Die österreichische LSG Wahrnehmung von Leistungsschutzrechten Ges.m.b.H. ist vor dem Oberlandesgericht Wien vorläufig mit einem Versuch gescheitert, Netzsperren gegen vier Domains durchzusetzen. Die juristische Auseinandersetzung dauert jedoch an.
Seit sechs Jahren stehen sich die österreichischen Internetprovider und die Musik- bzw. Filmindustrie regelmäßig vor Gericht gegenüber, um über Netzsperren für Domains zu streiten, die zu illegalen Zwecken (meint Filesharing) genutzt werden sollen. Nachdem sich die Provider durch die Instanzen geklagt hatten, entschied der EuGH im 27. März 2014 (Az.: c-314/12), dass nach der unionsrechtlichen Regelung in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29 die Mitgliedsstaaten sicherstellen müssen, dass die Rechteinhaber gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung eines Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte genutzt werden. Dabei sieht der EuGH den Internetprovider als Vermittler im Sinne der Richtlinie an. Folge hieraus ist, dass einem Provider aufgegeben werden kann, den Zugang zu einer die Urheberrechte verletzenden Website zu sperren. Mit Beschluss vom 24. Juni 2014 (Az. 4Ob71/14s) bestätigte sodann auch der OGH innerstaatlich diese Netzsperren.
Im Jahr 2015 soll daraufhin die LSG versucht haben, per einstweiliger Verfügung eine Sperre der für Filesharing-Portale genutzten Domains thepiratebay.se, isohunt.to, h33t.to und 1337x .to durchzusetzen. Die LSG ist eine Verwertungsgesellschaft der Interpreten und der Produzenten von Tonträgern und Musikvideos. Sie nimmt auf Grundlage des österreichischen Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 die Rechte von Künstlern, Musikproduzenten und Musikvideoproduzenten wahr. Die Gesellschaftsanteile werden zu 50% von der Österreichischen Interpretengesellschaft (ÖSTIG) und zu weiteren 50% vom Verband der Österreichischen Musikwirtschaft – IFPI Austria gehalten. Wie der Verband ISPA (Internet Service Providers Austria) mitteilt, blieb die LSG vor Gericht jedoch erfolglos; der OGH hob eine einstweilige Verfügung auf, mit der eine Reihe von Providern zunächst zur Sperre verpflichtet worden waren. Somit steht den Nutzern der Zugang zu diesen Plattformen ab sofort wieder offen.
Das Urteil des OGH ist öffentlich bisher nicht verfügbar; alle derzeit bekannten Informationen gehen auf eine Pressemitteilung der ISPA zurück. Demnach könnte eine Rolle gespielt haben, dass der BGH am 26. November 2015 die Aufhebung der Sperre der Webseiten 3dl.am und goldesel.to beschlossen und dabei unter anderem argumentierte habe, dass die Musikindustrie nachweisen müsse, dass sie zumutbare Nachforschungen über den tatsächlichen Rechteverletzer unternommen habe, bevor sie an die Provider herantreten kann, um Sperren zu fordern. Nach Angaben von Maximilian Schubert, Generalsekretär der ISPA, werden die Provider aktuell unfreiwillig in eine Richterrolle gedrängt, da sie beurteilen müssen, ob eine ausreichende Grundlage für eine Sperre vorliegt oder nicht.
Das Gut der Meinungsfreiheit im Internet dem Gewinnmaximierungsstreben der Verwertungsindustrie zu opfern, lehnt die ISPA in aller Entschiedenheit ab,
so Schubert. Auch wenn der Beschluss »Sperren auf Zuruf« durch die Entscheidung erschwert werden, sind weitere Gerichtsverfahren zu erwarten. Schuberts Befürchtung scheint nicht unbegründet, denn: Bereits wenige Tage nach dem richterlichem Beschluss über die Aufhebung der Sperren traf eine neue Welle an Sperraufforderungen für movie4k.tv, movie.to, movie2k.pe sowie kinox.tv bei zahlreichen Providern ein.