Sie sind gierig nach Informationen zur Netzverwaltung und möchten immer auf dem aktuellen Stand sein? Wenn Sie auf diese Frage mit wenigstens „Na ja, irgendwie schon“ antworten, dann hat die Europäische Kommission etwas Neues für Sie: das Global Internet Policy Observatory (GIPO).
Ein Werkzeug, dass die großen Herausforderungen der Netzverwaltung auf Grundlage des »multi-stakeholder«-Modells anspricht – mit dieser Herkulesaufgabe beauftragte die EU-Kommission im Dezember 2014 ein Konsortium bestehend aus P.A.U. Education, Fundacion CTIC und Open Evidence. Anders als die NetMundial-Initiative, die vom scheidenden ICANN-CEO Fadi Chehadé maßgeblich vorangetrieben wird, will die EU-Kommission zuerst eine Plattform für alle Interessensgruppen schaffen und sie erst dann dazu aufrufen, sich zu beteiligen. Herausgekommen ist eine Internetseite, die zumindest in ihrer aktuell gestarteten Beta-Version die Lust auf das wichtige, aber komplexe Thema der Netzverwaltung nicht gerade steigern dürfte. Die in englischer und spanischer Sprache betriebene Website lässt mit Kategorien wie »Infrastructure«, »Sociocultural«, »Legal«, »Development« oder »Human Rights« zwar sicher viele Herzen höher schlagen, aktuell speisen sich die Inhalte aber unter anderem aus fremden Tweets und Verweisen auf Instagram-Fotos, wobei die Erwähnung des Wortes bzw. Hashtags »#netneutrality« schon für die Verlinkung genügt.
Der Journalist und ICANN-Insider Kieren McCarthy kommt jedoch zum Ergebnis, dass GIPO alle anderen Initiativen in den Schatten stellt. So habe etwa NetMundial hunderttausende von US-Dollar dafür verwendet, um eine graphische »solutions map« zu entwickeln, die jedoch keinem praktischen Zweck dient und nahezu unbeachtet bleibt. Das Internet Governance Forum (IGF) hat dagegen mit der Frage zu kämpfen, welchen Zweck und Nutzen es verfolgt, obwohl es inzwischen sogar jährlich stattfindet und von vielen »Policy«-Machern besucht wird. China versuche derweil, mit der „World Internet Conference“ eine eigene Version des IGF zu etablieren, kämpft aber mit seinem zensurfreundlichen Ansatz und habe vorsorglich westliche Pressevertreter von einer Teilnahme ausgeschlossen. Von der »Global Commission on Internet Governance« (GCIG) haben schließlich selbst Experten bisher kaum etwas gehört, auch wenn es mit teilweise exzellenten Arbeitspapieren habe aufwarten können.
Unter dem Strich bleibt das sensible Thema der Internet Governance nebulös und vor allem für die breite Öffentlichkeit undurchsichtig. Daran ändert auch das GIPO jedenfalls in seiner aktuellen Fassung nichts. McCarthy zieht den Schluss, dass das wenige Geld, das investiert wird, vor allem dazu dient, Leute um den Globus zu fliegen, um an kleinen Konferenzen teilzunehmen und Entscheidungsträger zu beeinflussen. Bleibt zu hoffen, dass endlich genug Geld in die Hand genommen wird – und die Welt erkennt, wie wichtig das Thema für ein Funktionieren des Internets ist. Und zwar bevor es aufhört, zu funktionieren.