In einem aktuellen UDRP-Verfahren der Traders Joe’s Company um die Domain traderjoe.com kommt es anders, als man auf den ersten Blick meinen könnte: Die Lebensmittelkette aus den USA ließ sich 25 Jahre Zeit mit dem Verfahren und belegte nicht, wie bekannt sie im Jahr 1998, als der Gegner Inhaber der Domain wurde, war.
Beschwerdeführerin ist die seit 1967 tätige US-amerikanische Trader Joe’s Company, die heute mehr als 530 Lebensmittelgeschäfte in den USA betreibt und Inhaberin diverser »TRADER JOE’S«-Marken ist, unter anderem einer im Dezember 1986 bei USPTO registrierten. Sie sieht ihre Marken durch die im Oktober 1998 vom Gegner erworbene Domain traderjoe.com verletzt, der als »Domain Name« im WHOIS eingetragen ist. In ihrer Beschwerde vor der WIPO erklärt die Beschwerdeführerin unter anderem, ihre Marke ist mittlerweile unterscheidungskräftig geworden, die Website unter der Domain traderjoe.com sei schon immer rudimentär und habe im Jahr 2000 einen Hinweis angezeigt, demnach sie nichts mit »Trader Joe’s« zu tun habe. Der Gegner erklärt unter anderem, er habe die Domain bereits seit 25 Jahren und betreibe unter der Domain von Anbeginn an eine Informationsseite zu Aktienhandel, Investitionen und Beratung darüber; traderjoe.com ist Singular (ohne »s«) und bezieht sich darauf, dass ein »Durchschnittstyp« (»average-joe«) ein Händler in den Bereichen Aktienmarketing, -handel, -investition und -beratung sein kann. Das habe rein gar nichts mit Lebensmittelangeboten zu tun. Den Hinweis auf nicht bestehende Verbindungen zur Beschwerdeführerin habe er 2000 heruntergenommen, weil da offensichtlich wurde, dass keine Verbindung zwischen den Geschäftsbereichen beider besteht.
Der als Entscheider eingesetzte Rechtsanwalt und Politikwissenschaftler Robert A. Badgley aus Chicago wies die Beschwerde ab und prüfte Reverse Domain Name Hijacking (RDNH), das er aber nicht feststellte (WIPO Case No. D2023-5344). Badgley sah die Ähnlichkeit zwischen Domain und Marke, übersprang die Prüfung des Rechts oder eines berechtigten Interesses seitens des Gegners an der Domain und widmete sich ganz der Prüfung der Bösgläubigkeit des Gegners bei Registrierung und Nutzung der Domain traderjoe.com. Hier stellte er fest, dass es sich um keinen einfachen Fall handelt, weil unter anderem die von den Parteien vorgelegten Unterlagen einige Fragen offenlassen. Auf Seiten des Gegners mache skeptisch, dass er sich als »Domain Name« im WHOIS hat eintragen lassen, und dass er seit 25 Jahren die Website für Aktienhandelsinformationen nutzt, aber keine Nachweise für das Betreiben seines Geschäfts wie Marketingmaterial, Informationen zur Gewerbeanmeldung oder Korrespondenz vorlegt. Auch weist die Website nach 25 Jahren kaum Inhalte auf. Und der ehemals vorhandene Hinweis auf die Beschwerdeführerin spreche dafür, dass der Gegner damals schon die Marke der Beschwerdeführerin kannte. Insgesamt lege er eine nachvollziehbare Geschichte vor, aber untermauere sie nicht gerade großzügig mit Belegen. Die Beschwerdeführerin hingegen habe keine ausreichenden Gründe vorgelegt, welche die Bösgläubigkeit des Gegners bestätigen. So habe sie unter anderem nicht belegt, dass ihre Marke bereits 1998 von einer Bekanntheit war, dass der Gegner sie bei Registrierung der Domain traderjoe.com hätte kennen müssen. Sie meint, dass der Gegner keine Lebensmittel anbietet, spreche gerade für seine Bösgläubigkeit. Aus Badgleys Sicht helfe das allerdings dem Gegner: Bösgläubigkeit festzustellen wäre viel einfacher, wenn er Lebensmittel anbieten würde. Auch wenn der Gegner im März 2000 um die Marke der Beschwerdeführerin wusste, heiße das nicht, dass er sie bereits 1998, als er die Domain registrierte, kannte. Neben weiteren Gründen stellt Badgley schließlich fest, dass die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde erst nach 25 Jahren stellt. Sie mache keine Angaben dazu, wann sie von der Domain traderjoe.com Kenntnis genommen und ob sie oder warum sie keinen »cease and desist letter« (Abmahnschreiben) an den Gegner gesandt hat. Zwar kenne das UDRP-Verfahren offiziell das Rechtsinstitut der verspäteten Geltendmachung von Ansprüchen (»Laches«) nicht, aber 25 Jahre stellten schon einen sehr langen Zeitraum dar, der kein gutes Licht auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wirft. Badgley sieht letztlich keine Bösgläubigkeit auf Seiten des Gegners, zumal der auch nie an die Beschwerdeführerin herangetreten sei, um die Domain zu verkaufen, und weil auch sonst keine Hinweise darauf deuten, dass der Gegner üblicherweise Markendomains registriert.
Abschließend schaute sich Badgley noch an, ob gegebenenfalls RDNH auf Seiten der Beschwerdeführerin vorliegt. Das Hauptargument des Gegners ist, die Beschwerdeführerin behaupte, auf der Website sei im Oktober 1997 die Marke »Trader Joe’s« angezeigt worden; doch zu diesem Zeitpunkt sei er noch nicht Inhaber der Domain gewesen. Badgley ist der Ansicht, dass es sich hierbei nicht um einen Trick der Beschwerdeführerin handele, sondern dass die Beschwerdeführerin damit andeuten wolle, dass der Gegner aufgrund dieses Inhalts bereits zu einem früheren Zeitpunkt von der Marke der Beschwerdeführerin hätte Kenntnis erlangen können als zu dem Zeitpunkt, zu dem er Inhaber der Domain geworden sei. Jedenfalls behauptet die Beschwerdeführerin nicht, der Gegner hätte die Website so erstellt. Wie dem auch sei, unter diesen Umständen sah Badgley keine Veranlassung, einen Missbrauch der UDRP durch die Beschwerdeführerin festzustellen und schloss RDNH aus. Er wies die Beschwerde zurück und entschied darauf, dass die Domain traderjoe.com beim Gegner verbleibt.
Auf den ersten Blick sollte man meinen, dass hier die Beschwerdeführerin mit der bekannten Marke „TRADER JOE’S“ problemlos Recht und Domain erhält. Doch Badgley zeigt in seiner Untersuchung, dass es doch immer auf die Umstände des Einzelfalles ankommt.
Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.