Die Betreiberin eines Online-Kartendienstes sah ihre Rechte durch einen Nutzer verletzt, mit dem sie bereits einen Unterlassungsvertrag geschlossen hatte. Zwei der ehedem missbräuchlich genutzten Karten waren über archive.org für die Seite des Nutzers noch abrufbar. Die Klage auf Zahlung einer Vertragsstrafe scheiterte aber vor dem Landgericht; das Berufungsgericht wies in einem Hinweisbeschluss darauf hin, dass die Sache keinen Erfolg haben werde.
Die Klägerin lizenziert hausnummerngenaue Stadtpläne und Landkarten, und vertreibt diese über ihre Website. Die Beklagte nutzte 17 Kartenausschnitte auf ihrer Website über einen mehrjährigen Zeitraum, um die Lage von Notfalltreffpunkten im Gemeindegebiet zu veranschaulichen. Zum Ausgleich sämtlicher Ansprüche aufgrund dieser Rechtsverletzungen zahlte die Beklagte aufgrund eines Vergleichs vor dem Amtsgericht Charlottenburg einen Betrag von EUR 19.171,50 an die Klägerin und einigte sich mit ihr im Rahmen eines Unterlassungsvertrages darauf, es zu unterlassen,
die nachstehenden insgesamt 17 Kartenausschnitte ohne Zustimmung des Unterlassungsgläubigers zu vervielfältigen und/oder der Öffentlichkeit im Internet zugänglich zu machen, wie unter der URL […].de geschehen.
Danach löschte die Beklagte die Kartenausschnitte vollständig aus ihrem CMS. Allerdings waren zwei Kartenausschnitte noch über das Internetarchiv archive.org abrufbar. Die Klägerin machte unter anderem deshalb Vertragsstrafen gerichtlich geltend. Das angerufene Landgericht (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 19.10.2023 – Az. 19 O 6791/22) wies die auf Unterlassung sowie Zahlung zweier Vertragsstrafen in Höhe von jeweils EUR 4.050,– gerichtete Klage ab. Es meinte, es fehle an einer (erneuten) Verletzungshandlung der öffentlichen Zugänglichmachung im Internet durch die Beklagte. Die Klägerin legte gegen die Entscheidung Berufung ein.
Das zuständige OLG Nürnberg prüfte die Sache eingehend, bestätigte die Auffassung der Vorinstanz und erließ einen Hinweisbeschluss, demnach es die Berufung der Klägerin für unbegründet erachtet (Hinweisbeschluss vom 19.02.2024 – Az. 3 U 2291/23). Nach Ansicht des OLG Nürnberg reicht die Verpflichtung aus einem Unterwerfungsvertrag, urheberrechtlich geschützte Werke nicht der Öffentlichkeit im Internet zugänglich zu machen, grundsätzlich nicht weiter als die sich aus § 19a, § 15 Abs. 2 UrhG ergebenden gesetzlichen Vorgaben. Die Beklagte habe hier alles Notwendige gemacht, um das Werk der Klägerin nicht öffentlich zugänglich zu machen. Im Hinblick auf archive.org und dessen »Waybackmachine« hat der Beklagte einerseits die Institution gebeten, die Karten in den gespeicherten Daten ihrer archivierten Website zu löschen. Andererseits könne bei archive.org nicht von einem öffentlichen Zugänglichmachen im Sinne des Urheberrechtes die Rede sein. Es fehlt dabei an der vorsätzlichen öffentlichen Wiedergabe durch die Handlung der Beklagten. Das Werk sei im Falle archive.org zwar abstrakt weiterhin im Internet für eine Öffentlichkeit zugänglich, doch das genügt nicht. Die Beklagte habe da keine Kontrolle über die Bereithaltung der Kartenausschnitte, sie befinden sich außerhalb ihrer Zugriffssphäre. Zudem verschafft sie dort nicht absichtlich und gezielt Dritten einen Zugang zu den Kartenabschnitten, geschweige denn zu irgendwelchen Erwerbszwecken. Schon die Veröffentlichung der Kartenabschnitte auf der eigenen Seite diente keinen Erwerbszwecken. Zudem kann archive.org durch die üblichen Suchmaschinen nicht durchsucht werden und es greifen nur wenige Nutzer auf das Angebot zu, das dazu dient, Forschern, Historikern, Wissenschaftlern und allen weiteren Interessierten einen permanenten Zugang insbesondere zu nicht mehr vorhandenen Webseiten zu bieten. Was den Unterlassungsvertrag betrifft, so könne der in diesem Fall nicht weiter gefasst werden als die sich aus § 19a, § 15 Abs. 2 UrhG ergebenden gesetzlichen Handlungspflichten.
Das OLG Nürnberg machte weitere Ausführungen zu anderen Vorwürfen, wie bei einer Internetsuche nach gezielten, von der Beklagten zuvor genutzten Begriffen, die definierte Links zur Website der Beklagten listeten. Dabei fehlte es aber an der Wiedergabe der Kartenausschnitte selbst, und die Klägerin lieferte zudem keine Nachweise dafür, dass die Kartenausschnitte bei der Beklagten noch abrufbar waren. Das OLG Nürnberg erteilte als Berufungsgericht in seinem Hinweisbeschluss der Klägerin eine Absage wegen fehlender Aussicht auf Erfolg. Als Hinweisbeschluss erging die Entscheidung, um die Kosten für die Klägerin gering zu halten.
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