Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil bestätigt, dass es bei der Frage von Urheberrechtsverletzungen nach deutschem Recht im Internet auf einen hinreichenden Inlandsbezug ankommt, bei dessen Beurteilung auch Domain-Endungen ins Kalkül gezogen werden.
Der Streit zwischen einer Unternehmensgruppe, die Bekleidungsstücke herstellt und vertreibt, und der in Deutschland niedergelassenen Beklagten drehte sich um 318 Bilder von Fotomodellen mit Kleidungsstücken sowie Bilder von Kleidungsstücken, die über die Google-Bildersuche unter Verwendung der »Site Search-Funktion« in 386 Fällen als Vorschaubilder abrufbar waren. Die Vorschaubilder leiteten auf Webseiten unter den Endungen .kz für Kasachstan und .ua für Ukraine. Auf diesen Seiten wurden die Vorschaubilder aber nicht mehr angezeigt. Die Texte auf den Webseiten waren in kyrillischer Schrift abgefasst, wobei die Artikelbeschreibungen sowie der Hinweis auf die fehlenden Bilder auf Deutsch abgefasst waren. Bei einer Testbestellung in Kasachstan wurden Artikel von der Beklagten dorthin gesandt. Die Klage der Klägerin auf Unterlassung wurde in erster (LG Hamburg, Urteil vom 16.09.2022, Az.: 310 O 443/20) und zweiter Instanz (hOLG Hamburg, Urteil vom 07.03.2024, Az.: 5 U 101/22) abgewiesen. Sie ging in Revision vor den BGH.
Der BGH wies die Revision der Klägerin zurück und bestätigte die Berufungsentscheidung des hOLG Hamburg (BGH, Urteil vom 05.12.2024, Az.: I ZR 50/24). Das hOLG Hamburg hatte entschieden, dass deutsches Recht anzuwenden sei (Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007, Rom-II-VO), da die Klägerin die Verletzung inländischer Schutzrechte geltend mache. Ihr stünden aber keine Unterlassungsansprüche nach § 97 Abs. 1 Urhebergesetz (UrhG) zu, da es an auf das Inland bezogenen Nutzungshandlungen der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) oder der öffentlichen Wiedergabe (§ 15 Abs. 2 UrhG in Verbindung mit § 15 Abs. 3 Satz 1 UrhG, Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft) fehle. Es gelte das Territorialitätsprinzip, das eine das Kennzeichenrecht verletzende Benutzungshandlung im Inland voraussetzt. Das müsse in einer Gesamtabwägung der Umstände festgestellt werden. Das hOLG Hamburg habe diese Abwägung rechtsfehlerfrei vorgenommen. Bei der Gesamtabwägung können insbesondere Sprache, Präsentation, Kontaktadressen, beworbene Produkte, Top Level Domain, Tätigkeitsbereich des Anbieters, Nutzer, Verkäufe und Geschäftskontakte im Inland, Werbebanner und Links auf fremde Seiten bestimmter nationaler Zuordnung sowie Disclaimer herangezogen werden.
Der BGH machte unter Bezug auf frühere Entscheidungen unter anderem deutlich, dass die bloße Abrufbarkeit im Inland und die Erwägung, dass stets die Möglichkeit besteht, dass nicht-deutschsprachige, im Inland ansässige Interessenten eine ausländische, vorrangig auf den außerdeutschen Markt ausgerichtete Internetseite bevorzugen könnten, noch keinen hinreichenden Inlandsbezug begründet. Bereits die Top Level Domains .kz und .ua indizierten, dass sich die hier in Rede stehenden Internetseiten an Verkehrskreise in Kasachstan beziehungsweise in der Ukraine und nicht in Deutschland richteten. Hinzu kämen die Angaben zur Erreichbarkeit per Telefon und eMail, die jeweils keinen Bezug zu Deutschland hätten. Die Klägerin hatte auch einen Testkauf in Kasachstan vorgenommen und über die entsprechende Internetseite eine Lieferung aus Deutschland erhalten. Doch dass die Beklagte die bestellten Waren aus Deutschland ins Ausland liefere, besage nichts über die Ausrichtung der Internetseiten. Auch die deutschen Sprachreste auf den Internetseiten führten zu keinem relevanten Inlandsbezug. Der BGH handelte weitere Punkte der hOLG-Entscheidung ab und kam schließlich zu dem Ergebnis, dass ein Inlandsbezug nicht vorliege. Er sah schließlich auch keinen Grund, der zu einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV veranlasse. Damit wies der BGH die Revision zurück und erlegte der Klägerin die Kosten auf.
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