Die Anspruchsgrundlagen Teil 4.2: Die Schutzschrift

Nach einer Abmahnung droht immer auch, wenn man sich ihr nicht beugt oder nicht auf sie reagiert, eine einstweilige Verfügung. Diese einstweilige Verfügung wird in der Regel ohne mündliche Verhandlung ergehen, ja ohne, dass der Betroffene, gegen den Sie ergeht, dies weiss.

Während die zuvor besprochene negative Feststellungsklage ein Angriffsmittel gegen eine Abmahnung darstellt, gibt es gegen die einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung die Möglichkeit, eine Schutzschrift zu verfassen und an das oder die zuständigen Gerichte zu schicken.

Diese Schutzschrift ist im Gesetz nicht geregelt. Sie ist letztlich auch kein sehr probates Mittel, denn sie sorgt allererst dafür, dass man von einer einstweilige Verfügung nicht überrumpelt wird. Richtig abgefasst wird ein Gericht nicht umhin können, aufgrund der Schutzschrift eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Im besten Falle ergeht dann sogar die einstweilige Verfügung nicht.

Voraussetzung für die erfolgreiche Schutzschrift ist zunächst, dass man sie dem zuständigen Gericht zukommen lässt. Denn nur wenn das Gericht, bei dem die spätere einstweilige Verfügung beantragt wird, die Schutzschrift vorliegen hat, kann es sie berücksichtigen und entfaltet sie auch Wirkung. Bei Domain-Streitigkeiten wird das zu einem Problem. Denn in der Regel ist für diese Streitigkeiten kein bestimmtes örtliches Gericht zuständig. Im Grunde kann die einstweilige Verfügung bei jedem Landgericht erhoben werden, da in den Fällen einer Domainstreitigkeit in der Regel der fliegende Gerichtsstand gilt. Das beruht grobgesagt darauf, dass die verletzende Handlung überall dort begegnet, wo man die Internetseite mit dem Kennzeichenrechte verletzenden Domain-Namen abrufen kann.

Der Verfasser der Schutzschrift, muss sie gegebenenfalls bei allen Landgerichten einreichen, weil alle Landgerichte als Klagegericht in Frage kommen. Bei gut 110 Landgerichten in Deutschland wäre das ein wenig zu aufwendig. Aber man kann die Verteilung der Schutzschrift eingrenzen auf die wichtigsten und wahrscheinlichsten Landgerichte wie etwa Köln, München I, Frankfurt, Hamburg sowie einige andere, die sich in größeren Städten befinden und bereits Domainrechtsentscheidungen getroffen haben. Und man wendet sich natürlich an die Landgerichte, in dessen Bezirk der Anspruchsteller und sein Anwalt ihren Sitz haben.

Beim Verfassen der Schutzschrift ist darauf zu achten, dass die verschiedenen Gerichte unterschiedliche Anforderungen an den Inhalt der Schutzschrift stellen. So fordern einige Gerichte für die Berücksichtigung der Schutzschrift einen Hinweis wie „Die Antragsgegnerin ist damit einverstanden, dass diese Schutzschrift der Antragstellerin zugänglich gemacht wird, wenn diese einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung stellt.“

Weiter ist bei der Schutzschrift darauf zu achten, dass sie nicht lediglich Rechtsausführungen enthält, die nicht zur Unschlüssigkeit des Verfügungsantrags führen, also den Anspruch des Antragstellers nicht zu Fall bringen. Denn dann wird wohl kaum mit der Anberaumung eines Verhandlungstermins zu rechnen sein. Die Schutzschrift muss glaubhaft gemachte Tatsachenbehauptungen enthalten, die der Version des Verletzten, die man aus dem Abmahnungsschreiben kennt, widersprechen. Nur dann wird auch ein Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt werden. Denn alleine in diesem Fall kommt das Gericht nicht umhin, sich in der mündlichen Verhandlung ein Bild davon machen zu müssen, wessen Sachverhaltsangaben zutreffend sind, die des Antragstellers oder die des Antragsgegners und Schutzschriftverfassers.

Je nach Sachverhalt führt die Schutzschrift dazu, dass sich die Entscheidung über den Antrag der einstweiligen Verfügung um Tage oder gar Wochen verzögert. Im Glücksfalle verschiebt sich der Erlass der einstweiligen Verfügung um Monate. Damit ist zu rechnen, wenn die Verfügung vom Landgericht zurückgewiesen wird und in zweiter Instanz das Oberlandgericht nach ebenfalls mündlicher Verhandlung dann doch noch die einstweilige Verfügung erläßt. Ideal wäre es, wenn aufgrund der Schutzschrift überhaupt keine einstweilige Verfügung ergehen würde. Dann muss der Antragsteller der einstweiligen Verfügung aber recht ordentlich mit seiner Sicht der Dinge daneben liegen.

In jedem falle läßt sich mit der Schutzschrift die Durchsetzung des Anspruchs aus der einstweiligen Verfügung verzögern, sehr zum Leidwesen des Anspruchstellers. Ob dieses Umstands stellt sich mancher in seinen Rechten Verletzte die Frage, ob er überhaupt erst eine Abmahnung versuchen soll und nicht lieber gleich eine einstweilige Verfügung herbeiführt, ohne den Gegner durch eine Abmahnung wachzurütteln. Dann trägt der Antragsteller zwar das Kostenrisiko im einstweiligen Verfügungsverfahren (wenn die Gegenpartei den Anspruch sofort anerkennt, hat der Antragsteller die Kosten zu tragen), aber gelangt schneller zum Ziel.

Das alles, Schutzschrift, negative Feststellungsklage bzw. auf der anderen Seite, Abmahnung oder gleich einstweilige Verfügung, will zuvor in gebotener Ruhe abgewogen werden. Und zwar zusammen mit dem Fachmann für solche Rechts- und Handlungsfragen, dem spezialisierten Anwalt.

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