In einer aktuellen Entscheidung des Forum im Streit um die Domain fucklockheedmartin.com stellte sich dem entscheidenden Panel die Frage, wann ein Domain-Name unter den Schutz der nichtkommerziellen freien Meinungsäußerung fällt.
Die Lockheed Martin Corporation sah ihre Markenrechte durch die Domain fucklockheedmartin.com verletzt und startete ein UDRP-Verfahren vor The Forum. Das Unternehmen trug vor, die Domain leite auf eine Seite, auf der der Domain-Inhaber und Gegner zwar politische Ansichten zum Ausdruck bringt, diese aber Teil eines umfassenderen Geschäftsmodells sind, bei dem kommerzielle Dienste angeboten werden, bei denen Mitglieder untereinander Produkte verkaufen und tauschen. Die Marke »Lockheed Martin« tauche lediglich zwei Mal auf, einmal als Domain-Name und alsdann in einer Liste mit einer großen Zahl von Unternehmen. Genuine Ausführungen zur Lockheed Martin Corporation gäbe es nicht. Der Gegner, Leah Powell / Trade to Travel Incorporated mit Sitz auf den British Virgin Islands, meldete sich nicht im Verfahren. Als Entscheider wurde der australische Rechtsanwalt Nicholas J.T. Smith ernannt.
Smith gab der Beschwerde von Lockheed Martin statt, da der Gegner die Domain nicht im Sinne einer nichtkommerziellen freien Meinungsäußerung nutzt (NAF Claim Number: FA2502002140073). Die Domain beinhalte die Marke der Beschwerdeführerin mit dem Zusatz »fuck« und der Endung .com, womit die Domain zum Verwechseln mit der Marke von Lockheed Martin ähnlich ist und die Voraussetzung des ersten Elements der UDRP gegeben ist. Eingehend prüfte Smith die Frage zum Recht und berechtigten Interesses des Gegners, wobei er zunächst feststellte, dass die Beschwerdeführerin den Anscheinsbeweis erbracht hat, wonach der Gegner eben kein Recht an der Domain fucklockheedmartin.com hat. In diesem Falle stellte sich die Frage der Regel 2.6 des WIPO Overview 3.0, in dem es heißt, die Verwendung eines Domain-Namens für eine faire Nutzung, z. B. für eine nichtkommerzielle freie Meinungsäußerung, würde im Prinzip die Behauptung eines berechtigten Interesses des Gegners im Rahmen der UDRP stützen. Wie zahlreiche UDRP-Verfahren gezeigt haben, stelle sich das Argument der Nutzung der Domain zur freien Meinungsäußerung allerdings oft als ein Vorwand für Cybersquatting, kommerzielle Aktivitäten oder Verunglimpfung dar. Ein berechtigtes Interesse an der Verwendung einer Marke im Domain-Namen werde festgestellt, wenn die Website auf Anhieb nichtkommerziell, wirklich fair und nicht irreführend oder unredlich ist. Dabei werden durchaus auch kommerzielle Zwecke akzeptiert, soweit sich diese etwa auf Spendensammlung zum Ausgleich von Registrierungs- oder Hosting-Kosten im Zusammenhang mit der Domain und der Website beschränken. Smith stellte in diesem Falle allerdings fest, dass der Gegner die Domain nicht für wirkliche nichtkommerzielle Kritik an der Beschwerdeführerin nutzt. Wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, beinhaltet die Domain kein Material, welches die Beschwerdeführerin kritisiert. Wie vorgetragen, gäbe es nur zwei Erwähnungen der Beschwerdeführerin: als Domain-Name und in einer Liste mit einer großen Zahl von Unternehmen, die den Gegner »nicht zum Schweigen bringen werden«. Smith erkannte den Vortrag der Beschwerdeführerin an, wonach der Gegner die Domain nutzt, um Internetnutzer auf seine Website zu führen, die eine Mischung aus seinen politischen Meinungen über Dinge enthält, die nichts mit der Beschwerdeführerin zu tun haben, und wo er einen kommerziellen Online-Marktplatz betreibt. Damit bestätigte sich der Anscheinsbeweis der Beschwerdeführerin, dem der Gegner nicht entgegengetreten ist. Smith sah so das zweite Element der UDRP als erfüllt an.
Auch die Frage der Bösgläubigkeit sah Smith als erfüllt, da der Gegner, der die Domain im März 2024 registriert hatte, die Marke der Beschwerdeführerin hatte zumindest kennen müssen, zumal er die Beschwerdeführerin auch in die Liste der Unternehmen, die ihn nicht zum Schweigen bringen werden, mit eingebunden hat. Ganz offensichtlich wollte er die Aufmerksamkeit von Internetnutzern auf sich und seine kommerzielle Website ziehen, die eben keine nichtkommerzielle Kritik an der Beschwerdeführerin übt. Smith sah somit alle Voraussetzungen der UDRP erfüllt. Er gab der Beschwerde von Lockheed Martin statt und entschied auf Übertragung der Domain auf diese.
Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.