Die Skandale um das African Network Information Centre (AfriNIC) haben nun auch die Politik auf den Plan gerufen: die Regierung von Mauritius hat den Obersten Gerichtshof des Landes beauftragt, die Vorgänge rund um die Vorstandswahlen umfassend zu untersuchen.
Eigentlich galt der 30. September 2025 als Termin für die Durchführung der Wahlen und die Neubesetzung des AfriNIC-Vorstands als gesetzt. Eigentlich, denn nun wackelt auch dieser Termin, der ohnehin bereits als Ersatztermin für die annullierte Juni-Wahl anberaumt worden war. Am 25. Juli 2025 beauftragte Dharam Gokhool, der Präsident von Mauritius, auf Anraten seines Kabinetts den Richter N. F. Oh San-Bellepeau vom Obersten Gerichtshof von Mauritius, eine umfassende Untersuchung von AfriNIC einzuleiten, um einer sich rasch verschärfenden Krise zu begegnen. Hintergrund ist, dass die anhaltenden Streitigkeiten bei AfriNIC für erhebliche Unruhe sowohl in der Technologie-Community als auch der Politik gesorgt hat, da die Zuteilung neuer IP-Adressen inzwischen vollständig zum Erliegen gekommen ist. Aufhorchen lässt, dass zum Prüfungsumfang von San-Bellepeau ausdrücklich auch die Geschäftsführung durch den Insolvenzverwalter Gowtamsingh Dabee gehört; er soll prüfen, ob die Bestellung des Insolvenzverwalters ordnungsgemäß erfolgte und ob er im Einklang mit der Satzung von AfriNIC und den Interessen der AfriNIC-Mitglieder gehandelt hat. Die Bekanntmachung zur Einleitung der Untersuchung verweist ausdrücklich auf mögliches strafbares Verhalten im Zusammenhang mit Falschaussagen und Aktenfälschung gemäß den Abschnitten 332 (1) und 334 des Companies Act, was die Schwere der Bedenken unterstreicht.
Ein weiterer Schwerpunkt der Prüfung liegt auf der umstrittenen Cloud Innovation Ltd. (CI). Insoweit wird untersucht, ob CI, seine Direktoren und Mitarbeiter nach mauritischem Recht ähnliche Straftaten begangen haben könnten. Dazu gehört die Prüfung, ob die Versuche von CI, seinen Mitgliedschaftsstatus zu ändern und die Liquidation von AfriNIC zu beantragen, rechtlich fragwürdig oder gar betrügerisch waren und ob ihre Handlungen – wie die Einleitung hunderter Gerichtsverfahren – einem konzertierten Versuch gleichkommen, die Kernfunktionen von AfriNIC zu lähmen und damit die gesamte Internetinfrastruktur Afrikas zu gefährden. Zudem wurde bekannt, dass einer der Anwälte von CI, Raouf Gulbul, der Ehemann von Rehana Mungly-Gulbul, der Obersten Richterin von Mauritius, ist. In Anbetracht der Komplexität der Aufgabe wurde Richter San-Bellepeau bis zum 30. September 2025 von ihren sonstigen richterlichen Aufgaben entbunden, um sich ausschließlich auf diese Untersuchung zu konzentrieren. Parallel erklärte der Premierminister des Landes AfriNIC offiziell zu einer „declared company“ und stellte die Organisation unter strenge rechtliche Aufsicht, die üblicherweise Unternehmen in akuten Krisen vorbehalten ist. Dieser Schritt ermächtigt von der Regierung ernannte Beamte, die Probleme von AfriNIC gründlich zu untersuchen, die Einhaltung der Vorschriften durchzusetzen und Transparenz und Vertrauen wiederherzustellen.
Unterdessen hat das Council der Number Resource Organization (NRO) die Anhörung zum Governance Document for the Recognition, Maintenance, and Derecognition of Regional Internet Registries (RIR Governance Document) abgeschlossen. Der bisherige Entwurf sieht vor, dass einer Regional Internet Registry wie AfriNIC in letzter Konsequenz der Status aberkannt wird, wenn bestimmte Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind. Im nächsten Schritt sollen die eingegangenen Stellungnahmen überprüft und der Entwurf gegebenenfalls überarbeitet werden; idealerweise soll der endgültige Entwurf bis Jahresende 2025 vorliegen, um dann im kommenden Jahr gemeinsam mit der Internet-Verwaltung ICANN verabschiedet zu werden.