IPv6

International Telecommunication Union (ITU) will auf Augenhöhe mit RIRs IP-Adressen verwalten

Kaum beginnt sich das IPv4-Nachfolgeprotokoll IPv6 zu etablieren, fängt auch der Streit um die Nutzung des Adressraums an: beim 76. RIPE-Meeting in Frankreich versuchte einmal mehr die International Telecommunication Union, ihre Macht im Netz zu stärken.

Im Jahr 2002 berichteten wir im domain-recht.de-Newsletter zum ersten Mal über die damaligen Bemühungen der Deutschen Telekom AG, mit dem IPv4-Nachfolgeprotokoll IPv6 der absehbaren Adressnot im Domain Name System eine Ende zu setzen. 16 Jahre später meldet Google, dass inzwischen knapp 25 Prozent der Nutzer per IPv6 auf das Google-Angebot zugreifen. Im »State of the Internet-Report« weist Akamai Technologies, einer der weltweit größten Anbieter für die Auslieferung und Beschleunigung von Online-Anwendungen und -Inhalten, für einzelne Länder sogar Werte von deutlich über 40 Prozent aus, für einzelne Netze wie jene von Verizon Wireless und T-Mobile fast schon unglaubliche über 80 Prozent. Doch die Freude über eine wachsende Verbreitung scheint dem Streit über die Verwaltung des neuen Adressraumes mit 3,4 mal 10 hoch 38 IP-Adressen zu weichen: nachdem die International Telecommunication Union (ITU) im Januar 2018 einen Adressplan zur einheitlichen Nummerierung von IPv6-Subnetzen vorgestellte hatte, folgte beim 76. Meeting des Réseaux IP Européens Network Coordination Centre (RIPE NCC) in Marseille der Konter: nach einem Bericht des Online-Magazins heise.de sei der Vorschlag in den Augen von RIPE voller Fehler, unnötig und sinnlos.

Der Auslöser ist mehr politischer als technischer Natur. Aktuell kümmern sich weltweit fünf Regional Internet Registries (RIRs) um die Zuteilung von IP-Adressen: neben dem für Europa, den Mittleren Osten und Teile von Zentralasien zuständigen RIPE sind dies das American Registry for Internet Numbers (ARIN) in USA, Kanada, Bermuda, den Bahamas und Teilen der Karibik, das Asia-Pacific Network Information Centre (APNIC) für die Region Asien und den Pazifik, die Latin American and Caribbean Internet Addresses Registry (LACNIC) für Lateinamerika und die Karibik sowie das African Network Information Centre (AfriNIC) für Afrika. In diesen Kreis möchte auch die ITU aufgenommen werden und begründet dies damit, dass Entwicklungsländer die ITU im Telekommunikationsbereich viel eher als Anlaufstelle betrachten würden als die RIRs. In vielen Entwicklungsländern sei das fürs Internet der Dinge und Smart Cities notwendige IPv6 noch nicht angekommen. Daher legte die ITU einen eigenen Adressplan vor, der auf einer Subnet-ID aus 16 Bit besteht und beispielsweise Gebäude, Infrastruktur und Subnetze identifiziert. Doch unter anderem das Bundesinnenministerium (BMI) konnte dem nichts abgewinnen; würde das ITU-Schema angenommen und verbindlich, würde das den Adressplan des BMI obsolet machen oder den Adressbedarf sogar noch weiter erhöhen. Verbindliche Entscheidungen wurden nicht getroffen, aber man darf davon ausgehen, dass die Bemühungen der ITU um die Macht im Netz nicht am Ende angekommen sind.

Übrigens ist auch IPv4 noch nicht am Ende: obwohl oder gerade weil die Adressblöcke noch nicht vollständig erschöpft sind, arbeitet RIPE an einem System, das den Erschöpfungsprozess in verlässliche Bahnen leitet. Diskutiert wird unter anderem ein Lotteriesystem oder eine Rückgabe an die IANA (Internet Assigned Numbers Authority), die unter anderem auch das offizielle Verzeichnis der TLD-Registries führt. Auch hier ist eine abschließende Entscheidung noch nicht gefallen.

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