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China verordnet den Umstieg von IPv4 auf IPv6

Während in Europa trotz des leeren Pools an freien IPv4-Adressen der Umstieg auf das Nachfolgeprotokoll IPv6 nach wie vor stockt, schafft China Fakten: auf staatliche Weisung hin sollen Webseiten bis 2025 zu 95 Prozent per IPv6 abrufbar sein.

Seit 2002 verfolgt uns das Thema IPv4 in diesem Newsletter. Damals hatte die Deutsche Telekom AG angekündigt, mit dem IPv4-Nachfolgeprotokoll IPv6 dem Adressmangel im Domain Name System eine Ende zu setzen. 17 Jahre später gab RIPE, als Regional Internet Registry für Europa zuständig für die Verteilung von Adressblöcken, am 25. November 2019 um 15.35 Uhr die Vergabe der letzten IPv4-Adressen bekannt und führte unter anderem eine Warteliste ein; sie bedient aber nur einen Pool an IPv4-Adressblöcken, die beispielsweise von insolventen Unternehmen stammen oder zurückgegeben wurden. Parallel sind Unternehmen und Organisationen aufgerufen, ihren Anteil zum Umstieg auf IPv6 beizutragen. China hält von derartigen Aufrufen hingegen wenig. Nach einem Bericht des Online-Magazins heise.de müssen Mobilfunknetzbetreiber auf staatliche Weisung hin ihren IPv6-Verkehrsanteil bis Ende 2023 auf 50 Prozent und bis Ende 2025 auf sogar 70 Prozent heben. Auch die Anbieter von staatlichen und großen kommerziellen Websites müssen sich sputen: Sie sollen bis 2025 zu 95 Prozent per IPv6 abrufbar sein. Nur fünf Prozent Ausreißer werden toleriert. Insgesamt verordnet das Ministerium 700 Millionen aktive IPv6-Nutzer bis Ende 2023 und 800 Millionen Nutzer bis 2025.

Begründet wird die Weisung mit dem Adressmangel, der China härter zu treffen droht als viele andere Länder. Die Umsetzung aller Pläne für Smart Cities und Internet of Things verschlingen in einem Land mit 1,4 Milliarden Einwohnern mehr Adressblöcke als unter IPv4 vorhanden. Rein freiwillige Aufrufe zur Umrüstung fruchteten kaum, was aber nur kurz stört.

Wir sprechen hier über China, das darf man nicht vergessen. Es scheint, als könnte dort praktisch alles verordnet werden,

zitiert heise .de Marco Hogewoning, Manager Public Policy and Internet Governance bei RIPE. Und der Erfolg scheint einzusetzen, wie es in einem Bericht des Netzbetreibers China Telekom heißt:

Der kommerzielle IPv6-Roll-out wurde besonders beschleunigt, nachdem die chinesische Regierung im November 2017 ihren IPv6 Action Plan startete. Danach wurde der Roll-out auf praktisch alle Teile der Netzinfrastruktur ausgedehnt, einschließlich der Cloud Computing Plattform.

Nach mehr als zwei Jahren sei IPv6 umfassend in der IP-Infrastruktur implementiert. Nach Angaben der South China Morning Post hat man Indien von Platz eins der Zahl der IPv6-Nutzer bereits verdrängt. Wie valide diese Angaben sind, bleibt offen; immerhin: Als in Hongkong erscheinende Zeitung unterliegt sie nicht der Zensur in der Volksrepublik China.

In blinde IPv6-Euphorie sollte man jedoch nicht verfallen: der Umstand, dass mit IPv6 jeder Internetnutzer für jedes einzelne mobile Gerät eine eindeutige Adresse zugeteilt bekommt und somit eine Nachverfolgbarkeit der Internetnutzer durch Tracking und Profilbildung ermöglicht, wirft datenschutzrechtliche Fragen auf, die derzeit weitgehend ungeklärt sind. So genannte »Privacy Extensions« sollen dies zwar verhindern; dabei wird der letzte Teil eines Adressblocks über einen Algorithmus erzeugt, wodurch eine temporäre IPv6-Adresse generiert wird. Da das Präfix aber davon nicht betroffen ist und bestehen bleibt, ist ein Identifikation dennoch unter gewissen Umständen denkbar.

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