Recht auf Meinungsäußerung

Uniregistry fordert wegen des Falles gab.com eine »Bill of Rights« für Internet-Domains

Die auf den Cayman Islands ansässige Uniregistry Corp., Verwalterin von 24 neuen Top Level Domains, hat Sorge um die Rechte von Domain-Inhabern. Für praktische Abhilfe soll eine »domain name Bill of Rights« sorgen, die jedermann Anspruch auf ein ordentliches Verfahren garantiert.

Jedermann solle einen Anspruch auf ein förmliches und ordentliches (Gerichts-)Verfahren haben, wenn er sich Anschuldigungen und Forderungen nach Zensur ausgesetzt sieht, heisst es in einer Pressemitteilung, die Uniregistry am 7. November 2018 veröffentlicht hat. Sicherstellen soll dies eine neu zu schaffende »Bill of Rights«. Ihr historisches Vorbild, die am 25. September 1789 beschlossene Bill of Rights, besteht aus den ersten zehn Zusatzartikeln zur Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika. Sie sichert den Einwohnern im Rahmen einer freien und demokratischen Gesellschaft unveräußerliche Grundrechte zu, darunter Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit und Pressefreiheit. Die Forderung von Uniregistry knüpft an einen Vorschlag von Tim Berners-Lee an, dem Begründer des World Wide Web. Er hatte sich kürzlich für einen Gesellschaftsvertrag mit der Bezeichnung »Contract for the Web« ausgesprochen, der allgemeinverbindliche Grundsätze für das Internet aufstellt, an die sich Regierungen, Unternehmen und Bürger weltweit zu halten haben. Nach Angaben von Frank Schilling, CEO von Uniregistry, ist die Idee einer »Bill of Rights« noch in einer frühen Phase. Es gäbe bereits einen Entwurf mit zehn konkreten Punkten; man sei aber noch nicht so weit, sie zu veröffentlichen. So bleibt bisher offen, welche Regelungen die »Bill of Rights« enthalten soll.

Konkreter Auslöser der Forderung scheint der Streit um gab.com zu sein. Die Blogging-Plattform, die als Sammelstelle für Amerikas extreme Rechte gilt, war nach dem Amoklauf in einer Synagoge in Pittsburgh von GoDaddy aufgefordert worden, sich für ihre Domain einen anderen Registrar zu suchen. Nach einem kurzen Zwischenstopp bei Uniregistry hat mittlerweile der US-Registrar Epik Inc., der sich als »schweizer Bank unter den Domain-Registraren« versteht, die Domain in seine Verwaltung übernommen. Epik-Gründer und CEO Robert Monster begründete dies damit, dass die Entfernung einer Plattform digitale Zensur sei und jemanden auf eine schwarze Liste zu setzen, einer »digitalen Flucht« vor der Wirklichkeit gleichkomme. Die Domain gab.com selbst war im April 2014 für US$ 200.002,– (ca. EUR 144.929,–) über Sedo verkauft worden. Das soziale Netzwerk in seiner aktuellen Form gab es damals unter dieser Adresse noch nicht. Einige Jahre später wurde die Domain dann offenbar zu US$ 220.000,– über Flippa, einen Marktplatz mit dem Schwerpunkt für Kauf und Verkauf von Online-Unternehmen, veräußert.

Anders als in UDRP-Verfahren scheint es Uniregistry weniger um die (potentielle) Rechtswidrigkeit der Registrierung einer Domain zu gehen, sondern um die unter ihr verbreiteten Inhalte. Allerdings hatte sich die Internet-Verwaltung ICANN in der Vergangenheit wiederholt dagegen ausgesprochen, auch für Inhalte zuständig zu sein; so gehen zum Beispiel die Rechtsauffassungen darüber, was von der Meinungsfreiheit gedeckt ist, in vielen Ländern erheblich auseinander. Dass der Vorstoss von Uniregistry auf fruchtbaren Boden fällt, ist daher nicht anzunehmen.

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