IPv4

Neue Ideen der EFF, um mehr aus den alten IPv4-Adressen rauszukitzeln

Trotz der offiziell gemeldeten Knappheit an freien IPv4-Adressen schlummert in diesem Namensraum ein Milliardenwert für die Internetnutzer. Das wollen zwei Vertreter der US-Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) ermittelt haben.

Bereits 2019 meldete das RIPE (Réseaux IP Européens Network Coordination Centre), dass der Pool an freien IPv4-Adressen auch in Europa nahezu erschöpft ist. Danach gebe es nur noch »IPv4-Staub«, äußerte sich CEO Axel Pawlik damals gegenüber dem Online-Magazin heise.de. Geht es nach Seth David Schoen und John Gilmore, ist das aber nur ein Teil der Wahrheit. Schoen ist leitender Technologe bei der EFF, Gilmore ein Mitbegründer. Am 09. November 2021 haben sie ein Dokument für ihr »IPv4 Unicast Extensions«-Projekt veröffentlicht, wonach möglicherweise noch hunderte von Millionen neuer IPv4-Adressen zur Verfügung stehen, die einen wirtschaftlichen Wert von mehreren Milliarden US-Dollar schaffen könnten. Schoen und Gilmore wollen dabei jenen Pool an IPv4-Adressen angreifen, der zwischen 1981 und 1986 reserviert wurde, zu einer Zeit also, in der Adressknappheit noch kein Problem war. Es gibt nur eine kleine Einschränkung: ein zentraler Bestandteil von Betriebssystemen müsste geändert werden.

Nach Angaben von Schoen und Gilmore ist die niedrigste Adresse in jedem Adressblock (also zum Beispiel 93.184.216.0 im Block 93.184.216.0/24) eine »duplicate broadcast address«. Schoen und Gilmore wollen diesen Raum als »ordinary unicast address« reklassifizieren und allein auf diese Weise Millionen freier IPv4-Adressen generieren. Ähnliches schlagen sie auch für die »Class E« oder »Experimental range« an Adressblöcken vor, die ebenfalls für zukünftige Nutzung reserviert sind, ohne dass eine Nutzung absehbar sei. Ferner soll der Adressraum 127/8 von »local loopback to unicast« konvertiert werden. Gert Doering vom Münchner Provider SpaceNet hat diese Adressen gegenüber heise.de als Selbstgespräche beschrieben; so könne man lokale Services laufen lassen, die nicht aus dem Internet erreichbar sein sollen. Geht man davon aus, dass freie IPv4-Adressen derzeit schon Preise von US$ 50,– je Stück erzielen, könnte all dies »billions of dollars of value in the existing Internet« schaffen. Dabei verwahren sich Schoen und Gilmore ausdrücklich dagegen, zu entscheiden, was mit diesen Adressen passiert bzw. wer sie vergeben soll. Darüber sollen wie bisher die zuständigen Organisationen wie IETF, IANA oder ICANN entscheiden.

Bei RIPE sieht man diesen Vorschlag von Schoen und Gilmore kritisch, weil jedes Gerät, das am Netz hängt, die reservierten Bereiche als »speziell« kennt. Daher hätte es Datenverkehr von diesen Bereichen schwer, am Zielort anzukommen, meint etwa Marco Hogewoning. Der finanzielle und personelle Aufwand, den die schwer überschaubaren Anpassungen kosten könnten, sollte besser ins Nachfolger-Protokoll IPv6 gesteckt werden. Doering formuliert es plastisch:

Man kann natürlich auch Pferdekutschen immer weiter perfektionieren, aber irgendwann werden sie trotzdem vom Flugzeug abgelöst…

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