Neelie Kroes, EU-Kommissarin für die Digitale Agenda, will den Grundsatz der Netzneutralität gesetzlich verankern. Dies unterstrich sie anlässlich einer Rede vor dem Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) des Europäischen Parlaments.
Einmal mehr stand am 30. Mai 2013 der Fortschritt der Digitalisierung der Europäischen Union auf der Tagesordnung von Kroes. Gelegenheit zur Positionierung bot diesmal ein Bericht vor dem IMCO. Zu dessen Zuständigkeiten gehört die Harmonisierung der Rechtsetzung in der Europäischen Union im Bereich Binnenmarkt und Zollunion, insbesondere die Warenverkehrsfreiheit samt der Harmonisierung technischer Standards, die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit. Öffentlich am meisten Beachtung fand dabei die Ankündigung von Kroes, bis Ostern 2014 die Abschaffung von Roaming-Gebühren zu beschließen; Zusatzgebühren, die beim Telefonieren, SMS-Schreiben oder Surfen vom EU-Ausland aus anfallen, wären demnach Geschichte.
Doch damit ließ es Kroes nicht bewenden, sondern nutzte ihre Rede zu einer grundsätzlichen Positionierung. Man müsse den Bürgern zeigen, dass die EU für ihr Leben relevant sei. Und direkt an die Mitglieder des Ausschusses gewandt, sagte Kroes: »I want you to be able to say that you saved their right to access the open internet, by guaranteeing net neutrality.« – eine Aussage, die für unterschiedliche Interpretationen kaum mehr Spielraum lässt. Im Bereich der Telekommunikation sei kein Raum für Grenzen, so Kroes weiter; es habe schon seinen Grund, warum man vom »world wide web« spreche. Gleichwohl gäbe es keinen Bereich im noch nicht vollständig harmonisierten EU-Markt, auf dem ähnlich unnütze und hohe Hürden aufgestellt seien; es sei daher Zeit für Wechsel. Zugleich kündigte Kroes an, Maßnahmen gegen Cyberkrimininalität und andere Bedrohungen zu ergreifen. Wie sie all diese Ankündigungen jedoch konkret in die Praxis umsetzen will, ließ Kroes offen; insoweit beließ sie es bei ihren grundsätzlichen Ausführungen.
Als einziges EU-Mitgliedsland haben bisher die Niederlande den Grundsatz der Netzneutralität gesetzlich verankert und ihren Providern beispielsweise verboten, Pakete mit verschiedenen Internetgeschwindigkeiten anzubieten. Internetaktivisten wie die Organisation »La Quadrature du Net« zeigten sich dagegen bisher enttäuscht über das langsame Tempo, in dem die Mühlen der EU mahlen. Bis allseits zufriedenstellende Regelungen gefunden sind, dürfte somit noch einige Zeit vergehen.