EuGH

Wien auch für .de-Domains zuständig

Der EuGH veröffentlichte dieser Tage seine Entscheidung über die Anfrage des Handelsgerichts Wien (Österreich) nach der Zuständigkeit in einem Streit über urheberrechtswidrig veröffentlichte Bilder, die ein Unternehmen mit Sitz in Deutschland unberechtigt auf seiner Website online gestellt hatte.

Klägerin ist die professionelle Wiener Architektur-Fotografin Pez Hejduk, deren Lichtbilder zum architektonischen Werk des Architekten Georg W. Reinberg bei einer Tagung in den Räumen der Beklagten im September 2004 nach Vereinbarung zwischen Architekt und Fotografin genutzt wurden. Die Beklagte, die Düsseldorfer EnergieAgentur.NRW GmbH, nutzte diese Lichtbilder später für und auf ihrer Webseite, jedoch ohne zuvor die Zustimmung der Klägerin einzuholen. Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte verletze mit der Nutzung der Bilder ihre Urheberrechte. Sie erhob Klage beim Handelsgericht in Wien und verlangte Schadensersatz von EUR 4.050,– sowie die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung auf Kosten der Beklagten. Die hingegen wendet ein, dass das Handelsgericht Wien gar nicht zuständig ist, da ihre Website nicht auf Österreich ausgerichtet sei und deren bloße Abrufbarkeit in diesem Mitgliedsstaat nicht ausreiche, um die Zuständigkeit dieses Gerichts zu begründen. Aufgrund dieses Einwandes unterbrach das Handelsgericht Wien den Prozess und legte dem EuGH die Frage vor, ob nur das Gericht am Ort der Niederlassung des Verletzers zuständig sowie ob maßgebend ist, auf welchen Mitgliedsstaat die Inhalte der Website ausgerichtet sind (Handelsgericht Wien, Vorabentscheidungsersuchen vom 03.07.2013).

Der EuGH kam zum Ergebnis, dass durchaus das Gericht am Ort des Geschädigten zuständig sein kann, allerdings auch nur für Schäden, die im Hoheitsgebiet des Mitgliedsstaats entstanden sind (EuGH, Urteil vom 22.01.2015, Az. C-441/13). Maßgebend dafür ist Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001, der regelt, dass der Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, entscheidend sei. Nach ständiger Rechtsprechung meint das sowohl den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs als auch den Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens. Der Beklagte kann demnach vor dem Gericht eines dieser beiden Orte verklagt werden. Urheberrechte, wie sie hier die Klägerin geltend macht, unterliegen dabei dem Territorialprinzip, weswegen sie in jedem Mitgliedsstaat der EU nach dem dort anwendbaren Rechte verletzt werden können. Ursache für die Rechtsverletzung in diesem Fall ist laut EuGH der technische Vorgang, aufgrund dessen – ohne Zustimmung der Urheberin – die Beklagte die Lichtbilder auf ihrer Website veröffentlichte. Der Inhaber der Website ist somit verantwortlich für die Rechtsverletzung und eigentlich läge damit die Zuständigkeit am Sitz der Beklagten. Doch komme es, so der EuGH, bei der Zuständigkeit des Gerichts nicht auf das ursächliche Geschehen an, auf dem der Schaden beruht. Der EuGH stellt vielmehr fest, dass als Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit des Handelsgerichts Wien die Verwirklichung des Schadenserfolges ausreicht, soweit das Recht in dem Mitgliedsstaat geschützt ist. Die Urheberrechte der Klägerin sind unstreitig in Österreich geschützt. Die Beklagte hält jedoch entgegen, die Website mit den urheberrechtsverletzenden Bildern unter der .de-Domain sei nicht auf Österreich ausgerichtet. Doch darauf kommt es nach Ansicht des EuGH nicht an; entscheidend sei, dass die rechtsverletzenden Bilder in Österreich zugänglich seien. Mithin beantwortet der EuGH die Vorlagefrage dahin,

dass im Fall der Geltendmachung einer Verletzung von Urheber‑ und verwandten Schutzrechten, die vom Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts gewährleistet werden, dieses Gericht in Anknüpfung an den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs für eine Klage auf Schadensersatz wegen Verletzung dieser Rechte durch die Veröffentlichung von geschützten Lichtbildern auf einer in seinem Bezirk zugänglichen Website zuständig ist. Dieses Gericht ist nur für die Entscheidung über den Schaden zuständig, der im Hoheitsgebiet des Mitgliedsstaats verursacht worden ist, zu dem es gehört.

Das EuGH legt damit eine elegante und verständliche Beurteilung der Sach- und Rechtslage vor. Allerdings war auch kaum etwas anderes zu erwarten, bei der Konstellation. Ein Urteil, das Klarheit schafft, wo vorher eigentlich nicht so viel Unklarheit zu finden war.

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