UDRP

Im Streit um loutaylorinvestigation.com gewinnt die Meinungsfreiheit

Die namhafte US-amerikanische Managerin Lou Taylor sah ihre Markenrechte durch die Domain loutaylorinvestigation.com und deren kritische Inhalte verletzt. Deshalb startete sie ein UDRP-Verfahren vor der WIPO. Der Gegner hielt die Füße still, der Entscheider fand aber trotzdem gute Gründe zu Gunsten des Domain-Inhabers.

Die Beschwerdeführerin Lou Taylor ist eine unabhängige Managerin in der Sport- und Unterhaltungsindustrie, die ihre Marke durch die Domain loutaylorinvestigation.com verletzt sieht. Gegner ist Noelle Van Der Valk mit Sitz in Belgien, der die Domain loutaylorinvestigation.com im August 2021 registrierte und darunter eine Website schaltete, die über Lou Taylor informiert und deren Handeln kritisiert. Er nahm die Website nach Aufforderung durch die Beschwerdeführerin herunter. Die trägt vor, mit ihrem Marken-Namen sei sie seit 1992 für ihre Dienstleistungen in der Sport- und Entertainmentszene bekannt; seit September 2020 ist »Lou Taylor« als Marke eingetragen. Die Domain loutaylorinvestigation.com sei mit ihrer Marke zum Verwechseln ähnlich, der Zusatz „investigation“ und die Domain-Endung änderten daran nichts. Die Inhalte unter der Domain bildeten keine legitime Kritikseite; sie bestehe aus verleumderischen Formulierungen im Zusammenhang mit ihr und ihrer Marke. Es gehe dabei alleine darum, ihre Person zu diffamieren. Der Gegner des UDRP-Verfahrens meldete sich nicht zur Sache. Als Entscheider wurde der niederländische Rechtsanwalt Willem J. H. Leppink berufen.

Leppink wies die Beschwerde ab, da die Beschwerdeführerin nicht habe nachweisen können, dass die Domain nicht zu einem legitimen Zweck genutzt wird (WIPO-Case No. D2021-2824). Ehe Leppink in die Sache richtig einsteigen konnte, entschied er auf Englisch als Verfahrenssprache. Der Registrierungsvertrag der Domain ist auf Niederländisch geschlossen, weshalb Niederländisch eigentlich Verfahrenssprache sein müsste. Die Beschwerdeführerin hatte allerdings Englisch als Verfahrenssprache beantragt. Auf die Bitte um Stellungnahme reagierte der Gegner nicht. Da die vorprozessuale Korrespondenz erfolgreich auf Englisch geführt worden war, was den Gegner zur Entfernung der Inhalte auf der Website bewegt hatte, und da die Inhalte auf Englisch verfasst waren, schien für Leppink, auch um Kosten der Übersetzung und weitere Verzögerungen einzusparen, Englisch als Verfahrenssprache gut begründet.

In der Sache dann sah Leppink die Verwechslungsgefahr zwischen Domain und Marke als gegeben an, da die Marke vollständig im Domain-Namen enthalten ist und der weitere Begriff »investigation« nichts daran ändere. Bei der Frage nach dem fehlenden Recht oder berechtigten Interesse an der Nutzung der Domain zum gutgläubigen Angebot von Waren und Dienstleistungen, ging Leppink ins Detail. Auf Grundlage der vorliegenden Belege scheine zunächst die Domain nicht für ein Angebot von Waren oder Dienstleistungen verwendet zu werden: es sei nicht erkennbar, dass der Gegner als »Lou Taylor« bekannt oder er mit der Beschwerdeführerin in irgendeiner Form verbunden ist. Auch sei ihm nicht erlaubt worden, die Marke zu nutzen. Allerdings gestatte die UDRP die Nutzung einer Domain im Rahmen der Meinungsfreiheit, soweit sie wirklich nicht kommerziell genutzt wird und nicht in Vorbereitung von Cybersquatting, kommerzieller Nutzung oder von Rufschädigung (»tarnishment«) registriert wurde. Dies sei die Kernfrage des Verfahrens, stellte Leppink fest und diskutiert in diesem Zusammenhang den nicht glücklich gewählten Begriff »investigation« (Untersuchung): Obwohl der Begriff »investigation« nicht eindeutig abwertend sei, deute er zumindest auf eine Form der Anschuldigung hin, die aber unter den oben beschriebenen Voraussetzungen noch gerechtfertigt sein könne, fuhr Leppink fort. Auf den ersten Anschein zeige die Website Kritik des Gegners an der Beschwerdeführerin ohne offensichtliche kommerzielle Absichten. Die Seite vermittle auch keinen offensichtlich fehlleitenden Eindruck, sie sei ein offizielles Angebot der Beschwerdeführerin. Der Gegner hätte auf seiner Website deutlicher darauf hinweisen können, dass es sich dabei um eine kritische Auseinandersetzung mit der Beschwerdeführerin handele. Aber die Seite empfange Besucher mit den Worten »welcome to the investigation of Lou Taylor«, was Internetnutzer ausreichend darüber informiere, dass es sich um eine Kritikseite handelt. Die Seite enthalte zudem eine Erklärung, wonach es sich um eine Informationsseite handelt. Leppink schloß daraus, dass die Website auf den ersten Blick nicht kommerziell und grundsätzlich fair sei, und nichts den Eindruck erwecke, ein Vorspiel für Cybersquatting, kommerzielle Aktivitäten oder Rufschädigung zu sein. Damit hatte die Beschwerdeführerin das zweite Element des UDRP-Verfahrens nicht erfüllt. Leppink ließ die Prüfung der Bösgläubigkeit links liegen und wies die Beschwerde zurück.

Die genauen Inhalte unter der Domain sind derzeit nicht abrufbar. Unter archive.org findet man leider auch keinen Schnappschuss der Website, der die umstrittenen Inhalte zeigt. So kann man sich kein Bild von den Formulierungen machen, die Leppink zu seiner Entscheidung bewegten. Aber vielleicht schaltet Noelle Van Der Valk nach dem für ihn günstigen Entscheidung die Seite wieder frei.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.

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