Internet-Verwaltung

ITU fordert Vetorecht

Die International Telecommunication Union (ITU) liebäugelt bereits seit Jahren damit, Einfluss auf die Verwaltung des Internets und ICANN zu gewinnen. Auch mit einem Vorstoß, die Vergabe von IP-Adressen unter IPv6 zu kontrollieren, hatte die ITU bisher keinen Erfolg. Nun kam im Rahmen eines aktuellen Meetings der Vorschlag von der ITU, man solle das Government Advisory Committee (GAC) ersetzen und ein Vetorecht gegen ICANN implementieren.

Anlässlich eines vierteljährlich stattfindenden Treffens der ITU-Mitglieder in Guadalajara (Mexiko), das noch bis 22. Oktober 2010 andauert, sprach sich eine russische Gruppierung dafür aus, dass die ITU die Aufgaben des GAC (Government Advisory Committee) übernehmen solle und dass ihr ein Vetorecht gegen ICANN-Entscheidungen eingeräumt werden müsse. Der russische Kommunikationsminister und Vorsitzende der russischen Gruppierung Igor Shchegolev erklärte sinngemäß weiter: Wir glauben, ITU ist in der Lage, Aufgaben der öffentlichen Ordnung und Verwaltung des Internets und seine Weiterentwicklung zu erfüllen und schließlich die Interessen der Staaten gegenüber ICANN zu vertreten.

Die ITU selbst ist ein Organ der United Nations (UN), das seit mehreren Jahren versucht, Einfluss auf das Domain Name System zu nehmen – bisher erfolglos. Das GAC ist somit derzeit der einzige Weg für Regierungen, Einfluss auf die Entscheidungen von ICANN zu nehmen, und auch nur in der Form, dass man Vorschläge macht und Wünsche äußert. Ein direktes Zugriffs- und Abstimmungsrecht besitzt das GAC nicht.

Die USA haben sich von dem Vorstoß der russischen Gruppierung innerhalb der ITU distanziert. Das US State Department teilte der Konferenz durch Philip Verveer mit, die ITU solle die Entwicklung des Internets unterstützen; bisher habe sich gezeigt, dass das Internet unter der derzeitigen Verwaltung aufgrund einer Vereinbarung unterschiedlicher Interessengruppen sehr gut ohne staatliche Eingriffe floriere. Änderungen, insbesondere solche, die den Einfluss von Regierungsbündnissen zulassen, würden die Entwicklungsdynamik des Internets eher behindern und seien zu vermeiden. Zu alle dem nahm ICANN bisher nicht Stellung, da ICANN-Chef Rod Beckstrom von der ITU die Teilnahme als Beobachter an ITU-Konferenzen verweigert wird.

Der Versuch von Teilen der ITU, Zugriff auf ICANN zu erhalten, ist verständlich, aber keinesfalls wünschenswert. Antony Van Couvering, CEO des TLD-Beratungsunternehmens Minds&Machines, sieht über die ITU-Idee eines Vetorechts sogar das GAC in neuem Licht: Das GAC setze sich zwar aus von Lobbyisten getrimmten Mitgliedern mit steinerner Miene zusammen, mit einigen Ausnahmen, die sich wirklich für das Internet einsetzen. Aber man kann ihm in öffentlichen Sitzungen zuhören und mit ihnen reden. Die ITU hingegen ist der Ansicht, selbst das Internet verwalten zu sollen, halte seine Versammlungen hinter verschlossenen Türen ab, ist höchst undurchsichtig und mache seine Dokumente nur ITU-Mitgliedern zugänglich.

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