Domain-Newsletter

Ausgabe #1098 – 16. Dezember 2021

Themen: ICANN – neue Domain-Endungen frühestens 2028? | Quad9 – eco eV und GFF kritisieren LG Hamburg | TLDs – Neues von .africa, .giving und .uk | Strategie – Domain-Fail bei Air France | orwo.studio – UDRP-Streit zum Haare raufen | arriba.com – ganz oben für US$ 200.000,- | Reform – eco lädt zum Verbraucherverträge-Webinar

ICANN – NEUE DOMAIN-ENDUNGEN FRÜHESTENS 2028?

Die Internet-Verwaltung ICANN plant vor dem Jahr 2028 mit keinen zusätzlichen Einnahmen aus der Einführung neuer Top Level Domains. Bemühungen um eine rasche Öffnung des Bewerbungsfensters erleiden damit einen herben Rückschlag.

Im Herbst 2021 gab es für Freunde neuer Domain-Endungen Anlass zu vorsichtigem Optimismus. Im Anschluss an ein Meeting vom 21. September 2021 hatte das ICANN Board of Directors beschlossen, „to conduct the Operational Design Phase (ODP) by addressing the questions outlined in the New gTLD Subsequent Procedures Operational Design Phase Scoping Document“. Zugleich wurde ein Budget von vorläufig bis zu US$ 9 Mio. verabschiedet, das aus den Einnahmen der vorherigen Runde gespeist wird. Um die ODP transparent zu halten, hat ICANN weiter angekündigt, regelmässig Updates zu veröffentlichen und auch schon in dieser Phase die Community einzubinden. Am Ende der ODP, die voraussichtlich zehn Monate andauert, soll ein Operational Design Assessment (ODA) stehen, das erstmals auch eine „proposed implementation timeline“ enthält. Einen konkreten Starttermin für die nächste Runde gab es nicht; unter Berücksichtigung der vorgesehenen Prüfungszeit von zehn Monaten für die ODP konnte man aber zumindest spekulieren, dass die nächste Runde frühestens 2023, realistischer Weise nicht vor 2024 beginnt.

Doch diese Hoffnungen haben sich nach der Veröffentlichung des geplanten ICANN-Budgets für die Jahre 2023 bis 2027 vorläufig zerschlagen. Es beruht auf Annahmen, die in den „Funding Forecast Assumptions for Fiscal Years 2023-2027“ dargestellt sind. Demnach soll im schlimmsten Fall die Zahl der delegierten neuen Top Level Domains von 1.149 auf 1.011 bis 30. Juni 2028 sinken. Als realistisch gelten 1.091, was auch noch einen Verlust von 38 nTLDs bedeuten würde. In einer Fussnote heisst es ergänzend: „These scenarios do not assume any further TLD delegations arising from the resumption of the New gTLD Program. While there is ongoing work and an intent to launch a subsequent round, the timing of its release remains unclear and potential impact(s) on funding indeterminate. Given this, ICANN org has deemed it prudent not to assume any prospective impacts from a subsequent round across the described scenarios“. Auch wenn eine solche Annahme keine verbindliche Aussage trifft, scheint ICANN eher skeptisch zu sein, was die rasche Umsetzung der ODP betrifft. Jedenfalls spricht nun erst recht viel dafür, dass die nächste Runde weit nach 2024 beginnt.

Darüber hinaus finden sich in den Unterlagen von ICANN weitere Annahmen, die aufhorchen lassen. So hat sich die Branche trotz der – dank Corona – zuletzt stark steigenden Registrierungszahlen entwickelt „from a period of rapid expansion to one that is now witnessing steady maturation“. Damit einher geht, dass die Zahl der „domains under management“ (DUM) unter den so genannten „legacy TLDs“ wie .com oder .net zuletzt eher stagniert, jedenfalls nicht mehr so steil steigt wie seit 2013. Konkurrenz durch digitale Plattformen fürchtet ICANN weniger, denn wer Kontrolle behalten will, setzt auf die eigene Domain. Und auch der Trend zur Konsolodierung unter Registries und Registraren hält nach Ansicht von ICANN an, um so die Effizienz zu schaffen, die die Domain Name Industry braucht. Damit sollte sie erst recht für neue Top Level Domains gerüstet sein – wenn sie denn kommen, irgendwann.

Die „Funding Forecast Assumptions for Fiscal Years 2023-2027“ finden Sie unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2644

Weitere Informationen finden Sie unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2645

Quelle: icann.org, eigene Recherche

QUAD9 – ECO EV UND GFF KRITISIEREN LG HAMBURG

Der eco – Verband der Internetwirtschaft eV hat das Urteil des Landgerichts Hamburg gegen den in Zürich ansässigen DNS-Resolver-Betreiber Quad9 scharf kritisiert. Zugleich bekräftigte eco die Forderung, dass illegale Inhalte tatsächlich gelöscht werden und aus dem Netz verschwinden.

Auf Antrag der Sony Music Entertainment Germany GmbH hatte das Landgericht in Hamburg am 12. Mai 2021 eine einstweilige Verfügung erlassen. Darin wird Quad9 verboten, auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein Musikalbum der US-Band Evanescence öffentlich zugänglich zu machen, indem Quad9 einen DNS-Resolver-Dienst zur Verfügung stellt, der den Kunden eine Übersetzung von Domains in numerische IP-Adressen zur Verfügung stellt, so dass es mit Hilfe dieser numerischen IP-Adressen möglich ist, eine bestimmte Domain zu erreichen und dort Verlinkungen auf rechtswidrige Speicherungen des vorgenannten Albums aufzurufen. Hiergegen wandte sich Quad9 mit einem umfangreich begründeten Widerspruch vom 31. August 2021, blieb damit aber ohne Erfolg: am 30. November 2021 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Begründung liegt öffentlich nicht vor. Im Beschluss aus dem Mai 2021 hat das Landgericht insbesondere eine Haftungsprivilegierungen für Diensteanbieter aus den §§ 7 bis 10 TMG im Streitfall abgelehnt, da diese Regelungen auf einen DNS-Resolver nicht anwendbar seien. Dabei stützt sich das Landgericht auf ein Urteil des OLG Köln vom 09. Oktober 2020 (Az. 6 U 32/20), das sowohl eine unmittelbaren Anwendbarkeit des § 8 Absatz 1 TMG als auch eine erweiternde Auslegung der Norm ablehnt. Quad9 hat angekündigt, diese Entscheidung nicht hinzunehmen und in Berufung zu gehen.

Unterstützt wird Quad9 dabei unter anderem von eco, dessen Vorstand Klaus Landefeld in einem Interview öffentlich Stellung bezog. Quad9 betreibe einen Dienst, der zur Infrastruktur des Internets gehöre. Einfach formuliert, seien DNS-Resolver die Adressbücher des Internets, die Internet-Adressen im Browser in IP-Adressen übersetzen und so Nutzer zur richtigen Webseite lotsen. Die DNS-Resolver wissen, anders als die Access-Provider, allerdings nie, woher die Anfragen kommen. Ein unabhängiger Resolver wie Quad9 könne technisch kaum unterscheiden, woher auf der Welt die Anfrage stammt und wie in diesem Land die Rechtslage ist. Eine Sperre bei Quad9 bringe aber nichts, wenn tausende anderer DNS-Resolver wie etwa Google, Cloudflare oder OpenDNS eine Domain weiterhin auflösen. Das Gericht sei gleichwohl der Ansicht, die Sperre sei für die Nutzer, die den Dienst nicht wechseln, effektiv und außerdem würde das Angebot nicht mehr abrufbar sein, wenn alle Betreiber von DNS-Resolvern die Adresse sperren würden. Diese Argumentation halte eco für völlig verfehlt. Internet-Basisdienste wie Access-Provider und DNS-Resolver sollen nach dem gesetzgeberischen Willen haftungsprivilegiert sein. Sie würden keine Inhalte auf ihrer Infrastruktur vorhalten und würden auch nicht für den Inhalteanbieter tätig, sondern würden lediglich den Zugang vermitteln. Das Landgericht weise darauf hin, dass der Gesetzgeber tätig werden müsse, wenn er die Privilegierung hinsichtlich der Störerhaftung auch auf die DNS-Resolver ausdehnen wollte. Nach Angaben von Landefeld werde die Politik das vermutlich tun. Auf EU-Ebene gebe es im Rahmen des Digital Services Act schon entsprechende Planungen. Insgesamt solle man mehr darauf hinwirken, dass die illegalen Inhalte tatsächlich gelöscht werden und aus dem Netz verschwinden.

Ebenfalls unterstützt wird Quad9 von der Gesellschaft für Freiheitsrechte eV (GFF). Die Ansicht des Landgerichts Hamburg, wonach DNS-Provider sich nicht auf gesetzliche Haftungsprivilegierungen berufen könnten, dürfe keine Schule machen. „Wenn gemeinnützige IT-Sicherheitsprojekte wie Quad9 die Kosten für die Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen tragen müssen, mit denen sie selbst gar nichts zu tun haben, können sie ihre Dienste in Deutschland nicht mehr kostendeckend anbieten. Darunter leidet die IT-Sicherheit aller“, erklärte GFF-Projektkoordinatorin Julia Reda. „Die Gefahr von Overblocking legaler Inhalte ist erheblich. Die Musikindustrie sollte sich auf die Löschung von urheberrechtsverletzenden Inhalten an der Quelle konzentrieren, anstatt unbeteiligte Internetdienste zu attackieren“.

Das Interview mit eco finden Sie unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2648

Die Mitteilung der GFF finden Sie unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2649

Den Beschluss des LG Hamburg vom 12.05.2021 finden Sie unter:
> https://openjur.de/u/2350143.html

Quelle: eco.de, freiheitsrechte.org, eigene Recherche

TLDS – NEUES VON .AFRICA, .GIVING UND .UK

Die .org-Registry PIR macht sich ein Weihnachtsgeschenk: zusammen mit .giving wechseln drei weitere Domain-Endungen ihre virtuelle Heimat. Derweil konnte .uk die Zahl der suspendierten Domains auf ein Rekordtief reduzieren, während um .africa auch nach Jahren noch gestritten wird – hier die Kurznews.

Nach vielen Diskussionen und Rechtsstreitigkeiten kann die Öffentlichkeit seit dem 04. Juli 2017 über die ZA Central Registry NPC (Registry.Africa) Domain-Namen unterhalb der Top Level Domain .africa registrieren. Doch wer glaubt, dass die unterlegene Registry-Bewerberin DotConnectAfrica (DCA) ihre Bemühungen seither eingestellt hat, hat sich getäuscht. Am 10. Dezember 2021 veröffentlichte CEO Sophia Bekele einen Blog-Artikel, in dem sie zum aktuellen Stand der Auseinandersetzung mit der Internet-Verwaltung ICANN berichtet. Demnach hat am 21. September 2021 ein Berufungsgericht entschieden, dass es DCA „judicially estopped“ und damit vertraglich verwehrt ist, ICANN zu verklagen. Nach Ansicht von DCA handele es sich dabei aber um eine Ausnahmeregelung, für die gilt: „must be applied with caution and limited to egregious circumstances“. Diese Voraussetzungen sehe man nicht als erfüllt, daher kämpfe man weiter, obwohl die „legal fees“ inzwischen einen Betrag von über US$ 2 Mio. überschritten hätten. Welche Schritte DCA konkret ergreifen will, ließ Bekele aber offen.

Die .org-Verwalterin Public Interest Registry (PIR) hat ihr Domain-Portfolio erweitert. Für einen öffentlich bisher nicht genannten Kaufpreis wechselt die neue Top Level Domain .giving von der britischen Giving Limited zu PIR. Zu den Absichten mit .giving äußert sich PR eher kryptisch; sie soll helfen, „mission-driven organizations“ bei der Erweiterung ihrer Online-Präsenz und der Erreichung ihrer Ziele zu helfen. Unter der am 06. August 2015 delegierten nTLD ist bisher nur eine Domain registriert. Parallel wird PIR zum neuen „Steward“ für .charity, .foundation und .gives, die bisher unter Verwaltung von Donuts stehen. Für alle drei Endungen verspricht PIR „to reintroduce them to the market“; .charity kommt aktuell auf rund 3.000 Domains, .foundation auf rund 21.000 und .gives auf 2.200. Sie dienen offenbar eher der Ausdifferenzierung von Organisationen und Marken unter dem Dach der Gemeinnützigkeit. Schließlich soll auch die Registrierung von .ngo- und .ong-Domains vereinfacht werden; beide gehören bereits zu PIR. Möglicherweise versucht PIR, sich damit in eine optimale Position zu bringen, wenn in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 der Vertrag für den Registry Service Provider (RSP) von .org ausläuft.

Die für die Verwaltung der britischen Länderendung .uk zuständige Nominet vermeldet einen Niedrigrekord bei der Anzahl suspendierter Domains. Ausweislich des Berichts „Tackling Online Criminal Activity“, der den Zeitraum 01. November 2020 bis 31. Oktober 2021 abdeckt, sank die Zahl der suspendierten Domains von 22.158 auf 3.434. Maßgeblich dafür verantwortlich ist der Rückgang von Angeboten gefälschter Waren auf Betreiben der Police Intellectual Property Crime Unit (PIPCU). Insgesamt sind aktuell 13 Organisationen berechtigt, Nominet um eine Suspendierung von .uk-Domains zu bitten; elf haben bei 539 Anfragen im Berichtszeitraum davon Gebrauch gemacht. Nach der PIPCU zeigte sich das National Fraud Intelligence Bureau und die Financial Conduct Authority als meldefreudig. In lediglich 18 Fällen waren Bitten um Suspendierung erfolglos; in diesen Fällen waren zumeist aber bereits die Registrare oder die Domain-Inhaber tätig geworden, um rechtswidriges Verhalten zu unterbinden. Zudem musste die Suspendierungsentscheidung nur bei 25 Domains revidiert werden, was die hohe Hürde des Eingriffs belegen soll. Der Bericht kann ab sofort abgerufen werden.

Den Artikel von DotConnectAfrica finden Sie unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2646

Den Bericht „Tackling Online Criminal Activity“ von Nominet finden Sie unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2647

Quelle: circleid.com, thenew.org, nominet.uk

STRATEGIE – DOMAIN-FAIL BEI AIR FRANCE

Der Umgang mit Marken und Markendomains ist für viele Unternehmen eine große Herausforderung. Gerade zur Weihnachtszeit und verstärkt durch die Pandemie nutzen immer mehr Menschen die Möglichkeit, Geschenke und Dinge des täglichen und des nicht so täglichen Bedarfs online zu bestellen. Der Online-Markt ist stärker denn je. Um daran ordentlich partizipieren zu können, müssen Unternehmen die für sie besten Domains, die ihr Angebot und ihre Marken repräsentieren, in ihrem Domain-Portfolio wissen. Dazu bedarf es einer Strategie.

Monika Ermert machte am 06. Dezember 2021 auf heise.de auf einen Fall aufmerksam, der nach mangelnder Domain-Strategie aussieht. Ein Kunde der Air France registrierte sich die Domain websupportairfrance.fr. Er hatte ein Webformular der Air France zur Erstattung der Kosten eines Flugtickets ausgefüllt, welches eine eMail generierte, die an @websupportairfrance.fr gehen sollte. Da aber Air France es versäumt hatte, die Domain zu registrieren, an die sie die selbstgenerierte eMail sandte, erhielt der Air France Kunde eine Rückmeldung, wonach seine eMail mangels vorhandener Domain nicht zugestellt werden konnte. Da er mit einem Anruf beim Air France Kundenservice nicht wirklich weiterkam, registrierte er kurzerhand die Domain und erhielt von da an alle von Air France an Air France gesandte Webformular-eMails. Auf der unter websupportairfrance.fr eingerichteten kargen Website erklärt der Inhaber: „Once you have processed my support request we can discuss me not forwarding all received emails to CNIL anymore (that is, if you want to take over the domain instead of changing your configuration).“ Demnach leitete er alle eingehenden eMails an die französische Datenschutzbehörde CNIL weiter.

Dass dies für Air France nicht nur peinlich ist, sondern auch ordentliche Bußgelder nach sich ziehen kann, steht außer Frage. Wie es zu einer solchen Registrierungspanne kommen konnte, lässt sich nur vermuten. Es liegt allerdings nahe, dass die Domain-Registrierung nicht ordentlich koordiniert wurde. Sei es, dass die Registrierung der Domains in einer Hand liegt, aber diese nicht über den Bedarf von websupportairfrance.fr informiert wurde. Oder dass die Abteilung, die für den Websupport zuständig ist, selbst diese Domain einfach nicht registriert hat, gegebenenfalls aufgrund fehlender Kompetenz oder Befugnis. Oder dass die Entwicklungsabteilung bei der Erstellung der Website einfach eine mögliche Internetadresse angegeben hat, ohne zu überprüfen, ob diese wirklich existiert. So oder so, Fehler passieren, aber wenn eine ordentliche Strategie hinsichtlich des Domain-Bedarfs, der Domain-Registrierungsverantwortung und der Domain-Registrierung in einem Unternehmen etabliert ist, verringert sich das Risiko eines solchen Reinfalls.

Christian Grothoff, der Betreiber von websupportairfrance.fr, teilte auf der Website mit, dass Air France ihn auch nicht nach dem heise.de-Artikel kontaktiert habe. Ab dem Nachmittag des 07. Dezember 2021 kamen keine eMails mehr zu ihm durch, und um 23:00 Uhr hatte Air France seine Supportanfrage bearbeitet. Mittlerweile zeigt die Seite ein Profil von Christian Grothoff, einem Professor an der „Bern University of Applied Sciences“.

Informationen von Christian Grothoff finden Sie unter:
> https://websupportairfrance.fr

Anregungen für eine Domain-Strategie bietet ein früherer Artikel von uns:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2650

Quelle: websupportairfrance.fr, heise.de, eigene Recherche

ORWO.STUDIO – UDRP-STREIT ZUM HAARE RAUFEN

Der Fotodienstleister ORWO Net aus Bitterfeld sieht seine Rechte durch die in den USA registrierte Domain orwo.studio verletzt. Was gibt es also besseres, als ein UDRP-Verfahren zu starten, um die Markenverletzung zu unterbinden? Leider geht damit auch eine ordentliche Vorbereitung und das Belegen von Behauptungen einher. Dazu scheint das Unternehmen keine rechte Lust gehabt zu haben – genauso wie der Gegner. Der Entscheider des UDRP-Verfahrens raufte sich während seiner Fahrt durch die Informationswüste ordentlich die Haare.

Die deutsche ORWO Net GmbH sieht ihre Markenrechte durch die Domain orwo.studio verletzt. Sie startete ein UDRP-Verfahren vor der WIPO. Hier trug sie vor, Inhaberin mehrerer „ORWO“-Marken zu sein, darunter eine 2002 eingetragene EU-Marke. Die Domain orwo.studio gäbe die Marke vollständig wieder und sei identisch. Auf der Website unter der Domain zeige der Inhaber ein ORWO-Logo, welches dem eigenen entspreche. Folglich lege der Gegner es auf eine Verwechslung an. Ohne irgend dazu berechtigt zu sein, leite der Gegner Internetnutzer auf sein Angebot und täusche sie dabei hinsichtlich einer Verbindung zwischen ihm und der ORWO Net GmbH. Der Gegner hielt kurz entgegen, er nutze seit vier Jahren „Orwo“ in den USA für seine Filmstudio-Aktivitäten. Zuvor habe er bei der Filmotec Germany und diese bei der Orwo.net Germany nachgefragt, ob er das Zeichen „Orwo“ für sein Filmstudio nutzen dürfe. Beide erlaubten die Nutzung. Die Filmtätigkeit sei von dem Schutz der „ORWO“-Marke der Beschwerdeführerin nicht umfasst, insoweit liege keine Markenrechtsverletzung vor. Zudem habe er mit ORWO North America (Campbell Representation Inc.) die Nutzung der aktiven US-Marke „ORWO“ vereinbart. Das auf der Website genutzte ORWO-Logo sehe anders aus als das der Beschwerdeführerin, und er habe es von Campbell Representation Inc. lizenziert. Schließlich seien seine Filmstudio-Dienstleistungen etwas anderes als die photochemikalischen Dienstleistungen, die die Beschwerdeführerin anbietet. Als Entscheider kam der britische Jurist Nick J. Gardner zum Zuge.

Gardner war mit der Gesamtsituation unzufrieden und brachte dies in seiner Entscheidung mehrfach deutlich zum Ausdruck. Er hatte die Parteien um weitere Aufklärung gebeten, doch gaben diese keine erhellenden Rückmeldungen. Der Sachverhalt und die Hintergründe des UDRP-Verfahrens blieben für Gardner unklar. Er informierte sich über die Beteiligten durch mehrere Internetsuchen und brachte so etwas Licht in das Dunkel, jedoch sah er es letzten Endes nicht als seine Aufgabe an, den Sachverhalt aufzuklären, sondern die der Beschwerdeführerin: „It is for the Complainant to prove, on the balance of probabilities, the necessary elements it has to show if the Complaint is to succeed.“ Zu den Vorwürfen der Beschwerdeführerin, der Gegner sei daran gescheitert, die Marke „ORWO“ zu kaufen, weshalb er sie einfach unrechtmäßig nutze, habe sie keine Belege eingereicht. Desgleichen bei dem ORWO-Logo, für das sie keinen Beleg für eine Markenregistrierung oder gar eine Nutzung auf ihrer Seite eingereicht habe. Die Verknüpfung mit der Sache und die Geschäftsfelder der von den Parteien verschiedentlich genannten Unternehmen blieben ebenfalls im Dunkeln. An die Parteien gerichtete Fragen blieben offen, und gegenseitige Behauptungen blieben unwidersprochen, so dass der wenig informative Sachverhalt widersprüchlich blieb. Gardner kam zu dem Ergebnis seiner Vorprüfung, dass sich hinter dem Streit jede Menge unklarer Verwicklungen versteckten, die die Sache eigentlich zu komplex für ein UDRP-Verfahren machen und es eigentlich vor den US-Gerichten verhandelt werden sollte. Doch habe er ausreichend Material, um das UDRP-Verfahren zu entscheiden.

Alsdann stellte Gardner kurz fest, dass Marke und Domain identisch sind, weshalb die Beschwerdeführerin das erste Element der UDRP erfüllt habe. Allerdings scheiterte sie bei der Frage nach dem fehlenden Recht oder berechtigten Interesse des Gegners an der Nutzung der Domain orwo.studio. Der nutze die Domain vermutlich seit ihrer Registrierung im Februar 2019 für sein Filmstudio. Ob er dabei auch das Zeichen „ORWO“ berechtigterweise nutzt, bleibt unklar. Er greife klar auf die Tradition des Begriffes „ORWO“ von den Vorgängerunternehmen der Beschwerdeführerin zurück. Doch der Gegner berufe sich auch auf die Lizenzierung durch Orwo North America. Die Beschwerdeführerin hat dem nichts entgegengehalten. Unter diesen Umständen lägen keine ausreichenden Informationen vor, die den Schluss zuließen, dass der Gegner nicht gutgläubig agiere. Damit habe die Beschwerdeführerin das zweite Element der UDRP nicht erfüllt. Die Frage der Bösgläubigkeit auf Seiten des Gegners erübrige sich damit. Folglich wies Gardner die Beschwerde der ORWO Net GmbH ab (WIPO Case No. D2021-2607).

Die UDRP-Entscheidung über die Domain orwo.studio finden Sie unter:
> https://www.domain-recht.de/verweis/2651

Spezialisierte Anwälte findet man unter:
> https://www.domain-anwalt.de

Quelle: wipo.int, eigene Recherche

ARRIBA.COM – GANZ OBEN FÜR US$ 200.000,-

Die vergangene Domain-Handelswoche weist mit unter anderem arriba.com zu einem Preis von US$ 200.000,- (ca. EUR 176.991,-) und einem starken nTLD-Aufgebot eine solide Entwicklung auf.

Unter der Endung .com gibt es gleich zwei Domains im sechsstelligen Bereich: arriba.com kommt auf US$ 200.000,- (ca. EUR 176.991,-) und fährt auf der Kryptowährungsschiene nach oben. Um die lieben Finanzen geht es auch bei everydaywealth.com, die auf US$ 100.000,- (ca. EUR 88.496,-) kommt. safemoon.com könnte auch in diese Richtung gehen, zumal bei ihrem Preis von EUR 60.000,-, doch ist die Domain noch nicht konnektiert. Anders bei euda.com mit GBP 15.000,- (ca. EUR 17,574,-), die in Richtung Gesundheitsversorgung für Australien und Umgebung führt.

Die Domains unter den Länderendungen führt forum.io zu brauchbaren US$ 7.999,- (ca. EUR 7.079,-) an, die sich so von ihrem Wert von US$ 4.000,- (ca. EUR 3.604,-) im August 2019 um 100 Prozent verbessert. Drei weitere Domains vom Britischen Territorium im Indischen Ozean boten sich erfolgreich an, darunter, auf der Metawelle schwimmend, metaweb.io zum Preis von EUR 2.899,-. Das zweitbeste Ergebnis fährt die deutsche Endung mit miete24.de zum Preis von EUR 6.500,- ein. Ihr folgen sechs weitere .de-Domains, von pflegeuniversum.de (EUR 4.685,-) bis er wachsenenbildung.de (EUR 2.000,-). Nachdem die deutschsprachigen Schränke so ziemlich aufgekauft sind, startet die Jagd nach bettdecken.ch zum Preis von EUR 2.500,-. Ob sich das weiter entwickelt, werden wir beobachten.

Die neuen generischen Domain-Endungen kommen mit deutlich höheren Preisen als die Länderendungen: nomad.xyz kommt auf US$ 49.000,- (ca. EUR 43.363,-), gefolgt von m.community mit US$ 38.888,- (ca. EUR 34.414,-), die vielleicht auch schon auf Meta verweist. Ebenfalls stolze Preise bringen collective.xyz mit US$ 37.000,- (ca. EUR 32.743,-) und dragonfly.xyz mit US$ 19.888,- (ca. EUR 17.600,-). Weniger überzeugte show.xyz mit US$ 2.000,- (ca. EUR 1.770,-), die deutlich unter den im April 2016 erzielten US$ 4.620,- (ca. EUR 4.088,-) liegen. Die klassischen generischen Endungen bieten sehr wenig, aber mit nftart.net zum Preis von US$ 9.888,- (ca. EUR 8.750,-) immerhin eine topaktuelle Domain. Berichtenswert ist der Preis von US$ 5.050,- (ca. EUR 4.469,-), den mtb.net jetzt erzielt und der deutlich besser dasteht, als die US$ 1.500,- (ca. EUR 1.103,-), die die Domain im September 2010 einbrachte. Die vergangene Domain-Handelswoche steht mit gleich zwei Domains im sechsstelligen Bereich und einem erstarkten Aufgebot der neuen Endungen durchaus solide da.

Länderendungen
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forum.io – US$ 7.999,- (ca. EUR 7.079,-)
tenet.io – US$ 5.000,- (ca. EUR 4.425,-)
tutu.io – US$ 5.000,- (ca. EUR 4.425,-)
metaweb.io – EUR 2.899,-

miete24.de – EUR 6.500,-
pflegeuniversum.de – EUR 4.685,-
printe.de – EUR 4.500,-
greentrails.de – EUR 3.000,-
livekultur.de – EUR 2.990,-
868.de – EUR 2.950,-
erwachsenenbildung.de – EUR 2.000,-

mdt.fr – EUR 5.250,-
orc.ru – EUR 5.000,-
blogstorm.co.uk – GBP 3.600,- (ca. EUR 4.218,-)
ninjabet.ru – EUR 3.020,-
immeuble.fr – EUR 3.000,-
acting.co – US$ 3.000,- (ca. EUR 2.655,-)
hughes.me – US$ 3.000,- (ca. EUR 2.655,-)
caautobank.es – US$ 2.980,- (ca. EUR 2.637,-)
ca-autobank.es – US$ 2.875,- (ca. EUR 2.544,-)
bettdecken.ch – EUR 2.500,-
meraki.be – EUR 2.500,-
onto.ch – EUR 2.500,-
mandat.fr – EUR 2.000,-
superfast-openreach.co.uk – US$ 1.069,- (ca. EUR 946,-)

Neue Endungen
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nomad.xyz – US$ 49.000,- (ca. EUR 43.363,-)
m.community – US$ 38.888,- (ca. EUR 34.414,-)
collective.xyz – US$ 37.000,- (ca. EUR 32.743,-)
dragonfly.xyz – US$ 19.888,- (ca. EUR 17.600,-)
tilt.app – US$ 5.000,- (ca. EUR 4.425,-)
viva.art – US$ 4.000,- (ca. EUR 3.540,-)
coin.art – US$ 3.250,- (ca. EUR 2.876,-)
dep.art – US$ 2.500,- (ca. EUR 2.212,-)
tattoo.app – US$ 2.495,- (ca. EUR 2.208,-)
economic.zone – US$ 2.299,- (ca. EUR 2.035,-)
show.xyz – US$ 2.000,- (ca. EUR 1.770,-)
ddt.art – US$ 1.200,- (ca. EUR 1.062,-)

Generische Endungen
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nftart.net – US$ 9.888,- (ca. EUR 8.750,-)
mtb.net – US$ 5.050,- (ca. EUR 4.469,-)
valora.net – EUR 2.900,-

.com
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arriba.com – US$ 200.000,- (ca. EUR 176.991,-)
everydaywealth.com – US$ 100.000,- (ca. EUR 88.496,-)
safemoon.com – EUR 60.000,-
euda.com – GBP 15.000,- (ca. EUR 17,574,-)
watertrain.com – US$ 15.000,- (ca. EUR 13.274,-)
vapecoin.com – US$ 14.999,- (ca. EUR 13.273,-)
goplex.com – US$ 12.000,- (ca. EUR 10.619,-)
fappy.com – US$ 10.000,- (ca. EUR 8.850,-)
holoscene.com – US$ 10.000,- (ca. EUR 8.850,-)
threeform.com – US$ 10.000,- (ca. EUR 8.850,-)
earthworld.com – US$ 8.650,- (ca. EUR 7.655,-)
everestco.com – US$ 8.400,- (ca. EUR 7.434,-)
molde.com – EUR 6.600,-
spasynergy.com – US$ 6.888,- (ca. EUR 6.096,-)
virginiajobs.com – US$ 6.660,- (ca. EUR 5.894,-)
manythanks.com – US$ 6.000,- (ca. EUR 5.310,-)
smart5g.com – US$ 6.000,- (ca. EUR 5.310,-)
sohocasino.com – GBP 4.500,- (ca. EUR 5.272,-)
hager-consulting.com – EUR 5.000,-
tapisserie.com – EUR 4.888,-
australianfundraising.com – US$ 5.000,- (ca. EUR 4.425,-)
datafilehost.com – US$ 5.000,- (ca. EUR 4.425,-)
multiversefund.com – US$ 5.000,- (ca. EUR 4.425,-)
surprized.com – US$ 5.000,- (ca. EUR 4.425,-)

Weitere Domain-Preise finden Sie unter:
> https://www.domain-spiegel.de

Quelle: dnjournal.com, sedo.de, thedomains.com

REFORM – ECO LÄDT ZUM VERBRAUCHERVERTRÄGE-WEBINAR

eco – Verband der Internetwirtschaft eV nimmt das neue Gesetz für faire Verbraucherverträge zum Anlass, dessen Folgen für Registrare und Registries in einem Webinar mit dem Titel „Das Gesetz für faire Verbraucherverträge in der Domain-Branche“ aufzuzeigen.

Das Gesetz für faire Verbraucherverträge wurde bereits am 17. August 2021 verkündet. Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung stärkt das Gesetz die Verbraucherrechte und bringt erweiterte Pflichten der Unternehmer mit sich – so auch für Unternehmen der Domain- und Hosting-Branche. Seit dem 01. Oktober finden einige mit dem Gesetz einhergehende Änderungen Anwendung, weitere werden 2022 folgen. So ändern sich die Vertragsgestaltung im Rahmen von Kaufverträgen, Rahmenlieferverträgen, Werkverträgen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Das Gesetz hegt unter anderem Unternehmen ein, die im Rahmen ihrer AGB per Rechtswahlklausel ausländisches Recht zur Anwendung bringen, um so in ein anderes Recht zu flüchten, dessen Verbraucherschutzniveau unter dem hiesigen liegt. Mit den neuen gesetzlichen Regelungen bleibt in solchen Fällen gegenüber Verbrauchern in Deutschland das hiesige Schutzniveau erhalten. eco – Verband der Internetwirtschaft eV bietet nun in einem 90-minütigen Webinar am 20. Dezember 2021 die Möglichkeit, das Gesetz für faire Verbraucherverträge im Kontext der Domain- und Hosting-Branche zu diskutieren und zu klären, welche Aspekte des Gesetzes hier Anwendung finden können. Referent*in sind Rechtsanwältin Dr. Stefanie Greifeneder und Rechtsanwalt Thomas Rickert, die beide viel Raum für Fragen und Diskussion lassen.

Das eco-Webinar über das „Gesetz für faire Verbraucherverträge in der Domain-Branche“ findet online am Montag, den 20. Dezember 2021 von 16:00 Uhr (MEZ) bis 17:30 Uhr statt. Die Anmeldung für eco-Mitglieder ist kostenlos. Das Webinar wird in Englisch durchgeführt.

Weitere Informationen und Anmeldung unter:
> https://www.eco.de

Quelle: eco.de

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