UDRP

Trotz Marke: aussichtsloser Streit um websec.com

Die niederländische WebSec Holdings scheiterte im Streit um die Domain websec.com, da ihre Marke zu spät beantragt wurde. Doch sie ließ es sich nicht nehmen, ein aussichtsloses UDRP-Verfahren zu führen und fing sich so noch ein Reverse Domain Name Hijacking (RDNH) ein.

Die WebSec Holdings B.V., eine im August 2020 gegründete Cybersicherheitsunternehmung mit Sitz in den Niederlanden, sieht ihre Rechte durch die Domain websec.com verletzt und startete ein UDRP-Verfahren vor der WIPO. Sie ist Inhaberin einer Ende März 2022 beantragten und im September 2022 eingetragenen EU-Marke »WEBSEC« sowie einer im Januar 2023 beantragten und im März 2023 eingetragenen gleichlautenden US-Marke, für die sie die Erstnutzung ab März 2020 beansprucht. Sie bietet ihre Leistungen unter »WEBSEC« über die im Juni 2016 registrierte Domain websec.nl an. Die im April 2002 erstmals registrierte Domain leitet derzeit auf keine aktive Website. Der aktuelle Domain-Inhaber und Gegner der Beschwerde ist Marty Martin (Adapt Partners) aus den USA. Die Beschwerdeführerin trägt unter anderem vor, dem Gegner im Oktober 2020 US$ 1.000,– für die Domain angeboten zu haben; der habe aber US$ 10.000,– gewollt. Zudem meint sie, der Gegner betreibe lediglich SEO, aber sei nicht auf dem Feld von Cybersecurity tätig. Der Gegner, vertreten durch den Domain-Recht-Spezialisten John Berryhill, hält unter anderem entgegen, die Marken der Beschwerdeführerin wurden erst beantragt und eingetragen, nachdem der Gegner die Domain websec.com im September 2016 erwarb. 2017 war sie auch unter der Geschäftsbezeichnung »WebSec.com« als Unternehmen in Wake Country, North Carolina (USA), registriert, und zwar ausschließlich zum Zweck von SEO-Dienstleistungen. Die Beschwerdeführerin behaupte, 2016 unter dem Namen OS.SI Consulting B.V. tätig gewesen zu sein; tatsächlich sei diese Unternehmung erst im Januar 2019 gegründet und von einem anderen Geschäftsführer geleitet worden, der zu diesem Zeitpunkt auch alleiniger Gesellschafter des Unternehmens war. Der Gegner habe 2017 mit umfangreichen Vorbereitungen begonnen, die Domain geschäftlich zu nutzen; mit Beginn der Covid-19 Pandemie habe man die Domain aber nur noch für interne Zwecke genutzt. Weiter zeige sich, dass die Website unter websec.nl der Beschwerdeführerin im November 2016 lediglich »Dummytexte« enthielt und nicht wirklich genutzt wurde. Und außerdem handele es sich bei »Websec« um einen allgemeinen Begriff.

Ein Dreier-Gremium, bestehend aus dem italienischen Rechtsanwalt Luca Barbero als Vorsitzendem sowie der US-amerikanischen Juraprofessorin Sally M. Abel und dem niederländischen Rechtsberater und Professor Alfred Meijboom als Beisitzenden, hatte über die Beschwerde zu entscheiden und wies diese ab. Es bestätigte zudem ein RDNH seitens der Beschwerdeführerin (WIPO Case No. D2023-0813). Die Frage nach dem Vorliegen einer Marke der Beschwerdeführerin beantwortete das Gremium nicht einhellig. Abel meinte, es müsse auch die Priorität der Marke vorliegen, was hier nicht der Fall sei, weshalb sie schon das Bestehen des ersten Elements verneinte. Weiter stellte, diesmal einhellig, das Gremium fest, dass der Gegner die Domain gutgläubig für ein Angebot von Waren oder Dienstleistungen lange vor Gründung der Beschwerdeführerin nutzte, weshalb die Beschwerdeführerin spätestens beim 2. Element der UDRP scheitere. Bei der Frage der Bösgläubigkeit bei Registrierung und Nutzung der Domain, die man eigentlich nicht mehr hätte prüfen müssen, kam das Gremium überein, dass der Gegner die Markenrechte der Beschwerdeführerin gar nicht hätte kennen können, als er die Domain erwarb und deshalb schon keine Bösgläubigkeit gegeben war. Außerdem sei nicht ersichtlich, dass der Gegner die Domain gezielt im Hinblick auf die Beschwerdeführerin und deren Marke nutzte.

Das Gremium prüfte alsdann das Vorliegen eines RDNH, das es bestätigte. Es führte unter anderem an, dass die Beschwerdeführerin, die von einem Rechtsanwalt vertreten werde, schon aufgrund dessen um die Schwäche ihres Falles hätte wissen müssen, weil der Gegner die Domain lange, bevor sie Inhaberin der Marke „WEBSEC“ wurde, registriert hatte. Zudem habe die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde falsche Behauptungen hinsichtlich des Beginns ihrer geschäftlichen Tätigkeit als OS.SI Consulting aufgestellt. Dies alles sprach für einen Missbrauch des UDRP-Verfahrens, weshalb das Gremium ein RDNH feststellte und die Beschwerde abwies.

Irritierend bei diesem Fall ist, dass Abel die Beschwerde schon am Bestehen der Marke scheitern lassen möchte, da zum Zeitpunkt, zu dem der Gegner Inhaber der Domain wurde, die Marke noch gar nicht existierte. Das kam auch im Streit um die Domain wex.com (NAF Claim Number: FA2204001991413) schon einmal zur Sprache. Im Grunde widerspricht das aber den Regeln: es ist ganz egal, wann die Marke angemeldet, registriert oder erstmals genutzt wurde; es reicht völlig aus, dass sie existiert, um das 1. Element der UDRP abzuhaken. Das »Wann« spielt erst bei der Frage der Bösgläubigkeit des Gegners bei der Registrierung der Domain eine Rolle.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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