UDRP

Im Streit um die Domain nes.cafe ließ sich das Panel nicht austricksen

Dass die Top Level Domain bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr zwar in der Regel, aber nicht immer außer Betracht bleibt, musste der Inhaber der Domain nes.cafe in einem UDRP-Verfahren vor der World Intellectual Property Organization (WIPO) feststellen. Das Schiedsgericht entschied auf Transfer der Domain.

Antragstellerin in dem am 17. Januar 2023 eingeleiteten Verfahren ist die Société des Produits Nestlé S.A., die zum weltgrössten Nahrungsmittelkonzern Nestlé gehört. Sie produziert und vertreibt Kaffee, unter anderem unter der bereits 1938 eingeführten Marke »NESCAFE«. Dazu ist sie Inhaberin mehrerer Marken, darunter einer bereits im Jahr 1959 eingetragenen internationale Marke. Sie stört sich an der Domain nes.cafe, die erstmals am 14. Juli 2015 registriert wurde. Ihr Inhaber, der Usbeke Boris Postolov, nutzte die Domain zuletzt für Domain-Parking. Über eine Webagentur kontaktierte Nestlé den Domain-Inhaber im November 2022 über ein Kontaktformular des Registrars; daraufhin meldete sich der Domain-Inhaber und forderte die Webagentur dazu auf, ein Kaufangebot abzugeben. Die Webagentur kam dieser Aufforderung in Höhe der »estimated out-of-pocket costs« nach, was der Domain-Inhaber jedoch ablehnte. Stattdessen nannte er nun selbst einen Kaufpreis von US$ 150.000,–. Darauf wiederum reagierte Nestlé mit einer Abmahnung, die der Domain-Inhaber aber unbeachtet ließ. Er war der Meinung, dass er lediglich die Second Level Domain „nes“ registriert habe, und die sei offensichtlich mit der Marke „NESCAFE“ nicht identisch oder zum Verwechseln ähnlich. Damit lag es nun am Einzel-Panelist John Swinson, über das Schicksal der Domain nes.cafe zu entscheiden.

Swinson prüfte die drei Tatbestandsvoraussetzungen eines Übertragungsanspruchs nach der UDRP und gab dem Antrag von Nestlé statt (WIPO-Case No. D2023-0212). Gleich die erste Frage nach der Identität oder Verwechslungsgefahr zwischen Domain und Marke warf die Frage auf, ob ausnahmsweise auch die Top Level Domain in die Betrachung aufzunehmen sei. Üblicherweise ist das nicht der Fall, wie auch Swinson feststellt. Doch in der Juristerei gibt es Grundsätze, aber auch Ausnahmen, so meinte das Schiedsgericht:

»In some limited circumstances, however, as part of a holistic review of the facts, it may be appropriate to “span the dot” and consider the TLD.«

Zur Begründung verwies man auf Parallelfälle wie die Verfahren um zionsbank.holdings, mr.green und creditmutuel.group. Vor allem aber der Streit um tes.co lieferte Swinson das Argument:

»The only consideration is whether, in registering the Domain Name with a particular TLD suffix, a respondent has sought to incorporate a complainant’s trademark in its entity by making use of that TLD suffix, such that it becomes a key part of the Domain Name. In the Panel’s view, if the TLD suffix is part of the Complainant’s trademark, whether forming part of one word, or a second and distinct word, it may be taken into account for comparison purposes.«

Maßgeblich ist also, dass die Top Level Domain zu einem Schlüsselteil der Domain wird.

Vergleichsweise unproblematisch waren die beiden weiteren Prüfungsschritte. Ein Recht oder berechtigtes Interesse in Bezug auf die streitige Domain sprach Swinson dem Domain-Inhaber ab, da er weder unter der Marke bekannt sei noch selbst ein Café betreibe. Auch dessen Behauptung, er wolle die Domain für ein Projekt namens „New Epoch Standup“ verwenden, überzeugte Swinson nicht, zumal die Domain seit sieben Jahren praktisch ungenutzt sei. Und auch die bösgläubige Registrierung und Nutzung der Domain war für das Schiedsgericht offensichtlich. Die Marke »NESCAFE« sei sehr bekannt, eine nicht die Marke verletzende Nutzung sei kaum denkbar. Und auch die Forderung nach einem Kaufperis in Höhe von US$ 150.000,– sei für den Domain-Inhaber nicht hilfreich. Mit Urteil vom 08. März 2023 schloss Swinson das UDRP-Verfahren daher ab und entschied auf eine Übertragung der Domain.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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