Hin und wieder hört man im Zusammenhang mit Domain-Streitigkeiten, dass eine negative Feststellungsklage erhoben wurde. Was es damit auf sich hat, erfahren Sie hier.
Nachdem wir bereits einige Angriffsmittel des in seinen Rechten verletzten Kennzeichen-Inhabers dargestellt haben, werfen wir einen kurzen Blick auf den mit einer Abmahnung überzogenen Domain-Inhaber.
Nicht alle Angriffe von Kennzeichen-Inhabern oder vermeintlichen rechtliche Besserstehenden, haben das bessere Recht. Dass jemand abmahnt, heißt nicht, er hat Recht.
Um sich gegen solche Angriffe zu wehren gibt es die Möglichkeit der negativen Feststellungsklage. Der Name dieser Klage spricht für sich: Es wird etwas festgestellt, nämlich dass der vom Gegner behauptete Anspruch nicht (darum „negative“) besteht.
Wie sieht diese Klage aus?
Wer eine Feststellungsklage erheben will, braucht ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung. Dieses Feststellungsinteresse muss der Betroffene dem Gericht positiv darlegen.
Dieses Feststellungsinteresse und damit die Berechtigung zur Klage ergibt sich nach einer Abmahnung aus dem Umstand, dass der Gegner sich im Rahmen der Abmahnung eines ihm tatsächlich nicht zustehenden Rechtes berühmt. Der Abgemahnte muss nicht erst den Abmahnenden seinerseits abmahnen, um zur Klage berechtigt zu sein. Er kann sie unmittelbar erheben.
Ist man so mit der Klage über die Hürde ihrer Zulässigkeit gekommen, sind die Anforderungen nicht sehr hoch, aber auch sie wollen erfüllt sein.
Die Klage muss sachlich begründet sein. Das ist sie bereits, wenn die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts dargetan wird. Hierbei reicht eine nur ungewisse Möglichkeit nicht aus, die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu manifestieren. Allerdings muss nicht die Gewissheit des Schadenseintritts gegeben sein, es reicht aus, wenn der Schaden nach den Erfahrungen des Lebens mit einiger Sicherheit zu erwarten ist.
Ziel der negativen Feststellungsklage ist nicht wie bei § 14 Abs. 6 MarkenG eine spätere Durchsetzung eines Schadensersatzanspruchs. Darum fehlt es bei der negativen Feststellungsklage an der Voraussetzung eines genau bezifferten Schadens. Man will vorrangig den Abmahnenden zum Schweigen bringen.
Aus diesem Grunde sind die Anforderungen in der negativen Feststellungsklage zur Frage des Schadens geringer als bei § 14 Abs. 6 MarkenG.
Problematisch wird der Ausgang einer negativen Feststellungsklage, wenn der Abmahnende mögliche Rechte an dem Kennzeichen tatsächlich hat und seine Abmahnung nicht gänzlich aus der Luft gegriffen ist.
Bestes Beispiel für eine negative Feststellungsklage im Domain-Recht ist der Streit um die Domain „rechtsanwaelte.de“ (LG München vom 16.11.2000, Az. 7 O 5570/00), die allerdings nicht auf einer Kennzeichenverletzung aufbaut, sondern auf einem Wettbewerbsverstoss.
Eine Rechtsanwaltkanzlei hatte sich 1995 die Domain „rechtsanwaelte.de“ registriert. Eine konkurrierende Anwaltskanzlei hatte mit einem Schreiben vom März 2000 die Domain-Inhaberin abgemahnt und aufgefordert, die Domain nicht für den rechtsgeschäftlichen Verkehr zu nutzen.
Gegen diese Abmahnung erhob die Domain-Inhaberin eine negative Feststellungsklage.
Zur Frage der Zulässigkeit stellte das LG München fest: „Ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO kann den Klägern nicht abgesprochen werden. Die Beklagten haben die Kläger abgemahnt und sich dabei eines Unterlassungsanspruches berühmt. “
Allerdings sah das Gericht die negative Feststellungsklage nicht als begründet an. Es sah in der Nutzung der Domain „rechtsanwaelte.de“ durch die Kläger ohne unterscheidungskräftige Zusätze stellt eine wettbewerbswidrige Behinderung des Leistungswettbewerbes im Sinne von § 1 UWG zu Lasten der abmahnenden Partei.
Dabei berief sich das Gericht auf die Rechtsprechung zur Kanalisierung von Kundenströmen, welche das hOLG Hamburg mit seiner Entscheidung „mitwohnzentrale.de“ begründet hatte. Dass diese Rechtsprechung so nicht haltbar ist, hatte ein halbes Jahr nach der rechtsanwaelte.de-Entscheidung der BGH bezüglich der Domain „mitwohnzentrale.de“ deutlich gemacht. Im Hinblick darauf hätte das LG München nun anders zu entscheiden.
Allerdings wies das Gericht die negative Feststellungsklage auch deshalb zurück, da es in der Werbung durch die Nutzung des Domain-Namens „rechtsanwaelte.de“ einen Verstoss gegen die Regeln zur Werbung von Rechtsanwälten, die in der Berufsordnung niedergelegt sind, sah. Auch bezüglich dieser Gründe ist die Entscheidung des LG München zweifelhaft. Aber das ist hier nicht die Frage.
Das Beispiel zeigt, das eine negative Feststellungsklage, auch wenn die Anforderung auf den ersten Blick nicht so hoch sind, auch erfolglos bleiben kann. — Übrigens dürfte sich der Rechtsstreit zur Zeit noch in der zweiten Instanz befinden.
Risiken der negativen Feststellungsklage
Zu Beginn wurde darauf hingewiesen, dass der Abgemahnte sogleich die negative Feststellungsklage erheben könne, ohne seinerseits den Abmahnenden abzumahnen. Dieser effiziente Umstand kann jedoch dazu führen, dass der Kläger, obgleich er in seiner negativen Feststellungsklage recht bekommt, die Kosten des Verfahrens tragen muss.
Das ist der Fall, wenn der beklagte Abmahner den Feststellungsanspruch sofort anerkennt. In § 93 der Zivilprozeßordnung (ZPO) heißt es „Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozeßkosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt. “
Angesichts dessen ist man allenthalben der Auffassung, der Abgemahnte müsse seinerseits den Abmahnenden abmahnen und ihn so auf seinen (vermeintlichen) Irrtum hinweisen. Andernfalls hat er die Kosten der negativen Feststellungsklage bei sofortiger Anerkennung zu tragen.
Eine weitere Blüte ergibt sich aus der Rechtsprechung des BGH, der in seiner sogenannten „Funny Paper“-Entscheidung die Ansicht vertrat, die ursprüngliche Abmahnung müsse ernsthaft gewesen sein und es dürfe keine Zweifel an ihrer Ernsthaftigkeit bestehen. Andernfalls bestehe kein Feststellungsinteresse und die negative Feststellungsklage sei nicht zulässig. Was wiederum zu Folge hat, dass der abgemahnte Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen hätte.
In beiden Fällen ist nicht nachvollziehbar, warum der Abgemahnte die Kosten eines Verfahrens tragen soll, zu dem ihn das Verhalten des Abmahnenden genötigt hat. Wer abmahnt wird dies nach Prüfung der Sach- und Rechtslage tun, und wenn nicht, dann trägt er das Risiko seines Säumnisses.
Aber so ist nun mal die Realität der Rechtspraxis.