ICANN

Chehade treibt nTLD-Programm voran

Die Internet-Verwaltung ICANN arbeitet mit Hochdruck an der Umsetzung des Programms zur Einführung neuer Top Level Domains. Fehler will man nicht ausschließen, aber eine Verschiebung vermeiden. Dabei sorgt der Schutz von Kennzeichenrechten erneut für Diskussion.

»Honestly, if it was up to me, I would delay the whole release of new gTLDs by at least a year.« – diese Worte, gefallen anlässlich eines regionalen ICANN-Meetings am 25. Januar 2013 in Amsterdam, dürften dem neuen ICANN-CEO Fadi Chehade noch mehrmals vorgehalten werden. Allerdings betonte er zugleich, dass es dazu nicht kommen werde. Offen wie selten ein ICANN-CEO zuvor räumte er bildhaft ein, dass die Arbeit an Prozessen und Werkzeugen praktisch andaure, während das »Fahrzeug« schon mit hoher Geschwindigkeit läuft. Man habe einerseits Leute, die sechs Jahre am Bewerberhandbuch geschrieben hätten; jetzt verlange man von Ingenieuren, Programmierern, Zulieferern und hunderten anderen Leuten, dass sie das gesamte nTLD-Programm in sechs Monaten zum Laufen brächten. Erich Clementi, Senior Vice President bei IBM, habe ihn deswegen wörtlich gefragt, ob er verrückt sei. Man arbeite in allen Bereichen so schnell wie nur irgend möglich. Er wolle das nTLD-Programm auf keinen Fall verschieben, aber eigentlich sage ihm sein Verstand: »Stopp«. Dennoch werde es hierzu nicht kommen; er bat lediglich um etwas Geduld und Nachsicht.

Die meiste und juristisch heikelste Arbeit dürfte auf ICANN im Zusammenhang mit dem Trademark Clearinghouse (TMCH) zukommen. Im November 2012 war es der Interessengruppe der Kennzeichenrechteinhaber gelungen, erhebliche Zugeständnisse herauszuverhandeln. Die so genannte »Strawman Solution« sieht unter anderem einen Warnhinweis 30 Tage vor Beginn der Sunrise Period einer jeden neuen Top Level Domain, die Ausdehnung des »Trademark Claims Service« in der »Claims 1« genannten Phase von 60 auf 90 Tage sowie eine »Claims 2« genannte Periode von zusätzlichen sechs bis zwölf Monaten je neuer Domain-Endung vor. In jeder »Claims«-Phase erhält der Anmelder einer Domain die Nachricht, dass die gewünschte Zeichenkette mit einem Eintrag im TMCH identisch ist; er kann dann auf eigenes Risiko mit der Anmeldung fortfahren. Während Markeninhaber diese Pläne begrüssen und, wie etwa Lego, argumentierten, dass der Schutz noch nicht weit genug ginge, lehnt etwa die New TLD Applicant Group neue Schutzregeln ab, da sie nur zu zusätzlichen Kosten führen und das Verfahren noch komplexer machen.

Ob ICANN die »Strawman Solutionq umsetzt oder nicht, ist derzeit noch offen; noch bis zum 5. Februar 2013 hat die Community Gelegenheit, zu diesem Plan Stellung zu nehmen. Bisher haben unter anderem Facebook, HSBC, Intel, DuPont, Microsoft, Adobe, Coca Cola, Time Warner und Nestlé von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Offenbar nimmt man dort die Pläne von ICANN sehr ernst.

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