Netzverwaltung

EU-Kommission stößt auf Kritik

Die Bemühungen der EU-Kommission, die Internet-Verwaltung zu internationalisieren, stoßen nicht nur in den USA auf wenig Gegenliebe: mit der European Telecommunications Network Operators Association (ETNO), EuroISPA und GSM Europe warnen drei Verbände vor nachteiligen Reformen bei ICANN.

Im September 2009 endet die als Joint Projekt Agreement (JPA) bekannte Vereinbarung, mit der das US-Handelsministerium die Aufgabe der Verwaltung des Domain Name Systems auf ICANN übertragen und den Übergang der Netzverwaltung in den privaten Sektor eingeleitet hat. Anlass genug für Viviane Reding, EU-Kommissarin für Informationsgesellschaft und Medien, die vollständige Privatisierung ICANNs zu fordern. Im Mittelpunkt ihres Modells stehen zwei Komponenten: so benennt Reading zum einen die Forderung nach einer vollständig privatisierten und unabhängigen ICANN, die – insbesondere im Hinblick auf Transparenz in finanziellen Fragen und interne Rechenschaftspflicht – nach strengsten Corporate Governance-Normen arbeitet und einer wirksamen justiziellen Überprüfung unterliegt. Zum anderen schlägt Reading als eine Art „G12 der Internet-Governance“ die Schaffung eines multilateralen Forums vor, das Regierungen die Möglichkeit bietet, über allgemeine Fragen der Internet-Governance zu diskutieren.

Mit ETNO, EuroISPA und GSMA Europe haben sich nun jedoch gleich drei europäische Verbände gegen diese Pläne gewandt und fordern, das bisherige ICANN-Modell beizubehalten und zu stärken. Eine Regierungsaufsicht über ICANN, wie sie die EU vorschlägt, würde dem Ziel der Privatisierung ICANNs zuwiderlaufen, obwohl ICANN beispielsweise in der Zusammenarbeit mit seinem Regierungsbeirat Government Advisory Committee (GAC) erhebliche Fortschritte erzielt hat. Angesichts der Bedeutung des Internets auf die Weltwirtschaft und unseren Alltag könne der Weg für ICANN nur lauten, seinen Mitgliedern gegenüber verantwortlich zu sein und alle Mitglieder gleichberechtigt in die Definition und Einführung neuer Policies einzubeziehen.

Unterdessen hat sich der neue ICANN-CEO Rod Beckstrom klar dazu bekannt, dass ICANN seinen Sitz in den USA hält. „Es wird immer verschiedene andere Stimmen geben, aber der ultimative Beweis dafür, dass ICANN ordnungsgemäß arbeitet, ist, dass das Internet ordnungsgemäß arbeitet“, so Beckstrom im Gespräch mit der New York Times. Soweit EU-Medienkommissarin Reding mit einer Art G-12 für die Internetverwaltung ein unabhängiges, internationales Gremium gefordert hatte, so erteilt Beckstrom dem eine Absage. Jede Handlung ICANNs könne vor kalifornischen Gerichten überprüft werden, und „kalifornisches Recht ist gutes Recht“. Zwar habe man beim letzten ICANN-Meeting in Sydney darüber nachgedacht, eine Niederlassung in der Schweiz zu gründen; dies führe jedoch zu einer Fragmentierung ICANNs, der er sich widersetze. Dass sich Reding mit ihrer Forderung durchsetzt, erscheint daher zunehmend unwahrscheinlich, zumal auch von Seiten der US-Regierung zuletzt kaum Bereitschaft signalisiert wurde, derart grundlegende Änderungen abzusegnen.

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