Das Chaos beim African Network Information Centre (AfriNIC) hält an: wie der Insolvenzverwalter Gowtamsingh Dabee mitteilte, wurden die bereits laufenden Vorstandswahlen annulliert. Nun soll der Oberste Gerichtshof von Mauritius entscheiden.
Nach monatelanger Vorbereitung und auf Weisung des Obersten Gerichtshofs von Mauritius hatte Dabee am 18. Juni 2025 mit den Vorstandswahlen für AfriNIC begonnen. Von den ursprünglich insgesamt 58 Nominierten sind 41 Wahlkandidaten übrig geblieben; acht davon sollen letztlich das künftige AFRINIC Board of Directors bilden. Doch die Wahlen standen von Anfang an unter keinem guten Stern. So hat die Tanzania Internet Service Providers Association (TISPA) versucht, im Wege der einstweiligen Verfügung eine Verlegung der Wahlen zu erwirken; der Verband sah die Einhaltung eines ordnungsgemäßen Verfahrens nicht als gewährleistet, scheiterte aber. Auch die Internet-Verwaltung ICANN blieb mit einem Eilantrag erfolglos, weil sie schon gar nicht klagebefugt war. In einem Schreiben vom 25. Juni 2025 an Dabee legte ICANN-CEO Kurt Lindqvist nun nochmals nach:
However, due to the shocking allegations and complaints of conduct surrounding the AFRINIC Board of Directors election, with this letter ICANN is formally putting AFRINIC on notice that a compliance review may well be necessary.
ICANN habe Berichte von AfriNIC-Mtgliedern erhalten, die behaupten, die bei der Wahl vorgelegten Vollmachten seien betrügerisch erlangt worden und die in ihrem Namen eingereichten Vollmachten nicht autorisiert gewesen. Ein Wahlprozess, der Möglichkeiten für betrügerisches Verhalten und Wahlfälschung biete, gebe Anlass zu unmittelbaren und ernsten Bedenken. Zu guter Letzt intervenierte auch das Ministry of Information and Communication Technologies (ICT) von Mauritius. Im Zentrum standen auch dort Berichte über gefälschte Vollmachten, die angeblich an ausländische Staatsangehörige – insbesondere Ruander – verteilt worden sein sollen, um diesen zu ermöglichen, ohne Genehmigung im Namen von AfriNIC-Mitgliedern abzustimmen.
Nun hat auch der Insolvenzverwalter kapituliert. Er habe von mehreren Interessengruppen Rückmeldungen und Bedenken hinsichtlich möglicher Unregelmäßigkeiten bei der Wählerdokumentation erhalten. Diese Bedenken seien den zuständigen Behörden zur Untersuchung gemeldet worden. Dabee erklärte in einem Kommuniqué vom 26. Juni 2025:
Our shared priority is clear: upholding the core principles of transparency, fairness, and the best interests of AfriNIC and its entire membership. To safeguard these principles and ensure the unquestionable legitimacy of our organisation, I have made the necessary decision to forthwith annul the current election process.
Gleichzeitig kündigte er an, Stabilität und Kontinuität in dieser kritischen Phase gewährleisten zu wollen. Zu diesem Zweck beantragte er beim Obersten Gerichtshof von Mauritius eine zeitlich begrenzte Verlängerung seines Mandats, um die ordnungsgemäße Organisation und Durchführung neuer, vollständig verifizierter Wahlen unter Einbeziehung aller Beteiligten innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens doch noch zu ermöglichen; genauere Angaben zum zeitlichen Ablauf machte er nicht. Dabee rief stattdessen zu aktivem Engagement und Zusammenarbeit auf, um die Stärke und Glaubwürdigkeit von AfriNIC aufrechtzuerhalten. Er sei fest entschlossen, das Problem transparent und fair zu lösen.
Nach einem Bericht von lexpress.mu finden derzeit Konsultationen mit der Generalstaatsanwaltschaft von Mauritius statt, um die strafrechtlichen Möglichkeiten der Regierung zu prüfen. Das ICT habe bereits den Polizeipräsidenten wegen organisierten Betrugs informiert und fordere erhöhte Wachsamkeit am Flughafen. Die Zukunft der Führung von AfriNIC und möglicherweise auch seine institutionelle Legitimität hängen nun vom Obersten Gerichtshof von Mauritius sowie den nationalen Behörden ab; das letzte Kapitel ist hier noch nicht geschrieben.