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Im Streit mit Namecheap über eine Gebührendeckelung für .org-Domains liefert ICANN sich eine PR-Panne

Die Internet-Verwaltung ICANN hat sich im Rechtsstreit mit dem Registrar Namecheap um den Entfall von Gebührendeckelungen für generische TLDs eine PR-Panne erlaubt: ein Registrar sei von Preiserhöhungen nicht betroffen, weil letztlich die Domain-Inhaber die Suppe auslöffeln müssen.

Seit Februar 2020 streitet der in Phoenix (US-Bundesstaat Arizona) ansässige Registrar Namecheap, einer der drei größten Registrare der Welt, im Rahmen eines »Independent Review Process« (IRP) mit ICANN um so genannte »price caps«, also Gebührengrenzen bei den drei generischen Top Level Domains .org, .info und .biz. Am 18. März 2019 hatte ICANN angekündigt, den am 30. Juni 2019 auslaufenden Registry-Vertrag für .org mit der Verwalterin Public Interest Registry (PIR) mit Änderungen verlängern zu wollen. So musste PIR unter anderem die Streitschlichtungsverfahren Uniform Rapid Suspension (URS) übernehmen. Die für die Praxis wichtigste Änderung steckt in Section 2.10; demnach ist die bisher geltende Gebührendeckelung entfallen, so dass PIR die Gebühren für eine Neuregistrierung oder eine Verlängerung von .org-Domains frei festsetzen kann. Eine Erhöhung müsste nur rechtzeitig angekündigt werden. ICANN will damit den Registry-Vertrag für .org den Verträgen für alle neu eingeführten Top Level Domains anpassen. Zur Begründung verwies ICANN unter anderem auf das Ziel der Gleichbehandlung und die »Reife« des Domain-Markts. Ähnliche Änderungen folgten sodann für .biz und .info. Das wollte Namecheap nicht hinnehmen; vor allem bei .org hätten viele gemeinnützige Organisationen mit überschaubaren Budgets auf faire Gebühren gesetzt. Daher hat man beim International Centre for Dispute Resolution (ICDR) ein IRP-Verfahren gegen ICANN eingeleitet, um diese Gebührendeckelung wieder einzuführen.

Vor wenigen Tagen hat ICANN nun die Website zu diesem Schiedsverfahren aktualisiert und sich damit wohl selbst keinen Gefallen getan. In einem Schriftsatz vom 14. Januar 2022 sprechen die ICANN-Anwälte Namecheap das »standing« ab. Gemeint ist damit die fehlende Betroffenheit von Namecheap in eigenen Rechten. Namecheap fehle es laut ICANN an der Verfolgung schutzwürdiger eigener Interessen, denn eine Gebührenerhöhung treffe nicht den Registrar, sondern die Domain-Inhaber:

rational economic theory predicts that if wholesale registry prices increased, Namecheap would pass on any price increases to its customers.

Namecheap müsse sich dem Wettbewerb mit über 2.500 anderen, von ICANN akkreditierten Registraren stellen und habe keine signifikante Marktmacht. Ohne Marktmacht erwirtschafte man bei Namecheap aber auch keine überdurchschnittlichen Gewinne, sondern sei gezwungen, erhöhte Gebühren an die Domain-Inhaber durchzureichen. Daher könne man durch den Wegfall der Gebührendeckelung nicht, jedenfalls nicht erheblich betroffen sein – die Zeche zahlt der Domain-Inhaber. Zudem sei ICANN gar nicht in der Lage, einseitig marktgerechte Gebühren festzusetzen. Dass es bei .com solche »price caps« gibt, ficht ICANN nicht an, da so indirekt Einfluss auf die Gebührenhöhe bei anderen TLDs ausgeübt werde.

Ob man mit diesen Argumenten auch die Community überzeugt, ist zu bezweifeln. Ebenso offen ist aber, ob ICANN damit beim ICDR Gehör findet. Ein Ende des IRP-Verfahrens zeichnet sich aktuell noch nicht ab. Mitte März 2022 ordnete das Schiedsgericht an, dass ICANN den Carlton-Report aus dem Jahr 2019 an Namecheap herausrücken muss. Ein Termin für die Urteilsverkündung liegt also noch ein gutes Stück entfernt.

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