UDRP

In zwei gleichen Domain-Beschwerdeverfahren kam es zu zwei unterschiedlichen Entscheidungen

Die US-amerikanische Anwaltskanzlei Sullivan & Cromwell LLP sah ihre 2010 eingetragene US-Marke »SULLCROM« durch zwei beinahe identische Domains verletzt und startete deshalb zwei UDRP-Verfahren. In beiden Verfahren trug die sich selbst vertretende Kanzlei vermutlich das Gleiche vor. Der Gegner, Mario Messina aus dem Vereinigten Königreich, meldete sich jeweils nicht. Die beiden Panels kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen.

sullcrom-ny.com
Den Streit um die Domain sullcrom-ny.com konnte die Beschwerdeführerin für sich verbuchen (Forum Claim Number: FA2503002144068). Die britische Juristin und Mediatorin Dawn Osborne hatte die Sache zu entscheiden. Mangels Vortrags des Gegners orientierte sie sich alleine am Vorbringen der Beschwerdeführerin. Die habe 2010 die Marke »SULLCROM« für Rechtsdienstleistungen registriert. Die 2025 registrierte Domain sullcrom-ny.com sei zum Verwechseln mit der Marke ähnlich, wobei die Abkürzung »ny« für New York und ein Bindestrich hinzugefügt worden seien. Der Gegner sei unter dem Domain-Namen unbekannt und habe keine Rechte oder berechtigtes Interesse an ihr. Er habe von der Beschwerdeführerin auch keine Erlaubnis, ihre Marke zu nutzen. Er halte die Domain passiv, und registrierte und nutze die Domain bösgläubig. Da der Gegner sich in der Sache nicht meldete, sah sich Osborne berechtigt, für ihn nachteilige Schlussfolgerungen zu ziehen, soweit es keine andere Erklärung für die Registrierung der Domain zu geben scheine. Osborne orientierte sich damit ausschließlich am Vortrag der Beschwerdeführerin, bestätigte diesen in jedem Punkt und sah so die Voraussetzung des UDRP-Verfahrens als erfüllt an. Damit entschied sie am 08. April 2025 auf Übertragung der Domain.

sullcrom-uk.com
Anders sah die Sache im Streit um sullcrom-uk.com aus. Hier war Charles A. Kuechenmeister als Entscheider berufen, der die Beschwerde von Sullivan & Cromwell am 09. April 2025 abwies (Forum Claim Number: FA2503002144071). Hier bestand ebenso Ähnlichkeit zwischen Marke und Domain, wobei diesmal die Abkürzung »uk« für »United Kingdom« und der Bindestrich der Marke angefügt waren. Dann ging Kuechenmeister aber in der Prüfung des Rechts oder berechtigten Interesses des Gegners vertieft auf die Anforderungen der Beschwerdeführerin hinsichtlich des Anscheinsbeweises ein. Die Beschwerdeführerin trage vor, es gäbe keine Beweise dafür, dass der Gegner die Domain in Verbindung mit einem gutgläubigen Angebot von Waren oder Dienstleistungen oder für eine legitime nichtkommerzielle oder faire Nutzung verwende oder Vorbereitungen dazu getroffen habe; der Gegner sei nicht allgemein unter dem Domain-Namen bekannt, und die Beschwerdeführerin habe ihm keine Lizenz oder Genehmigung zur Nutzung ihrer Marke erteilt. Kuechenmeister bestätigte, es sei aus den Angaben des Registrars zu entnehmen, dass Mario Messina Domain-Inhaber ist. Der Name entspreche nicht der Domain. Irgendein Beleg dafür, dass der Gegner vielleicht so oder eine von ihm angebotene Dienstleistung oder ein Produkt unter dem Domain-Namen bekannt sei, gäbe es nicht. Bei der Frage der Nutzungserlaubnis sei die Beschwerdeführerin kompetent und ihrer Behauptung, dass sie dem Gegner keine erteilt habe, stehe nichts entgegen. Diese beiden Faktoren sprächen für das Vorliegen des Anscheinsbeweises zu Gunsten der Beschwerdeführerin. Allerdings habe die Beschwerdeführerin ihre Behauptung, es gäbe keine Beweise, dass der Gegner die Domain in Verbindung mit einem gutgläubigen Angebot von Waren oder Dienstleistungen oder für eine legitime nichtkommerzielle oder faire Nutzung verwendet oder Vorbereitungen dazu getroffen habe, nicht untermauert. Sie liefere keine Beweise oder auch nur eine unbelegte Beschreibung der Nutzung der Domain durch den Gegner. Ohne Beweise dafür, was der Gegner mit der Domain macht, sei es nicht möglich, das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer gutgläubigen oder rechtmäßigen Nutzung festzustellen. Die Beschwerdeführerin habe es völlig versäumt, einen Anscheinsbeweis in Bezug auf die in der UDRP beschriebenen Umstände zu erbringen. Damit sei sie ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen, was für ihre Klage fatal sei. Kuechenmeister ersparte sich die Prüfung der Bösgläubigkeit auf Seiten des Gegners und wies die Beschwerde ab.

So zeigt sich, wie zwei unterschiedliche Prüfer unter gleichen Bedingungen zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Inwieweit der jeweilige Vortrag der Beschwerdeführerin identisch war, ist nicht ganz klar. Aber in beiden Fällen ließ sich die Beschwerdeführerin von ihrem hauseigenen Rechtsanwalt Stephen J. Elliott von der New Yorker Dependance vertreten, so dass es nahe liegt. Der Vortrag der Beschwerdeführerin wird in beiden Verfahren aber unterschiedlich dargestellt. Ob dass die Freiheit des jeweiligen Panels war, bleibt ungewiss. Dass Kuechenmeister den Streit um sullcrom-uk.com am Anscheinsbeweis scheitern ließ, weil die Behauptung der Beschwerdeführerin, der Beklagte habe keine Vorbereitungen getroffen oder die Domain nicht für ein gutgläubiges Angebot von Waren oder Dienstleistungen verwendet, nicht ausreicht, um die Nichtberechtigung des Gegners an der Domain festzustellen, ist nicht unproblematisch. Immer wieder verweisen Panels darauf, dass es für die die Beschwerde führende Partei schwierig ist, etwas zu beweisen, von dem sie nichts wirklich wissen können. Hier wird dieses Unvermögen nun der Beschwerdeführerin zum Nachteil ausgelegt. Und dass, während parallel das für Osborne im Streit um sullcrom-ny.com kein Problem darstellt, da sie – dem Vortrag der Beschwerdeführerin entsprechend – darauf verweist, dass der Gegner die Domain passiv hält.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.

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