Die von ICANN-CEO Fadi Chehadé geförderte »NetMundial Initiative« zur Zukunft der Netzverwaltung bleibt blass: anlässlich eines ersten Treffens wurde zwar ein gemeinsames Kommuniqué verabschiedet, konkrete Antworten blieb man aber schuldig.
Die renommierte Stanford University (US-Bundesstaat Kalifornien) hatte sich das »Inaugural Coordination Council« der Initiative ausgesucht, um am 31. März 2015 im Rahmen eines Arbeitstreffens ihre eigene weitere Tätigkeit vorzubereiten. Das Interesse war eher bescheiden: lediglich 23 Personen waren erschienen, auch wenn die Initiative betont, dass damit ein breites Spektrum an Vertretern der Zivilgesellschaft, der Regierungen, von Unternehmen, aus dem technischen und dem akademischen Bereich sowie internationaler Organisationen anwesend war. Zu den bekannteren Vertretern zählte neben Chehadé vor allem Larry Strickling (US-Wirtschaftsministerium), Wolfgang Kleinwächter (Universität Aarhus) sowie Constantijn van Oranje-Nassau (EU-Kommission); ein Vertreter Deutschlands, Österreichs oder der Schweiz war nicht vor Ort.
Das Ergebnis der Diskussionen hat man in einem 4-seitigen Kommuniqué zusammengefasst, das als Entwurf eines »Terms of Reference« (ToR) bezeichnet wird. Darin bekennt man sich zu diversen Grundprinzipien wie dem Multistakeholder-Modell und einem offenen, transparenten, um Konsens bemühten, auf Härteausgleich bedachten und dezentralisierten Internet. Viel konkreter wird es nicht; als Mission formuliert man das Ziel, eine Plattform zur Verfügung zu stellen, die dabei hilft, die praktische Kooperation zwischen allen Interessenvertretern zu katalysieren, um Internetthemen zu adressieren und die Umsetzung der Grundprinzipien zu befördern. Dabei ist man sich bewusst, dass man andere Institutionen der Netzverwaltung nicht ersetzt, sondern ergänzt und unterstützt, insbesondere das Internet Governance Forum (IGF). Zudem möchte man als neutrale Clearingstelle für alle Fragen der Netzverwaltung fungieren und Entwicklungsländer unterstützen. Der Entwurf des ToR kann nun von der Community bis zum 1. Mai 2015 diskutiert werden; welche weitere Maßnahmen dann anstehen, liess man offen.
Der Journalist Peter Welchering, der die Entwicklung der Netzverwaltung für den Deutschlandfunk begleitet, verwies in einem Interview darauf, dass es bei dem Treffen zumindest eine unerwartete Annäherung der amerikanischen und der chinesischen Vertreter gegeben habe; so sei China von seiner Idee der Nationalisierung der Netzkommunikation abgerückt. Ihr Kompromissangebot lautet: Lasst uns die zivilgesellschaftlichen Gruppen an der jetzt anstehenden Diskussion über das weitere Vorgehen beteiligen. Welchering erwartet daher ein um die Vertreter der Zivilgesellschaft erweitertes IGF. In welche Richtung die aktuellen Diskussionen aber führen, bleibt weiter abzuwarten.