Elliot Silver stellt in einem aktuellen Blogartikel auf domain investing.com fest, dass die Anzahl der UDRP-Verfahren bei der WIPO steigen. Wir nehmen das zum Anlass, nach langer Pause mal wieder auf der Statistikseite der WIPO zu blättern.
ICANN führte das UDRP-Verfahren Ende 1999 ein. In diesem Jahr verbuchte WIPO lediglich einen UDRP-Streit. Doch schon im Folgejahr und in den Jahren danach zeigte sich, wie erfolgreich das Verfahren und wie gering die Zahl der Auseinandersetzungen im Vergleich zur Zahl tatsächlich registrierter Domains war:
Jahr | Domains | Fälle |
1999 | 1 | 1 |
2000 | 3.760 | 1.857 |
2001 | 2.465 | 1.557 |
2002 | 2.042 | 1.207 |
2003 | 1.774 | 1.100 |
2004 | 2.599 | 1.176 |
2005 | 3.312 | 1.456 |
2006 | 2.806 | 1.824 |
2007 | 3.423 | 2.007 |
2008 | 3.958 | 2.329 |
2009 | 4.685 | 2.107 |
Die ersten Jahre zeigen nach einer Absenkung einen leichten Anstieg der UDRP-Verfahren. Bei der Anzahl der in Streit befindlichen Domains sieht es ähnlich aus.
Elliot Silver sieht nun für 2016 einen deutlichen Anstieg gegenüber 2015, obwohl das aktuelle Jahr noch nicht ganz um ist. Die Statistik von WIPO zeigt, dass in 2016 bisher 2.733 Domain-Dispute anhängig sind. 2015 waren es bis Dezember 2.520, und im gesamten Jahr 2.754 Fälle. Ein gewisser Anstieg ist also zu verzeichnen. Aber über die vergangenen sieben Jahre sieht das keinesfalls gravierend aus, denn auch in 2011 und besonders 2012 lagen die Zahlen höher als in 2015:
Jahr | Domains | Fälle |
2010 | 4.367 | 2.696 |
2011 | 4.780 | 2.764 |
2012 | 5.080 | 2.884 |
2013 | 6.191 | 2.585 |
2014 | 5.603 | 2.634 |
2015 | 4.364 | 2.754 |
2016 | . | 2.771 (ohne Dezember) |
2016 | 5.374 | 3.036 |
Anhand dieser Daten lässt sich festhalten, dass über die Jahre immer einmal ein paar Domain-Streitigkeiten hinzukommen. Was dabei bisher nicht ins Kalkül gezogen wird, ist der Umstand, dass einerseits in den vergangenen vier Jahren mit Einführung der neuen Domain-Endungen die Anzahl der Endungen, die unter die UDRP fallen, exponentiell angestiegen ist. Auch die Anzahl der Länderendungen, die sich freiwillig der UDRP unterwerfen, nahm ihm Laufe der vergangenen 16 Jahren kontinuierlich zu. Im Mai 2000 war lediglich die Endung .nu (Niue) für die Streitschlichtung bei der WIPO eingetragen. Am Ende des Jahres waren es dann bereits 15 Länderendungen, darunter .tv (Tuvalu) und .ws (Western Samoa). 2006 waren 46 Länderendungen bei WIPO gelistet, und mittlerweile sind es 72. Davon ganz abgesehen stehen diese Zahlen in keinem Vergleich zu den in diesem Zeitraum registrierten Domains. Waren im Jahr 2000 noch keine 20 Mio. Domain-Namen registriert, liegen die letzten Werte bei über 312 Mio. registrierter Domains, davon allein über 127 Mio. .com-Domains.
Der Anstieg der UDRP-Streitigkeiten bei der WIPO ist kein Indikator für die Verwahrlosung des Internets aufgrund von vermehrtem Cybersquatting. Angesichts der aktuellen Gegebenheit ist es erstaunlich zu sehen, wie wenig UDRP-Verfahren geführt werden (oder werden müssen). Das alles bezieht sich lediglich auf die Zahlen, die WIPO liefert. Die Zahlen anderer Streitbeilegungsstellen sind nicht berücksichtigt. Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass auch beim National Arbitration Forum (NAF) keine rapiden Anstiege zu verzeichnen waren, auch wenn das NAF mittlerweile die auf nTLDs zugeschnittenen URS-Verfahren bearbeitet. Die Werte beim NAF lagen in der Vergangenheit stets etwas niedriger als bei der WIPO; so konnte NAF 2014 insgesamt 1.836 Dispute, davon 1.557 UDRP-Verfahren und 218 URS-Verfahren, schlichten. Andere Streitschlichtungsstellen weisen dagegen marginale Zahlen auf.
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UpDate 21.03.2017: Domain-Zahlen in der 2. Tabelle nachgetragen und 2016 ergänzt.