Dass ein großer Name nicht alle Wege ebnet, erfuhr die Instagram LLC beim UDRP-Verfahren gegen den Inhaber der niederländischen Domain instagram.nl. Nach einer zehnmonatigen Mediation gemäß den Dispute-Normen der .nl-Verwalterin SIDN, kam es zum leerlaufenden Showdown vor einem WIPO-Entscheider, dem die Sache zu wenig Substanz hatte.
Die Beschwerdeführerin ist weltweit bekannt als Soziales Online-Netzwerk zum Teilen von Fotos und Videos. Sie ist Inhaberin mehrerer Marken »INSTAGRAM«, darunter die im Dezember 2015 registrierte EU-Wortmarke und die im März 2012 registrierte internationale Wortmarke. Sie sieht ihre Rechte durch die im Dezember 2010 registrierte Domain instagram.nl verletzt und startete ein UDRP-Verfahren gegen deren Inhaber. Nach einem zehn Monate dauernden Mediationsverfahren trägt sie nun unter anderem vor, erst kürzlich mitbekommen zu haben, dass der Gegner die Domain registriert hat. Die Domain werde passiv gehalten, sie wurde noch nie benutzt. Der Gegner habe die Domain bösgläubig registriert, nachdem zwischen September und Dezember 2010 in den Medien viel über die Beschwerdeführerin berichtet wurde. Es könne kein Zufall sein, dass der Gegner die Domain Ende Dezember 2010 registriert habe. Vorsorglich wehrte sich die Beschwerdeführerin gegen den Vorwurf, ihren Anspruch wegen verspäteten Vorbringens verwirkt zu haben (laches). Es habe sich in der UDRP-Rechtsprechung gezeigt, dass auch spät erhobene Verfahren erfolgreich sein können. Der Gegner hält entgegen, er habe die Domain registriert, lange bevor die Beschwerdeführerin ihre Marken eingetragen hat. Sie war zudem 2010 kaum in den USA bekannt, geschweige denn in den Niederlanden. Damals hieß die Unternehmung noch Burbn Inc. Er habe jedenfalls nichts von Instagram gewußt, als er die Domain registriert habe. Den Namen instagram.nl habe er gewählt für sein Projekt, in den Niederlanden die Lieferung von Cannabis von »Coffeeshops« zu Endkunden zu organisieren. Bestellungen über eine Website unter der Domain und Lieferung an den Besteller solle »almost instantaneously« (fast augenblicklich) erfolgen, wobei er hinsichtlich »Gram« an die Gewichtseinheit dachte, die für das Cannabis genutzt werde. So sei er auf den Namen »Insta Gram« gekommen. Er habe bereits EUR 30.000,– in das Projekt investiert und Gespräche mit verschiedenen Leuten geführt, darunter auch Kapitalgeber und Verwaltungsmitarbeiter der Stadt Amsterdam. Die ganze Sache habe sich wegen regulatorischer Probleme verzögert. Zehn Monate nach Start des Verfahrens und einer ungewöhnlich langen, für Disputes über .nl-Domains vorgesehenen Mediation zwischen den Parteien, wurde der niederländische Rechtsanwalt Remco M.R. van Leeuwen zum Entscheider berufen.
Van Leeuwen wies die Beschwerde von Instagram letztlich ab, da er das UDRP-Verfahren für nicht ausreichend erachtete, die Sache angemessen zu entscheiden (WIPO Case No. DNL2020-0034). Die Identität von Domain und Marke stellte er kurz fest. Hinsichtlich des Rechts oder berechtigten Interesses auf Seiten des Gegners sei richtig, was die Beschwerdeführerin vortrage: passives Halten einer Domain allein sei noch keine »rechtmäßige nichtkommerzielle oder faire Nutzung«. Allerdings hält er an der Stelle auch entgegen, dass zum Zeitpunkt der Domain-Registrierung im Dezember 2010 die Beschwerdeführerin noch nicht Inhaberin der Domain instagram.com war. Die Dokumente, die der Gegner vorgelegt habe, belegten seine Vorbereitungen für die Nutzung der Domain zu einem gutgläubigen Angebot von Waren oder Dienstleistungen. Aber viel gäben die Dokumente nicht her, weder Belege für die von ihm behaupteten Investitionen, noch für von ihm eingeleitete Schritte zur Verwirklichung seines Projekts, etwa Korrespondenz mit Lieferanten oder Vorschläge für Webinhalte – und das innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren. Van Leeuwen ließ aber die Frage eines Rechts oder berechtigten Interesses letztlich offen und erklärte, nachdem das SIDN-Mediationsverfahren mit rund zehn Monaten schon ungewöhnlich lange gedauert habe, es gäbe hier Sachfragen, die besser vor einem Gericht geklärt würden. Gleichwohl ging er noch auf die Bösgläubigkeit kurz ein, sah keine ausreichenden Nachweise dafür zu entscheiden, ob der Gegner mit der Domain instagram.nl auf unberechtigte Weise versuchte, wirtschaftliche Vorteile aus der Beschwerdeführerin zu ziehen. Van Leeuwen hatte sich den Gegner genauer angeschaut und durfte feststellen, dass er nicht Inhaber zahlreicher markenrechteverletzender Domains ist oder in andere Arten von Aktivitäten verwickelt ist, die sich als Cybersquatting bezeichnen lassen. Abschließend unterstreicht er nochmals, dass er finde, die Angelegenheit gehöre vor ein Zivilgericht. Damit wies er die Beschwerde von Instagram zurück.
Die Entscheidung von van Leeuwen ist getragen von einer großen Lustlosigkeit, sich überhaupt mit der Sache zu beschäftigen. Er ist eigentlich Entscheider, weicht aber jeder klaren Entscheidung aus, nur um dann – richtigerweise – wegen fehlender überzeugender Nachweise von Seiten der Beschwerdeführerin deren Antrag auf Transfer der Domain zurückzuweisen.
Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.