UDRP und ADR

2 Streitbeilegungsverfahren gegen Domains eines ehemaligen Mitarbeiters

Ein deutsches Unternehmen sah seine »BIOTENSIDON«-Marken durch den Inhaber zweier Domains verletzt. In zwei Verfahren, einem ADR- und einem UDRP-Verfahren, versuchte es an die Domains biotensidon.eu und biotensidon.world zu gelangen. Wie sich herausstellte, war der Gegner ein ehemaliger Mitarbeiter – und mehr.

Die deutsche Biotensidon GmbH sah ihre Markenrechte durch die beiden Domains biotensidon.eu und biotensidon.world verletzt, weshalb sie zwei Verfahren, eines nach der ADR, das andere nach der UDRP, gegen den Inhaber der Domains vor der WIPO anstrengte. In beiden Verfahren trägt sie vor, die jeweilige Domain verletze ihre Wort-/Bildmarken „BIOTENSIDON“, die beim DPMA (Registrierung vom 21. Februar 2012 und vom 10. August 2018) eingetragen sind, und ihre IR-Marke mit Erstreckung auf die EU vom 08. Oktober 2019. Weiter meinte sie, sie sei 2016 Finalistin beim Next Economy Award gewesen. Der Gegner, ein ehemaliger Mitarbeiter, nutze bislang seine Domains nicht ernsthaft, außer als eMail-Adresse. Es bestünden nach ihrer Kenntnis für ihn auch keine Markenrechte an der Bezeichnung »Biotensidon«. In sozialen Medien geriere er sich als zur Beschwerdeführerin zugehörig. Sie beantragte jeweils die Übertragung der Domain. Der Gegner hat seinen Sitz ebenfalls in Deutschland. Er registrierte die Domain biotensidon.eu am 06. Februar 2021 und die Domain biotensidon.world am 23. April 2020. Er hält den Beschwerden entgegen, dass die Marke »Biotensidon« aufgrund ihrer rein beschreibenden Natur nicht unterscheidungskräftig sei, weshalb die Domains und die Marke nicht ähnlich seien. Weiter erklärte der Gegner, bereits seit 2010 über prioritätsältere Urheberrechte an dem von ihm selbst geschaffenen Logo »Biotensidon« zu verfügen, das der Marke »BIOTENSIDON« der Beschwerdeführerin entspreche. Dieses Logo habe er schon 2010 zum Vertrieb von Reinigungsprodukten auf der Basis von Biotensiden entwickelt. Es bestehe zwischen den Parteien eine Vereinbarung vom 29. Oktober 2011, dernach er, der Gegner, Erfinder und Entwickler des Namens »BIOTENSIDON« sowie Inhaber der Domain-Namen biotensidon.de und biotensidon.com sei. Weiter regele die Vereinbarung, dass er der Beschwerdeführerin das nichtausschließliche Recht eingeräumt habe, das Logo »Biotensidon« gegen Entrichtung einer Gebühr nutzen zu dürfen, und dass er ihr zugleich die Domains biotensidon.de und biotensidon.com übertragen habe. Mittlerweile berate er das tschechische Unternehmen BIOTENSIDON s.r.o., im Rahmen dessen er die Domains biotensidon.eu und biotensidon.world zu nutzen beabsichtige. Als Entscheiderin wurde in beiden Verfahren Rechtsanwältin Stephanie G. Hartung berufen.

Hartung kommt in beiden Fällen zum gleichen Ergebnis: sie wies die jeweilige Beschwerde zurück (WIPO Verfahrensnummer ADR DEU 2021-0016 und WIPO UDRP Verfahrensnummer D2021-1254). Sie stellte jeweils fest, dass der streitige Domain-Name mit der Marke »BIOTENSIDON« verwechslungsfähig ähnlich ist, da die Marke in den Domain-Namen vollständig enthalten ist und die Endung als differenzierendes Merkmal keine Rolle spiele. Bei der Frage eines bestehenden Rechts oder eines berechtigten Interesses seitens des Gegners an der Nutzung des jeweiligen Domain-Namens gibt Hartung den entsprechenden Vortrag der Beschwerdeführerin wieder, bewertet ihn aber nicht und stellt nicht die Erfüllung der Voraussetzung eines Anscheinsbeweises fest. Sie wendet sich vielmehr der Argumentation und den zahlreichen Belegen des Gegners zu, insbesondere der Korrespondenz für die Firma Biotensidon s.r.o. und der Vereinbarung vom 29. Oktober 2011 der Parteien, aus der unmissverständlich hervorgehe, dass der Gegner der Beschwerdeführerin seinerzeit nicht-ausschließliche Nutzungsrechte an dem von ihm selbst entworfenen Logo »Biotensidon« eingeräumt und ihr die Domains biotensidon.de und biotensidon.com übertragen habe. Hartung sah sich

an dieser Stelle nicht gehalten, im Einzelnen rechtlich zu prüfen, ob und inwieweit zugunsten des Beschwerdegegners an dem nachgewiesenermaßen von ihm selbst entworfenen Logo ‚Biotensidon‘ tatsächlich Urheberrechte nach deutschem Recht erwachsen sind.

Sie zeigte sich aufgrund der Aktenlage davon überzeugt, dass der Gegner bereits vor Entstehen der Markenrechte der Beschwerdeführerin am Begriff »Biotensidon« Logos entwickelt und Domains registriert hatte, die den Begriff zum Gegenstand haben. Folglich stellte Hartung ein Recht oder berechtigtes Interesse des Gegners an den in Streit stehenden Domains fest. Die Beschwerdeführerin konnte damit in beiden Fällen die Voraussetzungen nicht erfüllen. Hartung prüfte gleichwohl jeweils noch die Frage der Bösgläubigkeit und kam auch hier jeweils zum Ergebnis, die vorliegenden Fakten ließen den Schluss nicht zu, dass der Gegner die beiden Domains bösgläubig registriert und genutzt habe. Es bestehe zwar die Möglichkeit, dass der ehemalige Mitarbeiter einem Wettbewerbsverbot unterliege, doch dazu gäbe es seitens der Beschwerdeführerin keinen Vortrag. Zudem sprächen die vom Gegner vorgelegten Dokumente dagegen, da aus ihnen hervorgeht, dass der Gegner der Beschwerdeführerin »nicht-ausschließliche Nutzungsrechte« eingeräumt hat. Damit sprach nichts für die Bösgläubigkeit des Gegners; die dritte Voraussetzung der Beschwerden lag in beiden Verfahren folglich ebenfalls nicht vor, weshalb Hartung beide Beschwerden abwies.

Hartung wies jeweils noch darauf hin, dass es der Beschwerdeführerin unbenommen bleibe, die

Streitigkeit vor ein nationales Gericht zu bringen und in einem ordentlichen Gerichtsverfahren andere Fragestellungen prüfen und zusätzliche Beweismittel einfließen zu lassen, um diese Streitigkeit möglicherweise angemessener zu behandeln, als dies im Rahmen eines auf Fälle des eindeutigen Domainnamenmissbrauchs zugeschnittenen

.eu-ADR- und UDRP-Verfahrens möglich ist.

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