerde ab.
Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.