Quad9-Entscheidung

Netzsperren wirken sich auf Download-Portalbetreiber nicht aus

Die Betreiber des Downloadportals »CannaPower« haben angekündigt, sich von der Auseinandersetzung zwischen dem Schweizer DNS-Resolver-Betreiber Quad9 und der Sony Music Entertainment Germany GmbH nicht beeindrucken zu lassen. Einen Ausweg aus umfassenden Sperren soll das Tor-Netzwerk bieten.

Am 12. Mai 2021 hatte das Landgericht Hamburg auf Betreiben der Sony Music Entertainment Germany GmbH eine einstweilige Verfügung erlassen, die es Quad9 verbietet, auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein Musikalbum der US-Band Evanescence öffentlich zugänglich zu machen, indem Quad9 einen DNS-Resolver-Dienst zur Verfügung stellt, der den Kunden eine Übersetzung von Domains in numerische IP-Adressen zur Verfügung stellt, so dass es mit Hilfe dieser numerischen IP-Adressen möglich ist, bestimmte Domains zu erreichen und dort Verlinkungen auf rechtswidrige Speicherungen des vorgenannten Albums aufzurufen. Zu den gesperrten Domains soll die Adresse canna.to gehören; die dazu gehörende Website wird von der deutschen »Queen of Music Warez« CannaPower betrieben. Sie wurde nach eigenen Angaben vor über 20 Jahren gegründet und erlaubt es, kostenlos Musik herunterzuladen; die Webseite selbst verbreitet dabei nur die Links für den Download. Obwohl der Rechtsstreit weder im Eilverfahren noch in der Hauptsache entschieden ist, hat Quad9 nach eigenen Angaben unmittelbar nach Erhalt der einstweiligen Verfügung eine GeoIP-Sperre auf den in Deutschland befindlichen Servern installiert. Gleichwohl hat Sony dargelegt, dass die Sperre umgangen worden sei. In einem Fall sei der Zugang über ein VPN (Virtual Private Network), im anderen Fall über einen Mobilfunknetzbetreiber gelungen. Quad9 hingegen ist der Ansicht, dass man im Einklang mit den gerichtlichen Anforderungen gehandelt habe und dass die Übermittlung von Anfragen außerhalb der Gerichtsbarkeit (über Landesgrenzen hinweg) nicht in den Geltungsbereich der einstweiligen Verfügung fällt. Da das Gericht dennoch ein Ordnungsgeld androhte, sei man gezwungen, die Sperre auf globaler Ebene umzusetzen.

Von der Auseinandersetzung vergleichsweise unbeeindruckt zeigt sich CannaPower selbst. In einem Interview mit tarnkappe.info teilten die Betreiber mit, dass die Besucherzahlen trotz der globalen Sperre konstant geblieben seien. Sie liegt nach unbestätigten Angaben bei rund einer Million Besucher monatlich. Zwar bereite man einen Wechsel der aktuell genutzten Domain canna-power.to vor, diese habe jedoch nichts mit der Sperre durch Quad9 zu tun. Selbst wenn Cloudflare oder andere große DNS-Anbieter juristisch gezwungen würden, die Domain canna.to weltweit zu sperren, werde man in das TOR-Netzwerk umziehen. TOR (Abkürzung für »The Onion Router«) schützt seine Nutzer vor der Analyse des Datenverkehrs und ermöglicht, dass beide Seiten einer Kommunikation anonym bleiben. Anfragen werden dabei auf wechselnden Routen über verschiedene Server umgeleitet, die jeweils nicht das eigentliche Ziel kennen. Tor kann aber nicht nur anonyme Internetzugriffe ermöglichen, sondern auch Zugriffssperren umgehen. In diesem Zusammenhang spielen auch .onion-Domains eine Rolle. Sie sind nicht Bestandteil des klassischen Domain Name Systems, über den TOR-Browser aber nutzbar. Im Oktober 2015 wurde .onion gemäß RFC 7686 als »Special-Use-Domain Name« registriert. Die Nutzung von CannaPower wäre damit zwar erschwert, aber nicht ausgeschlossen.

Auch wirtschaftlich zeigt sich CannaPower von der Sperre unbeeindruckt.

Ich bekomme schon jetzt kaum Spenden oder auch Werbeeinnahmen. Das Projekt ist im Prinzip ein Hobby von mir. Ich finanziere so gut wie alles aus eigener Tasche. Und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern!,

zitiert tarnkappe.info.

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