UDRP

Siemens AG scheitert im Streit um siemensconsulting.com an Beraterfirma

Die Siemens AG hat Ärger mit der Domain siemensconsulting.com, deren Inhaber sich hinter einem Privacy-Service verbarg. Sie startete ein UDRP-Verfahren und lernte so Rod Siemens und seine Firma näher kennen.

Die Siemens AG mit Sitz in München sah ihre Rechte durch die Domain siemensconsulting.com verletzt. Die Domain ist über einen Privacy-Service registriert. Siemens startete ein UDRP-Verfahren vor der WIPO und erklärte, diese Domain beinhalte ihre Marke; der allgemeine Begriff »consulting« und die Endung .com hingegen würden an der Ähnlichkeit von Marke und Domain nichts ändern. Die im Juli 2010 registrierte Domain löse nicht zu einer aktiven Website auf. Nach Zustellung des UDRP-Antrags zeigte sich, dass Gegner des Verfahrens und »wahrer« Domain-Inhaber Rod Siemens aus Prospect Heights in Illinois (USA) ist. Er legte mehrere Dokumente vor und teilte mit, die Domain entspreche seinem Nachnamen und enthalte den allgemeinen Begriff »Consulting«, die zusammen den Namen einer Beratungsfirma bilden, die er und seine Frau Mary Ellen Siemens seit 2010 betreiben. Ursprünglich wollte er auch eine Webseite gestalten, aber dazu sei es noch nicht gekommen. Er nutze die Domain aber für den eMail-Geschäftsverkehr. Siemens reagierte darauf und bezweifelte, dass der Gegner tatsächlich Siemens heiße. Man legte zudem einen Auszug aus archive.org vor, der belegt, dass die Domain siemensconsulting.com auch einmal zum Verkauf gestanden habe. Der Gegner hielt entgegen, dass das Verkaufsangebot nicht von ihm initiiert gewesen sei, sondern automatisiert angezeigt worden wäre und nichts mit ihm zu tun gehabt habe. Er finde, das Verhalten der Beschwerdeführerin bei der Erhebung der Beschwerde sei unterdrückend und schikanierend. Als Entscheider wurde der britische Jurist Nick J. Gardner berufen.

Gardner prüfte diese Sache ausgiebig und kam letztlich zu dem Schluss, dass die Domain beim Inhaber Rod Siemens bleibt, aber auch kein Reverse Domain Name Hijacking (RDNH) seitens der Siemens AG vorliegt (WIPO-Case No. D2018-1538). Eingangs machte Gardner klar, dass Gegner des UDRP-Verfahrens alleine Rod Siemens sei und nicht auch der Privacy-Service, den er für die Registrierung der Domain siemensconsulting.com nutzt. Die weltberühmte Siemens AG konnte klar machen, dass zwischen ihrer Marke »Siemens« und der Domain siemensconsulting.de eine Verwechslungsgefahr besteht. Der Begriff »consulting« und die Endung .com würden an der Ähnlichkeit nichts änderen, so Gardner. Weiter konnte die Siemens AG den Anscheinsbeweis erbringen, dass der Gegner von ihr nicht berechtigt sei, die Domain zu nutzen und er unter ihrem Namen auch nicht bekannt ist. Jedoch hielt der Gegner erfolgreich entgegen, dass er mit Namen »Siemens« heißt und zusammen mit seiner Frau seit 2010 die Firma Siemens Consulting betreibt, indem er zahlreiche Dokumente als Belege vorlegte. Für Gardner waren die Dokumente teilweise nicht gut dargebracht und alles insgesamt unorganisiert. So war die vorgelegte Geburtsurkunde kein Original und nicht notariell beglaubigt, sondern eine einfache Kopie des Originals. Aber für Gardner bestätigte sie, dass der Gegner »Rod McCarty Siemens« heißt und dass es sich bei »McCarty« um einen Mittelnamen und nicht um einen Teil des Nachnamens handelt. Die vorgelegten Unterlagen zur Bestätigung der »Siemens Consulting LLC« bestanden aus einem schlechtlesbaren Screenshot des Illinois Office of State, dem Schriftverkehr mit dem »Ohio Revenue Service«, einem Blankoscheck der Illinois Bank, der die Siemens Consulting LLC als Kontoinhaber ausweist, einer Blankorechnung der Siemens Consulting LLC sowie einem Zertifikat, aus dem hervorgeht, dass der Gegner und seine Frau Sicherheitsberater und zertifizierte Ausbilder sind. Doch aller Defizite der Präsentation der Nachweise zum Trotz hatte Gardner keine Zweifel an der Berechtigung des Gegners zur Registrierung der Domain sie mensconsulting.com und daran, dass er sie für die eMail-Kommunikation nutzt. Die Beschwerdeführerin Siemens AG scheiterte so beim zweiten Element der UDRP. Auf die Bösgläubigkeit ging Gardner allerdings auch noch kurz ein und erklärte, dass es keine Hinweise dafür gäbe. Der Gegner hatte erklärt, er habe um die Siemens AG und deren Marken gewusst; doch das schließe nicht aus, dass er seinen Namen nutzen dürfe, um sein Geschäft zu betreiben, soweit es ein eigenständiges Geschäft ist, das nicht versucht, an der Marke der Beschwerdeführerin zu partizipieren oder deren Bekanntheit auszunutzen. Hier gab es für Gardner keine Hinweise darauf, dass der Gegner die Marke der Beschwerdeführerin ausnutzte; vielmehr nutzte er ledglich seinen Namen für die Domain und sein Geschäft. Was das Verkaufsangebot, das unter der Domain siemensconsulting.com zeitweise angezeigt wurde, betrifft, so ging Gardner davon aus, dass der Gegner damit nichts zu tun hatte, sondern dass tatsächlich nur für einen kurzem Zeitraum im Laufe der acht Jahre, die er die Domain inne hat, dieses Verkaufsangebot durch eine automatisiert eingeblendete Seite angezeigt wurde, solange die Domain nicht mit einer aktiven Seite verlinkt war.

Abschließend prüfte Gardner von sich aus, ob ein Fall von Reverse Domain Name Hijacking (RDNH) vorlag. Der Gegner selbst hatte diesen Vorwurf nicht direkt geltend gemacht, allerdings erklärt, er finde, das Verhalten der Beschwerdeführerin bei der Erhebung dieser Beschwerde sei unterdrückend und schikanierend. Gardner wog das Für und Wider eines solchen RDNH ab und kam schließlich dazu, dass hier kein solcher Fall vorlag. Die Beschwerdeführerin konnte zunächst nichts davon wissen, dass die Domain von Rod Siemens registriert war; im Hinblick darauf besteht kein Anzeichen für ein RDNH. Als die Beschwerdeführerin aber vom Inhabernamen erfahren hatte, hätte sie die Beschwerde zurücknehmen können. Doch war der Vortrag des Gegners und seine Belege so schlecht vorgebracht und wenig nachvollziehbar, dass auch zu diesem Zeitpunkt nicht von einem Missbrauch der UDRP durch die Beschwerdeführerin die Rede sein könne. Für die Feststellung eines RDNH bestand für Gardner deshalb kein Anlass. So entschied er, dass die Domain beim Inhaber verbleibt und gegen die Beschwerdeführerin kein RDNH ergeht.

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