In einem aktuellen Domain-Streit hatte die schwedische Beschwerdeführerin Erfolg, obwohl ihre Markenrechte erst nach der Registrierung der Domain gigapay.com durch den Gegner entstanden waren.
Die Beschwerdeführerin ist die am 03. Dezember 2018 gegründete schwedische Unternehmung Gigapay Sweden AB, die Zahlungsdienstleitungen in 80 Ländern anbietet. Im November 2018 registrierte sie die schwedische Domain gigapay.se sowie im August 2019 gigapay.co. Die Konzernmutter der Beschwerdeführerin beantragte im August 2019 »GIGAPAY« als EU-Marke und als Marke in Großbritannien. Die Beschwerdeführerin sieht ihre Markenrechte durch die Domain gigapay.com verletzt, weshalb sie im Mai 2024 ein UDRP-Verfahren vor der WIPO anstrengte. Unter anderem trägt sie vor, mit dem ehemaligen Inhaber der Domain gigapay.com im Dezember 2018 und Anfang Januar 2019 über den Kauf verhandelt zu haben. Der schien bereit, die Domain für unter US$ 10.000,– verkaufen zu wollen. Ende Oktober 2019 erfuhr sie von einem Broker, dass die Domain an den Gegner (JUNGYUHKOOK) verkauft worden sei. Die Beschwerdeführerin machte 2023 und 2024 Kaufangebote an JUNGYUHKOOK. Der verlangte US$ 180.000,– für die Domain. Die Domain nutze er nicht, trug die Beschwerdeführerin weiter vor, und er sei auch unter dem Namen »Gigapay« nicht bekannt. JUNGYUHKOOK sei bereits in zahlreiche UDRP-Verfahren verwickelt gewesen, in denen er wegen eines Musters bösgläubigen Verhaltens regelmäßig unterlag. Der Gegner Gigapay, der mit JUNGYUHKOOK identisch ist, trug unter anderem vor, die Beschwerdeführerin habe die Bösgläubigkeit nicht belegt, da er die Domain gigapay.com bereits am 16. Januar 2019 registrierte, deutlich vor Beantragung der Marken der Beschwerdeführerin. Als Entscheiderin wurde die in Südkorea niedergelassen US-amerikanische Rechtsanwältin Kathryn Lee berufen.
Lee bestätigte die Beschwerde, da mehr dafür sprach, der Gegner habe die Domain bösgläubig registriert und genutzt (WIPO Case No. D2024-2028). Als Verfahrenssprache legte Lee Englisch fest, da unter anderem andere Verfahren gegen JUNGYUHKOOK bereits auf Englisch geführt wurden. Dass Domain und Marke identisch sind, war klar. Die Frage eines Rechts oder berechtigten Interesses des Gegners prüfte Lee nicht explizit, sondern verwies auf die Ausführungen zur Bösgläubigkeit des Gegners, die zeigten, dass keine Rechte zu Gunsten des Gegners bestehen. Normalerweise würde keine Bösgläubigkeit vorliegen, wenn die Domain registriert wurde, bevor der Beschwerdeführer seine Markenrechte erlangt hat. Es gäbe aber Ausnahmen. Hier habe der Gegner die Domain registriert, nachdem die Beschwerdeführerin im November 2018 Social-Media-Konten auf Twitter, Instagram und Snapchat unter dem Namen »Gigapay« registrierte sowie nutzte und im selben Monat eine Marketingkampagne auf Instagram startete. Es sei wahrscheinlich, dass der Gegner, der nach eigenen Angaben als Unternehmen mit Domains handelt, dieses neu gegründete Unternehmen entdeckte und die Domain gigapay.com registrierte, um aus der Verbindung mit der Beschwerdeführerin Nutzen zu ziehen, oder wahrscheinlicher in der Hoffnung, sie an die Beschwerdeführerin zu verkaufen.
Lee führte weiter aus, es sehe so aus, als ob der Gegner die Domain direkt vom früheren Inhaber und nicht aus einem Register nicht registrierter oder verfallener Domains erworben habe. Das deute stark darauf hin, dass er, im Wissen um die Beschwerdeführerin, den Kauf der Domain gezielt tätigte und damit auf sie abzielte. Weiter greife hier die Regel, wonach eine ungenutzte Domain auch keine bösgläubige Nutzung darstellt, nicht. Der Gegner habe keine Anhaltspunkte für eine beabsichtigte gutgläubige Nutzung der Domain vorgetragen, geschweige denn belegt. Unter diesen Umständen stehe das passive Halten der Domain einer Feststellung der Bösgläubigkeit nicht entgegen. Lee bestätigte die Beschwerde und entschied auf Übertragung der Domain gigapay.com auf die Beschwerdeführerin.
Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.