Im Streit um die Domain capio.app wagte der schwedische Gesundheitskonzern Capio AB ein Suspendierungsverfahren nach der URS, scheiterte aber. Aus Sicht des Examiners kam das Unternehmen seiner Beweislast im Hinblick auf die Bösgläubigkeit des Gegners nicht nach.
Lange haben wir keine Entscheidung nach der Uniform Rapid Suspension (URS) mehr besprochen. Es wird Zeit, sie in Erinnerung zu rufen und wieder auf die Unterschiede zum UDRP-Verfahren hinzuweisen: Die Streitbeilegungsverfahren nach der URS sind schneller und günstiger als die nach der Uniform Domain-Name Dispute-Resolution Policy (UDRP). Dafür verlangt die URS allerdings auch einen »clear cut case«: alles muss einfach und klar sein. Der Beschwerdeführer hat nur eine einzige Gelegenheit und maximal 500 Worte, um darzulegen, dass die Domain identisch oder zum Verwechseln ähnlich ist mit einem Begriff, für den er nach den Vorgaben des Trademark Clearinghouse Schutz genießt, der Inhaber dagegen kein legitimes Interesse oder Recht an der Domain hat und dass sowohl die Registrierung als auch die Nutzung der Domain bösgläubig erfolgt sind. Die Voraussetzungen des URS-Verfahrens sind denen der UDRP sehr ähnlich. Beide Verfahren richten sich an Markeninhaber, das Verfahren nach der UDRP gewährt jedoch etwas größeren Spielraum – und führt zu anderen Ergebnissen. Während die URS lediglich die Suspendierung der Domain bis zum Ende der Registrierungsperiode herbeiführt (was völlig ausreichend sein kann), sorgt die UDRP für eine Löschung oder Übertragung der Domain. War das USR-Verfahren erfolgreich, wird bei Aufruf der Domain lediglich eine Platzhalterseite des Streitbeilegungsanbieters angezeigt. Nach dem Ablauf des Registrierungszeitraums kann die Domain wieder durch Dritte registriert oder die Suspendierung durch den Beschwerdeführer für ein Jahr kostenpflichtig verlängert werden; Inhaber der Domain wird er jedoch nicht.
Die schwedische Capio AB startete das URS-Verfahren um die Domain capio.app am 19. Juli 2024. Als Inhaber der Domain capio.app stellte sich, nachdem der Vorhang des Privacy-Dienstes gelüftet war, die kanadische »ApplyBoard Inc. of Kitchener, ON« heraus. Letztere antwortete auf die Beschwerde am 12. August 2024. Die Entscheidung vom Examiner Charles A. Kuechenmeister erging am 13. August 2024 (Forum Claim Number: FA2407002107022). Das Verfahren dauerte also lediglich 25 Tage. Allerdings war die Beschwerdeführerin nicht erfolgreich. Sie konnte ihre Marken nachweisen und den Anscheinsbeweis erbringen, dass der Gegner kein Recht oder berechtigtes Interesse an der Domain hat; jedoch scheiterte sie am Nachweis der Bösgläubigkeit des Gegners bei Registrierung und Nutzung der Domain, auch wenn die Domain auf eine Pay-per-Click Seite mit Inhalten weiterleitete, die in den Geschäftsbereich der Beschwerdeführerin reichten. Der Gegner hielt entgegen, er habe die Domain registriert mit dem Plan, sie für ein noch aufzubauendes Geschäft zur Erleichterung der Mobilität internationaler Studenten zu nutzen. Von der Parking-Seite habe er nichts gewusst, die habe der Registrar GoDaddy ungefragt eingerichtet. Er habe GoDaddy angewiesen, die Seite zu entfernen.
Kuechenmeister bestätigte in seiner Entscheidung die Marke und dass der Gegner kein Recht oder berechtigtes Interesse an der Domain habe. Die Behauptung des Gegners, mit der Domain ein Geschäft aufbauen zu wollen, das nichts mit der Beschwerdeführerin zu tun hat, habe er allerdings nicht belegt oder näher erklärt. Er habe zudem offengelassen, wie lange er die Domain bereits innehabe. Die Darstellung hinsichtlich der Parking-Seite akzeptierte Kuechenmeister, doch änderte das nichts an der fehlenden Berechtigung. Das Nachsehen hatte die Beschwerdeführerin bei der Prüfung der Bösgläubigkeit des Gegners: Was die Pay-per-Click Seite betreffe, so glaube er den Angaben des Gegners. Es gäbe keine Anhaltspunkte, dass die Marke der Beschwerdeführerin bekannt oder berühmt sei. Der Gegner behaupte nicht, dass er die Beschwerdeführerin und ihre Marke nicht kannte, als er die Domain erwarb, aber gibt an, dass er die Domain in einem Marktsegment zu verwenden beabsichtigt, das sich von dem der Beschwerdeführerin völlig unterscheidet und mit diesem in keiner Beziehung steht. Das zeige, dass der Gegner die Domain nicht mit der Absicht registriert habe, Gewinn mit dem guten Namen der Beschwerdeführerin zu generieren. Die Beschwerdeführerin trage in diesem Punkt die Beweislast, habe aber die erforderliche tatsächliche Gewissheit nicht nachgewiesen. Aus diesem Grunde wies Kuechenmeister die Beschwerde ab.
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