Ein sorgloser Umgang mit Nummernblöcken verschärft das Problem knapper Internetadressen: wie die Internet-Verwaltung ICANN in ihrem Blog berichtet, nutzen einige Organisationen IPv4-Adressen, ohne sie offiziell anzumelden.
Auf 600 Millionen schätzte Internet-Pionier Vint Cerf Ende des letzten Jahres die Zahl der noch zu vergebenden IPv4-Adressen, und spätestens Anfang 2010 dürfte auch dieser Restpool aufgebraucht sein. Beschleunigt wird die Austrocknung des Pools an IPv4-Adressen durch einen unfachmännischen Umgang mit den letzten verbliebenen Adressblöcken. Nach den Recherchen von ICANN nutzen einige nicht näher genannte Organisationen die Adressen, ohne sie ordnungsgemäß zuzuteilen und im öffentlichen WHOIS zu erfassen. In vielen Fällen erfolgt die Nutzung zu nichtöffentlichen Zwecken, und bleibt so zunächst unsichtbar; sie werden jedoch entdeckt, wenn diese privaten Teile plötzlich an das öffentliche Netzwerk angeschlossen werden. Im Falle des italienischen Providers Fastweb sorgte dies für einige technische Probleme. Die Blöcke 1, 2, 5, 14, 23, 39, 42, 100, 101, 107, 175 und 176 sind nach den Angaben von ICANN besonders häufig von derartigem inoffiziellen Gebrauch betroffen.
Spricht man mit den Übeltätern, stößt man auf Schweigen, zumal das Bewusstsein um die zunehmende Adressknappheit bisher nicht sonderlich ausgeprägt scheint. Doch das Problem brennt ICANN unter den Nägeln: so hat ICANN-Insider Karl Auerbach bereits vor Jahren berichtet, schon einige „ziemlich heftige“ Angebote für seinen IPv4-Adressblock, der ihm in den Anfangszeiten des Internets zugeteilt wurde, erhalten zu haben. Die Lösung des Problems wäre einfach: das Nachfolgeprotokoll IPv6 steht bereits seit Jahren in den Startlöchern und verspricht, neuen Raum von theoretisch 3,4 x 10 hoch 38 verschiedenen Adressen zu schaffen. Die Bedeutung von IPv6 wird bewusst, wenn man weiss, dass ohne IPv6 das Internet nicht mehr weiter wachsen kann – internetgesteuerte Lichtschaltungen und Heizungen oder Fahrzeuge mit Webzugang wären nicht mehr möglich.
Doch neben den damit verbundenen Kosten in neue Infrastruktur fürchten die Provider unverändert technische Schwierigkeiten. Nach derzeitigem Stand wird es eine Übergangszeit geben müssen, in der beide Protokollversionen laufen; die damit verbundenen technischen Fragen gelten insbesondere im Hinblick auf die Vermeidung von Leistungseinbußen als schwierig. Geht man sie allerdings nicht bald an, könnten die Internetnutzer schon bald auf dem Trockenen sitzen.