In einem aktuellen UDRP-Verfahren um die Domain cronosgroup.com scheiterte die Beschwerdeführerin, die Inhaberin einer älteren Marke ist, am Nachweis, dass der Gegner mit der Domain auf sie zielte. Es reichte sogar für ein Reverse Domain Name Hijacking (RDNH), da die Beschwerdeführerin keine Beweise für die Bösgläubigkeit des Gegners vorlegte.
Die Beschwerdeführerin ist ein in Kanada ansässiges, global tätiges Cannabinoid-Unternehmen, das am Nasdaq Global Market und an der Toronto Stock Exchange öffentlich gehandelt wird. Seit Oktober 2016 verwendet sie den Namen »Cronos Group« und verfügt über entsprechende Markenregistrierungen für »Cronos« und »Cronos Group« in mehreren Ländern für verschiedene Dienstleistungen im Bereich Cannabis, wobei das früheste Anmeldedatum im Jahr 2017 liegt. Der Gegner ist Domain-Investor, der die Domain cronosgroup.com im März 2023 in einer Auktion bei SnapNames für US$ 2.849,– ersteigert hat. Nachdem der Ankauf der Domain wegen eines zu hohen Preises gescheitert war, leitete die Beschwerdeführerin ein UDRP-Verfahren vor dem kanadischen CIIDRC ein. Dort trägt sie unter anderem vor, der Gegner habe die Domain cronosgroup.com registriert Jahre, nachdem sie selbst begonnen hatte, den Begriff zu verwenden und die Cronos-Gruppe-Marken eingetragen hatte. In der Vergangenheit habe der Gegner immer wieder markenrechtsverletzende Domains registriert und sei Gegner in UDRP-Verfahren gewesen. Er habe die Domain erworben, um sie für einen überhöhten Betrag zu verkaufen; auf der GoDaddy-Website sei die Domain zum Preis von US$ 48.500,– zum Verkauf angeboten worden, und in der Antwort des Gegners auf das Angebotsschreiben der Beschwerdeführerin habe er US$ 18.500,– für die Domain gefordert.
Der Gegner hält entgegen, er kaufe hochwertige einprägsame Domains, um sie zum Verkauf oder zur Vermietung anzubieten. Auf die Beschwerdeführerin habe er in keiner Weise abgezielt. Er sei Inhaber weiterer ähnlicher »Zwei-Wort«-Domains wie hydrogroup.com, geminigroup.com und visionarygroup.com. Weiter wies er darauf hin, dass die »WIPO Global Brand Database of Trademarks« eine Liste von 180 Marken für den Begriff »Cronos« enthält und dass mehrere Unternehmen ihre Waren oder Dienstleistungen unter dem Zeichen »Cronos Group« vermarkten, aber keine Markenregistrierungen haben. Er beantragte, RDNH festzustellen, da die Beschwerde in böser Absicht als Plan B der Beschwerdeführerin eingeleitet wurde. Das Dreier-Panel bestand aus Gerald M. Levine als Vorsitzendem sowie dem Domain-Anwalt Douglas M. Isenberg und dem britisch-australischen Juristen und Mediator Alan L. Limbury als Beisitzer.
Das Dreier-Panel wies die Beschwerde ab und stellte ein RDNH fest (CIIDRC case number: 23351-UDRP). Das Bestehen der Marke »Cronos Group« bestätigten die Entscheider kurz, ließen die Frage nach einem Recht oder einer Berechtigung des Gegners zur Nutzung der Domain aber aus, weil deren Beantwortung in diesem Fall unnötig sei, und stürzten sich stattdessen auf die Frage der Bösgläubigkeit: Die Panelisten waren sich einig, dass beim Nachweis der Bösgläubigkeit sich die Beschwerdeführerin abwertend auf die Tätigkeit des Gegners als Domain-Investor konzentriere. Es liege allerdings in der Natur von Domain-Investitionen, niedrig zu kaufen und hoch zu verkaufen, und solange es keine Handlungen oder Verhaltensweisen gibt, die über das Streben nach »Gewinnmaximierung« hinausgehen, sei dies kein Beleg für Bösgläubigkeit. Die zur Untermauerung ihres Arguments als Beleg angeführten Fälle seien nicht valide, da bei ihnen immer noch etwas anderes hinzugekommen ist, was das Vorliegen der Bösgläubigkeit stützt. Die Beschwerdeführerin habe zudem nicht begründen können, warum sie ein besseres Recht auf den Domain-Namen hat als die anderen Unternehmen, die das Zeichen »Cronos« im Handel verwenden. Das Panel meinte, wenn überhaupt eine Schlussfolgerung gezogen werden kann, dann die, dass der Erwerb einer solchen Domain, die eine nicht-exklusive Phrase enthält, einen potenziellen Markt für kommerzielle Nutzer hat, die Waren oder Dienstleistungen in Bereichen anbieten, die nichts mit dem Geschäft mit Cannabinoiden zu tun haben. Die Beschwerdeführerin habe demnach nicht nachgewiesen, dass der Gegner den Namen bösgläubig benutzt, weshalb es die Beschwerde abwies.
Weiter prüfte das Panel ein RDNH, dessen Vorliegen es bestätigte. Das Vorliegen von RDNH hänge in diesem Fall davon ab, wie üblich der Begriff »Cronos Group« ist und inwieweit dieses Handelszeichen andere Anbieter rechtmäßig nutzen. Solange die Beschwerdeführerin nicht nachweist, dass der Gegner von ihr oder ihrer Marke wusste und die Domain für unlautere Zwecke registriert hat, könne man nicht auf Bösgläubigkeit des Gegners schließen. Die Panelisten vermuteten, dass die Beschwerdeführerin hier intern von einer Person vertreten wurde, die wahrscheinlich nicht mit der Rechtsprechung der UDRP vertraut ist. Doch dies entschuldige nicht die Einleitung eines UDRP-Verfahrens. Die Beschwerdeführerin habe das Verfahren gestartet, ohne in irgendeiner Form nachzuweisen oder nachweisen zu können, dass der Gegner sie kannte oder hätte kennen müssen. Das sei ein typischer Fall von Plan B, der Versuch, dem Gegner sein Rechts zu entziehen, seine Vermögenswerte zu seinen eigenen Bedingungen zu halten und zu verkaufen. Das Panel stellte damit RDNH fest.
Domain-Anwalt Zak Muscovitch kommentiert die Entscheidung und stellt wieder einmal einen Fall fest, bei dem eine ältere Marke nicht ausreicht, um eine Domain zu erlangen. Denn die Marke war nicht ausreichend bekannt und die Domain wurde nicht rechtsmissbräuchlich gezielt bezogen auf die Beschwerdeführerin registriert und genutzt.
Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.