BGH

Anschlussinhaber nach Jahren erfolgreich gegen Musikindustrie

Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung die Frage der Haftung des Internetanschlussinhabers bei Urheberrechtsverletzung per Filesharing durch ein volljähriges Familienmitglied geklärt. Der langjährige Rechtsstreit durch viele Instanzen fiel zugunsten des Anschlussinhabers aus.

Klägerinnen sind vier deutsche Tonträgerhersteller, die den Beklagten, einen im Bereich Onlinerecherche und Internetpiraterie tätigen Polizisten, durch Anwaltsschreiben abmahnten, da über seinen Internetanschluss im Juni 2006 3.749 Musikaufnahmen in einer Internettauschbörse zum Herunterladen verfügbar gemacht worden seien. Der Beklagte gab ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Die Zahlung von Schadensersatz und Abmahnkosten wies er aber von sich. Er berief sich darauf, dass sein 20-jähriger Stiefsohn die Musikdateien aufgrund des Tauschbörsenprogramms »BearShare über den Internetanschluss zugänglich gemacht habe. Daraufhin nahmen die Kläger ihre Schadensersatzforderung zwar zurück, machten aber die Abmahnkosten von EUR 3.454,60 beim Landgericht in Köln geltend. Das bestätigte die Forderung und verurteilte den Beklagten zur Zahlung. Der ging in Berufung zum Oberlandesgericht Köln, das sich der Entscheidung der Vorinstanz anschloss und die Revision beim Bundesgerichtshof nicht zuließ (Urteil vom 22.07.2011, Az.: 6 U 208/10). Nun wandte sich der Beklagte an das Bundesverfassungsgericht, welches die Entscheidung des OLG Köln aufhob und das Verfahren zur erneuten Entscheidung an das OLG Köln zurückwies (Beschluss vom 21.03.2012, Az.: 1 BvR 2365/11). Hintergrund dafür war die divergierende obergerichtliche Rechtsprechung und dass die Frage der Haftung in solchen Fällen noch nicht höchstrichterlich entschieden war. Das OLG Köln bestätigte erneut die Entscheidung des Landgericht Köln, gewährte diesmal nun aber Revision (Urteil vom 17.08.2012, Az.: 6 U 208/10), von der der Beklagte Gebrauch machte.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hob nun das Berufungsurteil auf und wies die Klage insgesamt ab (Urteil vom 08.01.2014, Az.: I ZR 169/12). In einer Pressemitteilung (die Urteilsgründe liegen noch nicht vor) teilte der BGH mit, bei dem Überlassen des Internetanschlusses an volljährige Familienangehörige ist zu berücksichtigen, dass die Überlassung durch den Anschlussinhaber auf familiärer Verbundenheit beruht und Volljährige für ihre Handlungen selbst verantwortlich sind. Der BGH stützt sein Urteil auf die Eigenverantwortlichkeit von volljährigen Familienmitgliedern, auf die der Internetanschlussinhaber vertrauen können, wenn er ihnen seinen Anschluss zur Verfügung stellt. Erst wenn konkrete Anhaltspunkte für Missbrauch vorliegen, wie etwa eine Abmahnung, müsse der Anschlussinhaber erforderliche Maßnahmen ergreifen, etwa durch Belehrung des Nutzers, um etwaige Rechtsverletzungen zu verhindern. Erst dann stehe er in der Pflicht und hafte, sofern er der Pflicht zu handeln nicht nachkomme. Hier hatte der Beklagte keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sein damals bereits volljähriger Stiefsohn den Internetanschluss für rechtswidriges Filsharing nutzte, weshalb der Beklagte nicht als Störer hafte.

Der Weg zu diesem Urteil war weit. Die wenigsten haben versucht, ihn zu gehen. Es zeigt sich aber, dass es sich lohnen kann, bei unklarer Rechtslage und divergierenden Entscheidungen der Obergerichte den Weg – auch über Umwege – bis zur letzten Instanz zu gehen. Der Bundesgerichtshof hat mit dieser Entscheidung, deren Gründe noch nicht veröffentlich sind (bisher liegt nur die Pressemitteilung des BGH vor), zumindest einen Teilbereich der desolaten Filesharingrechtsprechung geklärt – zum berechtigten Nutzen der Anschlussinhaber.

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