Der nächste Fussball-Weltmeister wird 2014 in Brasilien ausgespielt, und auch die Zukunft des Internets könnte sich im kommenden Jahr am Zuckerhut entscheiden: auf Betreiben von ICANN-Präsident Fadi Chehadé soll das Multi-Stakeholder“-Modell dort den Durchbruch schaffen.
Erst kürzlich hatte Chehadé anlässlich der newdomains.org-Konferenz in München angemahnt, dass ICANN unter gewaltigen Druck geraten werde, wenn es nicht gelingt, ein Gerüst für ein Multistakeholder-Modell zur Internetverwaltung zu etablieren. In Buenos Aires hat er diese Forderung beim 48. ICANN-Meeting nun konkretisiert: vor mehr als 1.700 Teilnehmern wies er darauf hin, dass sich das Internet im Jahr 2013 immer größer, immer schneller und immer globaler entwickelt. Doch die Verwaltung des Internets halte mit dieser Geschwindigkeit nicht Schritt; die «Internet Governance« werde zusehend löchrig, da sich Themen wie Cybersicherheit und Datenschutz auftun, die von keiner Organisation angesprochen werden, obwohl sie jeden Internetnutzer und jedes Mitglied der Internet-Community betreffen. Es sei daher dringend an der Zeit, die Selbstverwaltung des Internets durch das Multistakeholder-Modell zu stärken; sollte das nicht gelingen, würden staatlich dominierte, multilaterale Lösungen die Oberhand gewinnen, die das Risiko in sich bergen, das Internet zu fragmentieren.
Das Internet Governance Forum sei nicht der Platz, um Entscheidungen zu treffen. ICANN stehe damit vor neuen Herausforderungen, welche über die eigene Mission hinausgingen. Zusammen mit den Schwesterorganisationen Internet Engineering Task Force (IETF), Internet Architecture Board (IAB), World Wide Web Consortium (W3C), Internet Society (ISOC) und den fünf Regional Internet Registries (RIPE NCC, ARIN, APNIC, LACNIC und AfriNIC) arbeite man daran, die bisherigen Governance-Mechanismen weiterzuentwickeln. Im Anschluss an eine Rede der brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff vor der UN-Generalversammlung habe sich die Gelegenheit ergeben, eine gemeinsame Konferenz zu veranstalten, auf der nach solchen Weiterentwicklungen gesucht werden soll. Sie wird am 23. und 24. April 2014 in Sao-Paulo stattfinden. Im Mittelpunkt steht dabei, die Kooperation zu stärken, in dem Grundsätze festgelegt und regulatorische Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Chehadé betonte zudem, dass er ein starker Verfechter des Multistakeholder-Modells sei. Daher wolle ICANN Teil der „coalition of the willing“ sein. Zugleich unterstrich er seine Absicht, sich von der Bindung an die US-Regierung lösen zu wollen; die US-Aufsicht über die Root Zone scheint er dabei allerdings nicht in Frage zu stellen. Weitere Unterstützung erhofft sich Chehadé von einem neuen ICANN-internen Panel, das sich mit der Zukunft der Internet Governance befasst und am 12. und 13. Dezember 2013 in London tagt.