UDRP

WIPO-Panel will Streit um vocl.com ICANN vorgelegt sehen

Der Registrar Epik Holding Inc., dessen Tochter Anonymize Inc. und beider Geschäftsführer Robert Monster sorgten in einem UDRP-Verfahren für Unmut des Entscheiders David H. Bernstein. Dieser möchte, dass ICANN aus dem Fehlverhalten der drei allgemeine Konsequenzen für Registrare zieht.

In einer aktuellen UDRP-Entscheidung der WIPO fordert der Panelist David H. Bernstein WIPO auf, die Sache ICANN vorzulegen. Die sich aus dem Sachverhalt und dem Verhalten der involvierten Parteien des UDRP-Verfahrens ergebenden Möglichkeiten seien beunruhigend und sollten ICANN dazu bewegen, die Rechte von Registraren einzuschränken. Konkret geht es um die Rechte als Registrar, Domains auf eigene Rechnung zu Spekulationszwecken für sich und eigene Organe (Unternehmenstöchter oder -schwestern, Geschäftsführer, Angestellte) zu kaufen oder verkaufen. Hintergrund dafür ist das Verhalten des Registrars Epik, seines Anonymisierungsdienstleisters Anonymize und von Robert Monster, Geschäftsführer beider Unternehmen, die im Streit um die Domain vocl.com erst nach gezielter Aufforderung des WIPO-Panelisten Rede und Antwort standen. Was Bernstein letztlich als Sachverhalt herausgearbeitet hat, ist folgendes:

Die Beschwerdeführerin ist ein Unternehmen aus Nevada (USA), das unter dem Namen »Vocal« und der Domain »vocal.media« eine Social-Media-Plattform betreibt. Sie ist seit April 2018 Inhaberhin der US-Marke »VOCAL«, und nutzt den Begriff in Verbindung mit ihrem Geschäft seit knapp fünf Jahren. Gegner ist die Epik-Tochter Anonymize und Robert Monster, der Geschäftsführer sowohl des Registrars Epik Holdings Inc. als auch der Anonymize Inc. ist. Anfang März 2021 war für den Domain-Inhaber Ashwin Vinkhona der Anonymisierungsdienst eingetragen. Um den 07. März 2021 wandte sich jemand für einen Dritten an Epik und Anonymize, um die Domain zu kaufen; man wolle unter der Domain Social-Media-Dienste anbieten. Robert Monster wurde für den Domain-Inhaber Vinkhona als Broker tätig und verkaufte am 09. März 2021 die Domain für US$ 40.000,–. Kurz darauf fand sich unter der Domain die Ankündigung von Vocl.com mit Verweis auf LindellTV. Der Käufer von vocl.com beantragte die Eintragung der US-Marke »VOCL«; zudem kündigte er in einer Pressemitteilung seine neuen Social-Media-Dienstleistungen unter vocl.com an. Die Beschwerdeführerin sandte ihm daraufhin am 11. März 2021 eine Unterlassungserklärung. In einem Interview am Folgetag erklärte der Domain-Käufer, man sehe hier eine Verwechslungsgefahr und werde den Namen der Social-Media-Dienste ändern. Danach versuchte der Käufer, den Domain-Kauf rückgängig zu machen, doch erfuhr er, dass dieser schon abgewickelt war. Aus diesem Grunde trat man in Verkaufsverhandlungen, und Robert Monster kaufte am 13. März 2021 die Domain vocl.com für US$ 10.000,–, wobei er den eigenen Anonymisierungsdienstleister nutzte. Am 06. April 2021 reichte die Beschwerdeführerin die Beschwerde bei der WIPO ein. In der Folge, nach mehreren widersprüchlichen Einlassungen der Gegner und nachdem Bernstein Anonymize, Epik und Monster dazu aufgefordert hatte, die Verhältnisse untereinander und die der Inhaberschaft an der Domain vocl.com seit ihrer Registrierung im Jahr 2000 im Einzelnen aufzuklären, konnte er den obigen Sachverhalt feststellen und sich daran machen, die Rechtslage zu prüfen.

Bei der Prüfung der Rechtslage ging Bernstein ebenfalls in die Tiefe und kam letztendlich zu dem Schluss, dass die Voraussetzungen der UDRP von Seiten der Beschwerdeführerin erfüllt seien und die Domain vocl.com auf diese zu übertragen sei (WIPO Case No. D2021-1050). Angesichts des unklaren Sachverhalts, den er dem eng miteinander verzahnten Trio Registrar, Anonymisierungsdienstleister und Geschäftsführer aus der Nase ziehen musste, erklärte er:

This misconduct by the Respondent and by the Registrar is troubling. It is all the more troubling because it appears to have been designed to improve the Respondent’s prospects for success in this proceeding. It raises significant questions as to the propriety of a Registrar being allowed to buy and sell domain names for its own account (or the propriety of a Registrar’s subsidiaries, officers or employees to engage in domain name speculation). This is an issue that the Panel believes should be addressed by ICANN, and the Panel requests that the Center share this decision with ICANN so that ICANN may consider whether to impose restrictions on such behavior by registrars.

Am Ende seiner Entscheidung, nachdem er den Antrag der Gegner, ein Reverse Domain Name Hijacking festzustellen, wegen deren Fehlverhalten und falschen Angaben verworfen hat, fordert er WIPO nochmals auf, die Entscheidung ICANN zur Kenntnis zu bringen, damit diese darauf angemessen reagieren könne.

Ob ICANN aus diesem »einen« Fall Konsequenzen zieht, kann man bezweifeln. Doch wenn solche unheilvollen Konstellationen wiederholt im Rahmen von UDRP-Verfahren auftreten und dies wiederholt ICANN vorgelegt wird, könnten durchaus die langsam mahlenden Räder der Domain-Verwaltung in Bewegung geraten.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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