Ein UDRP-Verfahren um die Domain euromaster.sucks kann die umstrittene .sucks-Verwalterin Vox Populi Registry Ltd. noch arg in Bedrängnis bringen: nach Ansicht des Dreierpanels steht die Registry in direkter Verbindung mit einem Cybersquatter.
Ausgelöst wurde das Verfahren durch eine Beschwerde der französischen Euromaster Services et Management, einer Tochtergesellschaft der Michelin-Gruppe. Sie ist Inhaberin mehrerer »EUROMASTER«-Marken und störte sich an der Domain euromaster.sucks, unter der beim Aufruf folgende Nachricht erschien:
If you ask us if we would sell the domain, our answer is simple. Absolutely not. We will give it to you. […] [S]imply take this Authorization Code to your favorite domain name registrar, and they can transfer it right to you.
Inhaberin der Domain ist formal ein Privacy-Service; tatsächlich Berechtigter ist jedoch offensichtlich die britische Honeysalt Ltd. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei die Nachricht eine Aufforderung, ein Angebot zum Kauf abzugeben, denn niemand würde eine Domain kostenfrei transferieren. Diese Ansicht werde durch eine Nachfrage beim Registrar gestützt; der habe mitgeteilt, dass es sich um eine »Premium-Domain« handele, die gegen eine Gebühr von US$ 2.418,79 erworben werden könne. Honeysalt hingegen machte geltend, die Domain für die Everything.sucks Inc. zu halten, um dort eine Plattform im Stile eines Wikis für Meinungsfreiheit zu schaffen. Es sei zulässig, eine fremde Marke zu nutzen, um dort Kritik zu äußern.
Der Einwand ist nicht neu und hat Honeysalt bisher wenig eingebracht – 17 von 19 UDRP-Verfahren gingen verloren, da sich echte Auseinandersetzungen unter everything.sucks in aller Regel nicht finden. Auch im Falle von euromaster.sucks entschied das Panel unter Vorsitz des Anwalts Lawrence K. Nodine, dem in Domainer-Kreisen bekannten Juristen Douglas M. Isenberg und der Frankfurter Rechtsanwältin Stephanie G. Hartung einstimmig auf Übertragung der Domain (WIPO Case No. D2021-1361). Die Begründung birgt für die .sucks-Registry Vox Populi Registry Ltd. jedoch Sprengstoff, denn erstmals stellt ein Panel eine Verbindung zu Honeysalt her:
The Panel also finds that Respondent has failed to show that it has no financial interest in the Disputed Domain Name. Complainant’s Supplemental submissions demonstrate that Complainant’s chosen registrar quoted a fee of USD 2418.79 to transfer the Disputed Domain Name. […] This directly contradicts any claim to be offering a free and noncommercial service, and given that any registration would result in a fee being paid to the Registry by a registrar, leads the Panel to infer that the Respondent and Registry are connected.
Anders ausgedrückt: das Panel geht davon aus, dass Vox Populi von Honeysalt gezielt profitiert.
Vox Populi droht damit, der historisch erste Beschwerdegegner im Rahmen eines »Trademark Post-Delegation Dispute Resolution Procedure« (Trademark PDDRP) zu werden. Dieses Verfahren gestattet es Markeninhabern gegen Rechtsverletzungen vorzugehen, wenn sie von der Registry selbst entweder auf First oder der Second Level Ebene einer nTLD begangen werden. Als Schiedsgerichte sind das Asian Domain Name Dispute Resolution Centre (ADNDRC), das National Arbitration Forum (FORUM) und die altbekannte World Intellectual Property Organization akkreditiert. Über Erfahrung in UDRP-Verfahren verfügen sie reichlich, ein Verfahren nach der Trademark PDDRP wäre für sie jedoch Neuland. Gut möglich, dass eines der Schiedsgerichte bereits in Kürze diese Erfahrung gewinnen kann.
Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.