WIPO

Finanzamt Münster ist 'ne Marke

Das Finanzamt Münster ärgerte sich über sechs .com- und .info-Domains, die nicht nur unter dem Namen »finanzamt-muenster« liefen, sondern auch unliebsame Inhalte aufwiesen. Mit einem UDRP-Verfahren vor der WIPO schritt es dagegen ein.

Der Antragsgegner hatte Mitte des Jahres 2012 die Domain-Namen finanzamt-muenster-aussenstadt.com, finanzamt-muenster-aussenstadt.info, finanzamt-muenster.com, finanzamt-muenster.info, finanzamt-muenster-innenstadt.com und finanzamt-muenster-innenstadt.info registriert, und veröffentlichte unter diesen kritische Informationen über das Finanzamt sowie Bilder und Kontaktdaten einiger Mitarbeiter desselben. Am 20. März 2014 erhob das Finanzamt Münster ein Streitbeilegungsverfahren vor der World Intellectual Property Organization (WIPO), da es sich durch die Domain-Namen in seinen Markenrechten verletzt sieht. Der Domain-Inhaber und Antragsgegner mit Sitz in North Miami Beach, Florida (USA), nahm nur informell zur Sache Stellung.

WIPO-Panelist Wolter Wefers Bettink kam am 03. Juni 2014 zu dem Ergebnis, dass die Vorwürfe berechtigt seien und entschied auf Übertragung der Domains an die Antragstellerin (Case No. D2014-0426). Da das Finanzamt Münster keine eingetragene Marke hat, prüfte Bettink ausführlich die Frage, ob der Name »Finanzamt Münster« eine Marke ist. Dabei bezog er sich auf deutsches und EU-Recht. Zunächst fällt nach Ansicht von Bettink das Finanzamt mit seinen Leistungen unter den Begriff des Unternehmens, wie er in § 3 Abs. 1 MarkenG beschrieben ist, womit der Begriff Finanzamt Münster zu einem schutzfähigen Zeichen werde. Der beschreibende Name »Finanzamt Münster« erweise sich aufgrund § 4 Ziffer 2 MarkenG, wonach Markenschutz »durch die Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr, soweit das Zeichen innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung erworben hat«, als Marke: Es gibt nur ein Finanzamt Münster und das differenziere sich von anderen Institutionen und Unternehmungen in Deutschland. Zudem benutze das Finanzamt, wenn auch nicht profitorientiert, seinen Namen im geschäftlichen Verkehr. Weiter ist es zumindest in Münster unter den Steuerpflichtigen bestens bekannt. Mithin sei »Finanzamt Münster« eine, wenn auch unregistrierte, Marke im Sinne des Gesetzes. Und mit dieser seien die vom Antragsgegner registrierten Domains beinahe identisch. Der nutzte die Domains, um darunter Kritik am Finanzamt Münster und einigen Mitarbeitern desselben zu äußern. Dazu war er aus Sicht des Panelisten nicht berechtigt. Die Ansichten zur Frage von Kritik unter Markendomains fällt in UDRP-Entscheidungen unterschiedlich aus. In diesem Falle aber sah der Panelist Missbrauch der Meinungsfreiheit auf Seiten des Domain-Inhabers. Der hätte die beinahe markenidentischen Domains für seine Kritik nicht nutzen dürfen. Es entstehe der Eindruck, der Antragsgegner habe die Domains wissentlich und willentlich registriert, um das Markenrecht zu verletzen. Zudem waren die Inhalte unter den Domains nicht nur gegen das Finanzamt selbst, sondern auch gegen einzelne Mitarbeiter gerichtet, deren Bilder und Kontaktdaten darunter veröffentlich waren. Das gehe über ein vertretbares Maß hinaus, innerhalb dessen man Kritik üben dürfe. Unter diesen Umständen hatte der Domain-Inhaber kein legitimes Interesse an der Nutzung der Domains. All diese Überlegungen führen dazu, dass Bettink auch die Bösgläubigkeit des Antragsgegners bei der Registrierung und Nutzung der Domains annahm. Er entschied, dass alle sechs Domains auf die Antragstellerin zu übertragen seien.

Bei den Erwägungen, ob hier tatsächlich eine Marke »Finanzamt Münster« vorliegt, darf man skeptisch sein. Wirklich überzeugend erscheint die Entscheidung in diesem Punkt nicht. Aber die Meinung von Wolter Wefers Bettink ist sicher vertretbar. Im deutschen Recht kennen wir die zahlreichen Urteile, die die Nutzung von Marken in Domain-Namen erlauben, soweit man von seinem Meinungsfreiheitsrecht Gebrauch macht. Die Domains im vorliegenden Fall fallen jedenfalls nicht darunter. Allerdings wäre der Weg über die deutschen Zivilgerichte sicher schwieriger, wegen der Zustellung von Antragsschrift und Entscheidung eines deutschen Gerichts in North Miami Beach in Florida. Was jetzt noch ein wenig verstört, ist der Umgang der Antragstellerin mit den Domains, die sich derzeit als zum Verkauf auf GoDaddy.com anbiedern.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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