UDRP

Schweizer Polydec SA verliert Beschwerdeverfahren um polydec.com, ist aber nun dort zu erreichen

Das Schweizer Unternehmen Polydec sah seine Markenrechte durch die Domain polydec.com verletzt. Nachdem der deutsche Domain-Inhaber auf Anfragen nicht reagierte, startete Polydec ein UDRP-Verfahren, das auf ein Reverse Domain Name Hijacking hinauslief, aber dann doch noch ein erfreuliches Ende nahm.

Die Schweizer Polydec SA sieht ihre Recht durch die deutsche Knauf Information Services GmbH verletzt, die Inhaberin der Domain polydec.com ist. Sie versuchte den Gegner, der die Domain nicht nutzt, zu kontaktieren, erhielt aber nie eine Antwort, weshalb sie ein UDRP-Verfahren vor der WIPO startete. Sie trägt unter anderem vor, sie sei seit 2018 Inhaberin einer Schweizer Marke »POLYDEC«. Der Gegner ist nicht mehr Inhaber von »POLYDEC«-Marken, die 2023 ausgelaufen seien, und er nutze sie nicht mehr. Damit habe er auch keinen Grund mehr, die Domain zu halten, unter der es seit Jahren keine Website mehr gibt. Die Domain sei 1998 registriert worden und der Gegner sei seit 2013 ihr Inhaber. Indem er die Domain weiter halte, beschädige er das Geschäft der Polydec SA. Der Gegner sei darüber hinaus dafür bekannt, Domains zu besetzen, wie unter anderem fitterfriendly.com, alutop.com und insulationmanual.com. Der Gegner hält dem entgegen, er sei Inhaber der streitigen Domain, seit er die ursprüngliche Inhaberin, die französische Polidec Group, übernommen habe, die auch Inhaberin verschiedener »POLYDEC«-Marken war, die 2023 ausgelaufen sind. Davon, dass die Beschwerdeführerin wegen der Domain versucht hat, Kontakt aufzunehmen, wisse man nichts, entsprechende Korrespondenz habe man bei einer aktuellen Sichtung nicht gefunden. Man halte keine Domains besetzt; Alutop sei eines ihrer bekannten Produkte. Man sei bereit, die Beilegung der Angelegenheit zu besprechen und unter der Domain polydec.com eine Weiterleitung auf das Angebot der Beschwerdeführerin einzurichten.

Der als Entscheider berufene britische Rechtsanwalt Adam Taylor wies die Beschwerde der Polydec SA zurück und stellte sogar ein Reverse Domain Name Hijacking (RDNH) fest (WIPO Case No. D2024-3456). Dass hier Marke und Domain identisch sind, stand außer Frage. Die Frage nach einem Recht des Gegners oder einem berechtigten Interesse seinerseits überging Taylor und prüfte gleich die bösgläubige Registrierung und Nutzung der Domain polydec.com seitens des Gegners. Taylor erklärte, er sehe den 31. Juli 1998, als der Vorgänger des Gegners die Domain registrierte, als das relevante Datum für eine mögliche bösgläubige Registrierung. Man könne argumentieren, 2013 sei der maßgebliche Zeitpunkt, als der Gegner Inhaber der Domain wurde, doch stelle die Übertragung im Jahr 2013 keine wesentliche Änderung der Inhaberschaft dar, denn der Gegner übernahm die komplette Unternehmensgruppe, welche bis zu dem Zeitpunkt Inhaber war. Davon abgesehen lägen beide Zeitpunkte vor der Erlangung von Markenrechte auf Seiten der Beschwerdeführerin, die erst 2018 entstanden sind. Selbst wenn die Beschwerdeführerin die Entstehung von Markenrechten in den 1980er Jahren nachgewiesen hätte, wie das Ausführungen auf ihrer Website nahelegen, so hätte sie jedoch nicht den Nachweis der bösgläubigen Domain-Registrierung auf Seiten des Gegners erbracht. Demnach habe die Beschwerdeführerin die bösgläubige Registrierung nicht nachgewiesen. Und keines ihrer gegen den Gegner vorgebrachten Argumente, wie dass er die Domain nicht nutzt und er nicht mehr Inhaber entsprechender Marken ist, ändere etwas an der fehlenden Bösgläubigkeit. Taylor stellte fest, dass die Beschwerdeführerin damit das dritte Element des UDRP-Verfahrens nicht erfüllt habe und wies deshalb die Beschwerde ab.

Danach prüfte er RDNH und stellte den Missbrauch des UDRP-Verfahrens durch die Beschwerdeführerin fest. Sie räume ein, dass die Domain bereits 1998 registriert wurde. Ein späteres wesentliches Registrierungsdatum behaupte sie nicht, auch wenn sie sich auf die Übernahme der Unternehmensgruppe durch den Gegner im Jahr 2013 als maßgebend beziehe. So oder so hätte der Beschwerdeführerin klar sein müssen, dass beide Zeitpunkte der Beantragung ihrer Marke vorausgingen. Sie wusste zudem, dass die Domain legitim registriert und übertragen worden war, und das in einem gänzlich anderen Industriebereich als dem, in dem die Beschwerdeführerin tätig ist. Ihr oder ihrem Rechtsvertreter hätte klar sein müssen, dass keine Aussicht bestand, die zwingende Voraussetzung zu beweisen, dass die Domain bösgläubig registriert worden war. In der Beschwerde unternahm sie keinen wirklichen Versuch, eine bösgläubige Registrierung nachzuweisen; sie beschränkte sich darauf, eine bösgläubige Nutzung zu behaupten. Selbst hier stützte sich die Beschwerde auf eine Reihe aussichtsloser Behauptungen, die sich hauptsächlich auf die angebliche (und in der Tat unbewiesene) „Weigerung“ des Gegners beziehe, der Aufforderung der Beschwerdeführerin nachzukommen, ihr die Domain zu übertragen. Aus diesen Gründen sah Taylor ein RDNH gegeben.

Taylor fand hier klare Worte, nicht nur für die Beschwerdeführerin, die ganz offensichtlich einen beinahe aussichtslosen Kampf geführt hat. Er rechnete den Erstregistrierungszeitpunkt 1998 dem Gegner zu, der erst 2013 Inhaber der Domain wurde, und stützte sich dabei darauf, dass der Gegner die vorherige Inhaberin komplett übernommen hat. Ganz aussichtslos war der Kampf der Polydec SA aber für die Beschwerdeführerin nicht, denn nicht nur leitet mittlerweile die Domain polydec.com auf ihre Website polydec.ch weiter, sondern die bereits am 09. Oktober 2024 eingetragenen letzte Änderung im WHOIS (eine Woche nach der UDRP-Entscheidung vom 02. Oktober 2024) lässt darauf schließen, dass nicht einfach nur die Weiterleitung eingerichtet wurde, sondern die Beschwerdeführerin die Domain sogar übertragen bekommen hat.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.

Kommentar schreiben

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, oder weitergegeben.
Bitte füllen Sie die gekennzeichneten Felder aus.*

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Der Domain-Newsletter von domain-recht.de ist der deutschsprachige Newsletter rund um das Thema "Internet-Domains". Unser Redeaktionsteam informiert Sie regelmäßig donnerstags über Neuigkeiten aus den Bereichen Domain-Registrierung, Domain-Handel, Domain-Recht, Domain-Events und Internetpolitik.

Mit Bestellung des Domain-Recht Newsletter willigen Sie darin ein, dass wir Ihre Daten (Name und E-Mail-Adresse) zum Zweck des Newsletterversandes in unseren Account bei der Optimizly GmbH (vormals Episerver GmbH), Wallstraße 16, 10179 Berlin übertragen. Rechtsgrundlage dieser Übermittlung ist Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a) der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen, indem Sie am Ende jedes Domain-Recht Newsletters auf den entsprechenden Link unter "Newsletter abbestellen? Bitte einfach hier klicken:" klicken.

Top