IPv4

Die IP-Adressen-Verwaltung für Afrika (AfriNIC) steht wegen eines Rechtsstreits vor dem finanziellen Aus

Der Streit um die letzten IPv4-Adressen droht, sich zur Schicksalsfrage eines Kontinents zu entwickeln: ein Gericht aus Mauritius hat angeordnet, dass die Konten des African Network Information Centre (AfriNIC) einzufrieren sind. Der Geschäftsbetrieb der Vergabestelle ist damit unmittelbar gefährdet.

Fünf Regional Internet Registries (RIRs) kümmern sich weltweit um die Zuteilung von IP-Adressen: Réseaux IP Européens Network Coordination Centre (RIPE NCC) für Europa, den Mittleren Osten und Teile von Zentralasien, American Registry for Internet Numbers (ARIN) in USA, Kanada, Bermuda, den Bahamas und Teilen der Karibik, Asia-Pacific Network Information Centre (APNIC) für die Region Asien und den Pazifik, Latin American and Caribbean Internet Addresses Registry (LACNIC) für Lateinamerika und die Karibik sowie African Network Information Centre (AfriNIC) für Afrika. Die RIRs sitzen damit an der Schnittstelle für eines der derzeit begehrtesten Güter im Internet: IP-Adressen im Format IPv4, denn rund um den Globus gehen diese Adressen aus. In Europa stieg daraufhin seit 2015 die Zahl der RIPE-Mitglieder sprunghaft an, um die Chancen auf eine Zuteilung zu erhöhen. Um von diesem Mangel zu profitieren, hat sich Cloud Innovation Ltd. (CI), eine auf den Seychellen ansässige, aber mit der in Hong Kong ansässigen Larus Ltd. in enger Geschäftsverbindung stehende Unternehmung, auf den Verleih von IPv4-Adressen spezialisiert. Als Mitglied von AfriNIC hat CI etwa 6,2 Mio. IPv4-Adressen bezogen. Im Jahr 2020 fiel AfriNIC bei einer Prüfung jedoch auf, dass die Mehrzahl der IPv4-Adressen vertragswidrig außerhalb der AfriNIC-Region eingesetzt wird; daher drohte man CI den Entzug der IPv4-Adressen an.

Das war der Auslöser für CI, AfriNIC mit zahlreichen Klagen zu überziehen. Darin stellt man die Berechtigung zur Adressentziehung in Abrede und verlangt unter anderem eine finanzielle Kompensation von US$ 1,8 Mrd. Dabei erzielte CI zumindest vorläufig einen Teilerfolg: der Supreme Court of Mauritius bestätigte am 13. Juli 2021, dass die Bankkonten von AfriNIC bei der SBM Bank Ltd (Mauritius) und der Mauritius Commercial Bank bis zu einem Betrag von US$ 50 Mio. vorübergehend eingefroren sind. Damit ist AfriNIC die weitere Geschäftsgrundlage entzogen und der Weiterbetrieb unmittelbar in Gefahr. Auch wenn AfriNIC selbst aufgrund von Vorwürfen der Korruption und Inkompetenz nicht frei von Schuld sein dürfte, ist damit die Stabilität des IP-Adresssystems für ganz Afrika in Gefahr. Um den Kollaps zu verhindern, soll nun der »Joint RIR Stability Fund« angezapft werden. Auf diesem Weg stünden finanzielle Mittel von über US$ 2 Mio. bereit; ARIN hat zudem angekündigt, Personal bereitstellen zu können. Einen Antrag auf Auszahlung hat AfriNIC bisher aber nicht gestellt; warum, ist unklar.

Da ein Ende der juristischen Auseinandersetzungen nicht absehbar ist, könnte auch in diesem Fall das IPv4-Nachfolgeprotokoll IPv6 einen Ausweg bieten. »AFRINIC numbers are a drop in the bucket compared to what Africa will need to develop«, meint etwa Milton Mueller vom Internet Governance Project des Georgia Institute of Technology. »This is a fight over crumbs«. Jedes Drängen bedroht zudem das eigene Geschäftsmodell von CI, da es Afrika zum Umstieg auf IPv6 zwingt. Aber die Zeit spielt für CI, denn der Umstieg dauert selbst in Europa viel länger als von RIPE gewünscht.

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