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US-Regierung prüft Rückgängigmachung der IANA-Transition

Die neue US-Regierung prüft die Möglichkeit, die sogenannte IANA-Transition rückgängig zu machen: auf Betreiben der National Telecommunications and Information Administration (NTIA) wurde eine öffentliche Anhörung gestartet, die das im Herbst 2016 beschlossene Modell der Netzverwaltung in Frage stellt.

Die Worte von Lawrence E. Strickling, dem ehemaligen Vorsitzenden der NTIA, waren nüchtern: »As of October 1, 2016, the IANA functions contract has expired«. Seither liegt die Aufgabe der Koordination und des Managements für das Domain Name System offiziell in den Händen des privaten Sektors, verkörpert durch die Internet-Verwaltung ICANN und verteilt auf verschiedenste Interessensgruppen. Nachdem der neue US-Präsident Donald Trump im Mai 2017 den Juristen David Redl als Nachfolger für Strickling benannt hatte, schien sich an diesem Kurs nichts zu ändern; bei seiner Anhörung vor dem US-Senat betonte Redl vielmehr, das Multistakeholder-Modell zu unterstützen und Versuche von autoritären Regimen, mehr Einfluss auf die Netzverwaltung zu nehmen, unterbinden zu wollen. US-Wirtschaftsminister Wilbur Ross, dem die NTIA untersteht, gab anlässlich seines »nomination hearing« vor dem US-Senat zudem zu Protokoll:

Well, as I understand it, there is no real alternative on the table to the ICANN situation. So, for the moment, there is nothing else to consider. I am not aware that there is a realistic way to do anything about it.

Doch inzwischen scheint sich das Meinungsbild in der US-Regierung geändert zu haben. Am 05. Juni 2018 veröffentlichte das US-Wirtschaftsministerium im Amtsblatt Federal Register (Vol. 83, No. 108) eine »notice of inquiry«, in der man die Öffentlichkeit in einer Reihe von netzpolitischen Fragen um Kommentare und Stellungnahme bittet. Konkret teilt sich die Anfrage in die vier Bereiche »The Free Flow of Information and Jurisdiction«, »Multistakeholder Approach to Internet Governance«, »Privacy and Security« und »Emerging Technologies and Trends«, wobei die Fragen zur Netzverwaltung den breitesten Raum einnehmen. So möchte die NTIA unter anderem wissen:

  • Should the IANA Stewardship Transition be unwound? If yes, why and how? If not, why not?
  • What should be NTIA’s priorities within ICANN and the GAC?
  • What role should multilateral organizations play in internet governance?

In einer begleitenden Pressemitteilung erwähnt die NTIA zudem die Datenschutzgrundverordnung sowie ihre Bemühungen über das Governmental Advisory Committee (GAC), das WHOIS-System in seiner alten Form beibehalten zu wollen. Rechtlich betrachtet stehen die IANA-Transition und die Datenschutzgrundverordnung jedoch in keinem Zusammenhang; selbst wenn also die IANA-Transition rückgängig gemacht würde, müsste ICANN die geänderte Rechtslage in Europa berücksichtigen.

Vorerst sind alle Interessensgruppen aufgerufen, ihre Kommentare an die NTIA zu übermitteln und konkrete Maßnahmen oder Ziele vorzuschlagen, die von der NTIA ergriffen werden sollen. Dazu besteht Gelegenheit bis 2. Juli 2018. Ob, wann und gegebenenfalls welche Schlüsse die US-Regierung ziehen wird, ist aktuell völlig offen. Angesichts der jahrelangen Diskussionen im Vorfeld der IANA-Transition erscheint es ohnehin unwahrscheinlich, dass die Uhr in Sachen Netzverwaltung in kürzester Zeit zurückgedreht wird.

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