Das Multi-Stakeholder-Modell der Internet-Verwaltung steht mit der vollendeten IANA-Transition nicht am Ende, sondern erst an seinem Anfang. Das betonte Lawrence E. Strickling von der National Telecommunications and Information Administration (NTIA) anlässlich eines Vorbereitungstreffens zum Internet Governance Forum in London.
Rund zwei Monate sind vergangen, seit mit Ablauf des 30. September 2016 die Oberaufsicht der USA über das Domain Name System (DNS) geendet hat. Doch die Arbeit hat erst begonnen. Zur Vorbereitung des kommenden globalen Internet Governance Forum (IGF), das im Dezember 2016 im mexikanischen Guadalajara stattfindet, nutzte Strickling das britische IGF-Treffen vom 17. November 2016, um den Standpunkt der USA zu verdeutlichen. Mit Hilfe aller Stakeholder habe man mit der IANA-Transition das über 20 Jahre alte Versprechen der USA gehalten, das Domain Name System zu privatisieren. Es sei jedoch wichtig, diesen historischen Moment im Kontext der Entwicklung des Multi-Stakeholder-Modells richtig einzuordnen.
Nach Ansicht von Strickling könne man enorm stolz auf das bisher Erreichte sein. Es gäbe aber noch viel Arbeit. Dazu gehöre insbesondere, dass die Community ICANN künftig an die übernommenen Verpflichtungen erinnere und zur Rechenschaft ziehe. Zudem müsse man darüber nachdenken, wie man das Multi-Stakeholder-Modell verbessern und erweitern könne, um andere Herausforderungen von »Internet policies« anpacken zu können. Der »Top-Down«-Ansatz hätte im Internet kaum je funktioniert. Daher müsse man sich fragen, ob das Multi-Stakeholder-Modell auch geeignet sei, um damit andere Probleme des Internets zu lösen, wie etwa Datenschutz, die Suche nach den Schwachstellen in Software oder künstliche Intelligenz. Das könne aber nur gelingen, wenn man Offenheit und Transparenz praktiziere, und eine Umgebung des Vertrauens schaffe. Als Vorbild lobte Strickling die Internet Engineering Task Force (IETF), die es geschafft habe, sich in organischer Weise und ohne Einfluss von Regierungen Legitimität zu erarbeiten; als negatives Beispiel bezeichnete er dagegen die NetMundial-Initiative, der es an Unterstützung von Schlüsselspielern der Community gemangelt habe.
Strickling warnte zugleich davor, dass der Multi-Stakeholder-Ansatz nicht allen Interessen gerecht werde. So seien etwa die USA nach Verabschiedung des nTLD-Programms von Dritten, die mit dem Ergebnis nicht zufrieden waren, um ein Einschreiten gebeten worden. Ein solches hätte jedoch alle Bemühungen untergraben, weshalb man davon abgesehen habe. Derartige Angriffe könne man nur verhindern, wenn man noch mehr Möglichkeiten der Einflussnahme aller Interessensgruppen schaffe. Wer nur eine Botschaft aus seiner Rede mitnehmen wolle, dann gelte es, auf dem bisher Erreichten aufzubauen und das Multi-Stakeholder-Modell in die Welt zu tragen. Das klingt, als wäre der erste Vorsatz für 2017 schon gefunden.