UDRP

Riesen Finanzdienstleister scheitert im Streit um vanguard-wealth.com

Das biblische Buch der Auseinandersetzungen zwischen David und Goliath ist um ein Kapitel reicher: vor dem National Arbitration Forum (Forum) setzt sich der Domain-Inhaber als David gegen den Goliath, den US-Finanzdienstleister Vanguard Group Inc., durch. Dabei musste sich der David nicht mal zur Sache äußern.

Bei der US-amerikanischen Vanguard Group handelt es sich um einen 1975 gegründeten Finanzdienstleister. Mit mehr als 30 Mio. Anlegern weltweit und rund US$ 8,5 Bio. an »Assets under management« ist das Unternehmen derzeit der größte Anleihefonds-Anbieter und nach BlackRock der zweitgrößte Vermögensverwalter der Welt. Es ist zudem Inhaber mehrerer, in den USA eingetragener »VANGUARD«-Marken mit einer Priorität zurück bis ins Jahr 1993, und störte sich daher an der am 21. Februar 2020 registrierten Domain vanguard-wealth.com, als deren Inhaber ein Pieter van Staden / Jobz4Afrika (Pty) Ltd. aus Südafrika genannt wird. Vanguard machte vor dem Schiedsgericht des Forum die klassischen UDRP-Merkmale geltend, also dass der streitige Domain-Name identisch oder zum Verwechseln ähnlich mit der geschützten Marke sei, der Inhaber kein Recht oder berechtigtes Interesse an der Domain habe und dass sowohl die Registrierung als auch die Nutzung der Domain bösgläubig erfolge. Gestützt wurde dies auf die Behauptung, dass der Beschwerdegegner unter der Domain für Konkurrenzprodukte zu Vanguard werbe und die Verwendung des Begriffs »Vanguard Wealth« auf der Website zur Gewinnung von Kunden kein legitimes Interesse darstelle. Der Beschwerdegegner selbst zog es vor, zu schweigen. Zum Panelisten wurde der belgische Rechtsanwalt Bart Van Besien bestellt.

Doch auch wenn sich der Sachverhalt anhört, als könne man ihn zu Gunsten des Markeninhabers durchentscheiden, blieb Vanguard ohne Erfolg. Beim ersten Prüfungsschritt vermochte sich Van Besien noch der Bewertung anzuschließen, dass Marke und Domain zum Verwechseln ähnlich sind; daran ändere der rein generische Zusatz »-wealth« (deutsch: Vermögen) nichts, sondern stütze diese Behauptung im Hinblick auf die Tätigkeit der Vanguard Group eher. Aber schon bei der Frage eines Rechts oder berechtigten Interesses scherte der Panelist aus. Vanguard habe es versäumt, einen Anscheinsbeweis dafür zu erbringen; er vermisse substantiierten Vortrag. Zum Verhängnis wurde Vanguard, dass die Worte »vanguard« und »wealth« gebräuchliche englische Wörterbuchbegriffe seien, ersteres als Kurzform für »advance guard«. Daher liege die Latte für eine rechtswidrige Nutzung höher. Zudem lasse Vanguard jeden Vortrag vermissen, auch in Südafrika tätig zu sein oder dort Markenschutz zu genießen. Aus den vorgelegten Unterlagen würden zwar weltweite Tätigkeiten hervorgehen – aber nicht in Afrika. Auch für die Behauptung, dass die »VANGUARD«-Marken berühmt seien, fehle es an jedem Beleg.

It might well be that these trademarks have a certain fame or status, but it is up to the Complainant to provide evidence thereof,

watschte Van Besien gleich noch die Vanguard Group, die sich selbst vertrat, ab.

Damit war die Beschwerde bereits abweisungsreif, dennoch ging der Panelist auch auf das dritte Merkmal ein. Und auch da verneinte er eine bösgläubige Registrierung und Nutzung der streitigen Domain mangels entsprechenden Nachweises; bloße Behauptungen genügten nicht, selbst wenn sie nicht bestritten wurden. Der Streit um vanguard-wealth.com ist damit ein Musterbeispiel dafür, warum auch in scheinbar klaren Fällen anwaltlicher Rat hinzugezogen werden sollte. Die Vanguard Group wird es ohnehin verschmerzen: bei über 50 UDRP-Verfahren setzte es erst zwei Niederlagen. Und ein erneutes Verfahren um vanguard-wealth.com ist nach den Regeln der UDRP weiterhin möglich – dann aber besser vorbereitet.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

Kommentar schreiben

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, oder weitergegeben.
Bitte füllen Sie die gekennzeichneten Felder aus.*

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Der Domain-Newsletter von domain-recht.de ist der deutschsprachige Newsletter rund um das Thema "Internet-Domains". Unser Redeaktionsteam informiert Sie regelmäßig donnerstags über Neuigkeiten aus den Bereichen Domain-Registrierung, Domain-Handel, Domain-Recht, Domain-Events und Internetpolitik.

Mit Bestellung des Domain-Recht Newsletter willigen Sie darin ein, dass wir Ihre Daten (Name und E-Mail-Adresse) zum Zweck des Newsletterversandes in unseren Account bei der Episerver GmbH, Wallstraße 16, 10179 Berlin übertragen. Rechtsgrundlage dieser Übermittlung ist Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a) der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen, indem Sie am Ende jedes Domain-Recht Newsletters auf den entsprechenden Link unter "Newsletter abbestellen? Bitte einfach hier klicken:" klicken.

Top